Der Ausbau der Photovoltaik (PV) in Deutschland hat Fahrt aufgenommen und liegt derzeit sogar über dem von der Bundesregierung angestrebten Wachstumspfad. Zurzeit sind knapp 91 Gigawatt installiert, anvisiert waren 88 für das gesamte Jahr 2024. Haupttreiber dieser Entwicklung sind vor allem Aufdachanlagen. Zwar nimmt auch die Zahl der PV-Anlagen auf Freiflächen zu, doch gibt es in diesem Segment noch viel Potenzial für weiteren Ausbau. Überproportional viele PV-Anlagen werden im Süden Deutschlands zugebaut. Dies sind Ergebnisse des aktuellen Ampel-Monitors Energiewende des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin). Die Analyse macht zugleich deutlich, dass das Tempo bei der Verfügbarmachung von Flexibilitäten für den Stromsektor ebenfalls spürbar gesteigert werden muss. (Nachweis für Beitragsbild: ContextCrew)
Der Ampelmonitor stellt wichtige Energiewende-Ziele der Bundesregierung dar und gleicht ihre Erreichung mit aktuellen Trends ab. Die Beschleunigung der Energiewende ist erklärtes Ziel der Ampel-Koalition. Eine Schlüsseltechnologie ist hierbei die Solarenergie, die derzeit – auch weltweit – einen regelrechten Boom erlebt. „Während kleinere PV-Anlagen auf Gebäuden vor allem wegen der Eigenverbrauchsvorteile sehr gefragt sind, gibt es auch bei den Freiflächenanlagen in Deutschland noch viel Potenzial“, berichtet Studienautor Wolf-Peter Schill, der zusammen mit Alexander Roth den Ampel-Monitor Energiewende konzipiert hat und stetig aktualisiert. Bei den Solaranlagen auf Freiflächen geht der Ausbau langsamer voran als bei den Gebäudeanlagen. „Die Bundesregierung sollte erwägen, die Ausschreibungsmengen im Freiflächensegment nochmals zu erhöhen. Dies könnte auch dazu beitragen, die Ausbaukosten geringer zu halten, da Freiflächen- im Vergleich zu Aufdachanlagen günstiger sind“, ergänzt Studienautor Felix Schmidt.
Die Zahl der „medial zuletzt stark präsenten Balkonkraftwerke“ habe in den vergangenen beiden Jahren mit einem derzeitigen Gesamtbestand von rund 600.000 Anlagen zwar sehr stark zugenommen; „aufgrund der kleinen Modulgrößen machen alle Balkonanlagen aber nur 0,5 Prozent der gesamten PV-Leistung in Deutschland aus“, halten die DIW-Experten fest. Regional ist die installierte PV-Leistung sehr ungleich auf die Bundesländer verteilt. Bayern ist mit einem Viertel der in Deutschland installierten Leistung Vorreiter. Am geringsten ist die PV-Leistung in den drei Stadtstaaten.
Flexibilität im Stromsektor langsamer gewachsen als PV-Leistung
Mit dem zunehmenden PV-Ausbau wachsen gleichwohl auch die Herausforderungen für das Stromsystem. Parallel mit dem Ausbau der Solaranlagen sind die am Großhandelsmarkt erzielbaren Preise für Solarstrom gesunken. „Dies deutet darauf hin, dass die Flexibilität im Stromsektor langsamer gewachsen ist als die Photovoltaik-Leistung.“ Ausgeprägte Niedrigpreisphasen in den Stunden der höchsten Solarstromeinspeisung zeigten, dass die vorhandenen Speicher nicht ausreichten oder nicht so betrieben werden, dass sie Preisdifferenzen glätten.
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Ein Grund für die steigenden Herausforderungen bei der Markt- und Netzintegration der Photovoltaik ist der Analyse zufolge, dass bereits vorhandene Flexibilitäten nicht immer optimal eingesetzt werden. So wurden zuletzt viele PV-Anlagen in Gebäuden in Kombination mit Batteriespeichern installiert. Diese erlauben es den Haushalten oder Gewerbetreibenden, den Anteil ihres selbst genutzten PV-Stroms zu vergrößern und damit hohe Eigenverbrauchsvorteile zu realisieren. „Allerdings gibt es kaum Anreize, diese Speicher möglichst netz- oder marktorientiert einzusetzen, da weder die Einspeisevergütung noch in der Regel die Haushaltsstromtarife entsprechende Signale dafür geben: Vergütungen und Preise sind für jede Kilowattstunde gleich, unabhängig vom aktuellen Marktpreis“, führen die DIW-Autoren aus.
Bestehende Flexibilitäten werden nicht optimal eingesetzt
So könne es beispielsweise zu der Situation kommen, dass die PV-Speicher in den Sommermonaten in den Stunden der höchsten PV-Erzeugung bereits vollgeladen sind und die Anlagen dann mit voller Leistung in das Netz einspeisen. „Dies belastet die lokalen Stromnetze und kann den Kannibalisierungseffekt verstärken.“ Außerdem könne es dazu kommen, dass Prosumer ihren PV-Stromspeicher zu früh oder zu spät leeren, aber nicht in den Stunden der Netzhöchstlast, wenn eine Verringerung des Netzstrombezugs besonders vorteilhaft wäre.
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Gleiches werde für die in den kommenden Jahren stark zunehmende Anzahl an Elektrofahrzeugen und Wärmepumpen gelten, die in Prosumer-Haushalten mit eigenerzeugtem PV-Strom versorgt werden dürften. „Eine Erschließung der Flexibilitätspotenziale dieser Technologien könnte die Markt- und Netzintegration des PV-Stroms deutlich verbessern“, heißt es weiter. „Eine notwendige Bedingung hierfür ist der Einbau intelligenter Stromzähler, der in Deutschland bisher nur sehr schleppend vorankommt.“
Neben den wachsenden Herausforderungen bei der Netz- und Marktintegration hat der PV-Ausbau noch eine weitere Schattenseite. Das Wachstum der Photovoltaik in Deutschland ist mittlerweile stark auf Importe aus China angewiesen. Eine Option zur Absicherung gegen mögliche Engpässe beim Bezug von Solarmodulen aus China wäre der Aufbau einer Modul-Reserve. Dazu könnten Module auf dem Weltmarkt gekauft und eingelagert werden, die beispielsweise dem geplanten Zubau von einem bis zwei Jahren entsprechen. „Möglich ist aber auch eine weitere Steigerung des Ausbaus, solange der Weltmarkt mit Modulen regelrecht überschwemmt ist“, sagt DIW-Ökonom Schill. „Denn jedes heute bereits installierte Panel mindert die Notwendigkeit späterer Importe.“
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