Antibiotika werden durch Vergärung in Biogasanlagen nicht beseitigt

Biogas
Symbolbild Biogasanlage (Quelle: ContextCrew)

Viele in der Tiermedizin verwendete Antibiotika, die über Urin und Kot in die Gülle gelangen, lassen sich in Biogasanlagen nicht beseitigen. Das ist das Ergebnis eines Projektes der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU), das die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) fachlich und finanziell mit rund 343.800 € gefördert hat. Als Konsequenz fordert DBU-Generalsektretär Alexander Bonde, dass Antibiotika schon bei der Vergabe im Stall verringert werden müssen, um Mensch, Tier und Umwelt zu schützen.

2017 wurden nach Angaben des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit in Deutschland 733 Tonnen Antibiotika an Tierärzte abgegeben, der Großteil davon werde in Nutztierställen eingesetzt. Da nicht alles von den Tieren aufgenommen wird, finden sich Rückstände der Antibiotika und ihrer Stoffwechselprodukte in die Gülle wieder.

Studien beschreiben Rückgang von Arzneimittel-Konzentration durch Vergärung

Ein Großteil davon gelangt über das Düngen landwirtschaftlicher Flächen mit Gülle ungefiltert in die Böden. Dort können sich Bakterien entwickeln, auf die die Arzneien keine Wirkung mehr haben – sogenannte resistente Keime. Da Gülle auch in Biogasanlagen verwendet wird, wurde im Rahmen des Projekts geprüft, ob Antibiotika dort beseitigt werden können, um den Eintrag in die Umwelt zu verringern.

„Es gibt verschiedene Studien, die einen Rückgang der Arzneimittel-Konzentration durch das Vergären von Gülle in den Biogasanlagen beschreiben“, sagte Projektleiterin Astrid Spielmeyer vom Institut für Lebensmittelchemie und Lebensmittelbiotechnologie an der Universität Gießen. Jedoch seien die genauen Vorgänge bisher nicht eindeutig bekannt gewesen. Ziel des Projektes war es deswegen zu prüfen, ob der Prozess in Biogasanlagen einen Beitrag zum Verringern des Antibiotikaeintrages in die Umwelt leisten könne.

Stabilisierung durch Bindung – Erneutes Freisetzen durch Auswaschen

Im Projekt stellte sich in Zusammenarbeit mit dem Landesbetrieb Hessisches Landeslabor (Bad Hersfeld) heraus, dass unterschiedliche Temperaturen, Säure- und Salzgehalte kaum Einfluss auf die Wirkstoffe hatten. Bei Zusatz von einem Feststoff wie Maissilage, der auch in Biogasanlagen erfolgt, sei es allerdings zu einem Rückgang der Antibiotika-Konzentration gekommen. „Ein derartiger Rückgang, wie er auch in vorherigen Studien festgestellt wurde, heißt nicht unbedingt, dass die chemischen Strukturen zerstört und unwirksam werden“, gibt Spielmeyer jedoch zu bedenken.

Wenn sich zum Beispiel Bestandteile der Gülle mit den Wirkstoffen verbinden, könnten die einzelnen Antibiotika zwar nicht mehr nachgewiesen werden, befinden sich aber noch – stabilisiert durch die Bindung – in der Gülle oder den Gärresten. „Wenn Wirkstoffe gebunden werden, können sie sich später auch wieder lösen, sodass es zu einem erneuten Freisetzen der Antibiotika in der Gülle oder auch im Boden kommen kann“, sagte Spielmeyer. Das hätten die nun veröffentlichten Projektergebnisse gezeigt. Zwar werde oftmals nur ein geringer Teil wieder freigesetzt, dies könne jedoch stetig über einen langen Zeitraum erfolgen.

Antibiotika auf Ackerflächen sind globales Problem

Mittlerweile ist die Aufbringung von Antibiotika auf landwirtschaftliche Flächen ein weltweites Problem. „Weltweit finden sich Antibiotika in Gülleproben und in Gärresten von Biogasanlagen wieder“, sagte Spielmeyer. In Deutschland seien Biogasanlagen vor allem in Gebieten mit intensiver Landwirtschaft weit verbreitet. Gleichzeitig seien dies die Regionen mit hohen Antibiotikaabgaben an die Tierärzte.

Der Abschlussbericht des Projektes „Förderinitiative Nachhaltige Pharmazie 2: Eliminierung von Tierarzneimitteln durch effektive Güllebehandlung“ steht zum Download zur Verfügung: https://www.dbu.de/projekt_31812/01_db_2848.html

Auch wenn sich die Vergärung anscheinend nicht eignet, um Arzneimittel aus der Gülle zu beseitigen, liefert die Biogaserzeugung aus Gülle einen wichtigen Beitrag zur Verringerung der klimagefährlichen Methanemissionen sowie zur Energieerzeugung. Lesen Sie dazu:

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