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Energiewoche 10/2025

Clean Industrial Deal (CID) als Chance für Europa?

Von Woche zu Woche wird deutlicher, dass Europa seine eigenen außenpolitischen und ökonomischen Interessen in deutlich stärkerer Unabhängigkeit von den USA adressieren und vertreten muss. Eine neue europäische Dynamik könnte ein Weg sein, den Kontinent auch wirtschaftlich wieder aufleben zu lassen. In der vergangenen Woche wurde ein Baustein dazu von der EU-Kommission veröffentlicht: Der Clean Industrial Deal (CID) soll die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Industrieunternehmen stärken, ohne die Ambition bei Klimaschutz und Transformation zu reduzieren.

Der Aktionsplan für bezahlbare Energie ist ein Schlüsselelement des CID – und Gegenstand des Titelbereichs von ContextCrew Neue Energie 10.2025. „Klimaschutz und Wettbewerbsfähigkeit sind keine Gegensätze, das erkennt auch die neue EU-Kommission an“, sagt BEE-Präsidentin Simone Peter. Richtig ausgestaltet könne der ‚Clean Industrial Deal‘ die notwendige umfassende Strategie werden, um die europäische Industrie zukunftsfähig und klimaneutral aufzustellen.

Der „Action Plan for Affordable Energy“ zielt darauf ab, Energie für private und kommerzielle Verbraucher verlässlich und bezahlbar verfügbar zu machen. Das soll unter anderem der Anstieg der Elektrifizierungsrate von 21,3 Prozent auf 32 Prozent bis 2030 gewährleisten. Um dieses Ziel zu erreichen, müssten jährlich 100 Gigawatt an Erneuerbaren Energien in der EU installiert werden. „Die stärkere Elektrifizierung der Industrie ist ein richtiger Weg, um derzeit noch kostenintensive klimaneutrale Moleküle für nicht elektrifizierbare Prozesse zu nutzen“, sagt die BEE-Präsidentin. „Grundvoraussetzung hierfür ist die finanzielle und administrative Vereinfachung der Direktbelieferung mit erneuerbarem Strom.“

BBE zu Clean Industrial Deal: Nicht zu einseitig auf Karte Elektrifizierung setzen

Der Bundesverband Bioenergie (BBE) sieht indes eine Gefahr darin, dass die EU beim Umbau der Industrie nur auf die Karte Elektrifizierung setze. „Gerade im Wärme- und Kraftstoffbereich kann die Bioenergie entscheidend zum Ziel des Deals beitragen, die Abhängigkeit von fossilen Energieimporten zu verringern“, meint Verbandschefin Marlene Mortler.

Hierzulande wartet die Energiebranche auf die Ergebnisse der Sondierungsgespräche für eine neue – mutmaßlich schwarz-rote –Regierungskoalition. Die Energiebranche macht deutlich, dass das Halten des Transformationskurses jetzt von größter Wichtigkeit ist. Für die Mobilisierung der erforderlichen größtenteils privaten Investitionen ist ein stabiler Rahmen essenziell.

„Keine Kraft auf lähmende Zieldebatten verschwenden“

Die Deutsche Energie-Agentur (dena) hat zentrale Handlungsfelder für das Erreichen von Klimaneutralität in Deutschland skizziert. In zwölf thematischen Schwerpunkten sind konkrete Lösungsansätze für zielgerichtetes energie- und klimapolitisches Handeln einer neuen Bundesregierung formuliert. „Das bedeutet auch, keine Kraft auf lähmende Zieldebatten zu verschwenden. Klimaneutralität 2045 ist gesetzt und die gemeinsame Anstrengung auf eine stringente Steuerung und Umsetzung gerichtet. Gerade hier ist Mut zu neuen Wegen und Bereitschaft zu Veränderungen gefragt“, so dena-Geschäftsführerin Corinna Enders.

Auch der Bundesverband Windenergie (BWE) warnt vor neuen Zieldebatten. Die Erneuerbare-Energien-Branche sei ein starker und zuverlässiger Jobmotor in Deutschland, betonte der Geschäftsführer des Bundesverbands Windenergie (BWE), Wolfram Axthelm, im Rahmen des monatlichen „Policy Brief“. Die kürzlich von der Gesellschaft für Wirtschaftliche Strukturforschung (GWS) vorgelegten Daten zeigten einen Anstieg der Bruttobeschäftigung um 7 Prozent im Jahr 2023 auf 406.000 Beschäftigte. Und darin seien die Ergebnisse der Beschleunigung des Ausbaus noch gar nicht vollständig sichtbar.

Vorteile des Erneuerbaren-Ausbaus vor Ort spürbar machen

Es gelte aber auch, die Vorzüge der Windenergie direkt vor Ort spürbar zu machen. Axthelm berichtete von einem Repowering-Windpark, bei dessen Besuch ihm der Bürgermeister der entsprechenden Gemeinde erläuterte, dass nur die Einnahmen aus dem Windpark es möglich gemacht hätten, ein neues Feuerwehrfahrzeug zu beschaffen – mit der Folge, dass sich wieder mehr Menschen in der freiwilligen Feuerwehr engagieren wollten. An anderer Stelle gebe es nächtliche Grillfeste für Schaulustige, die sich die Anlieferung der riesigen Rotorblätter neuer WEA auch nachts um zwei oder drei Uhr anschauen wollen. Auch auf diesem Wege könne die Akzeptanz gestärkt werden.