Vielerorts ist die Stimmung in der Wirtschaft ähnlich trübe wie das Wetter. Die Phasen der „Dunkelflaute“ in November und Dezember haben zudem hohe Preise an den Strom-Spotmärkten bei geringer Einspeisung erneuerbarer Energien mit sich gebracht – auch wenn die Höhe der Ausschläge zu Spekulationen führt, warum viele fossile Kraftwerksreserven nicht aktiviert wurden. Nicht vergessen werden sollte, dass das Licht nicht ausgegangen ist – auch wenn der Strom temporär teurer wurde. Und: Der Blick auf das Gesamtjahr zeigt gerade am Strommarkt auch durchaus positive Entwicklungen in Sachen Transformation.
Viele Pluspunkte beim Fortschritt der Energiewende…
Die Transformation des Energiesystems ist noch weit davon entfernt, ein ruhiges Fahrwasser zu erreichen. Ein deutlicher Pluspunkt im abgelaufenen Jahr ist das Ausbautempo bei der Photovoltaik und die Beschleunigung der Prozesse bei der Genehmigung von Windenergieanlagen, die zu Rekordergebnissen bei Neugenehmigungen und Zuschlägen in Ausschreibungen geführt haben.
Mut macht zudem das Tempo, mit dem der Ausbau von Großbatteriespeichern vorangetrieben wird. Anders als beim Ausbau der Erneuerbaren spielt hier eine öffentliche Förderung keine wesentliche Rolle, die Markterlöse geben es her, dass Großbatteriespeicher vielerorts aus dem Boden sprießen. Schon im kommenden Jahr dürfte es hier einen erheblichen Zuwachs der installierten Leistung geben. Und Fortschritte zeigen sich beim Rückgang von Treibhausgasemissionen am Strommarkt im gesamten Jahresverlauf.
…und noch viele ungelöste Fragen
Das Jahr 2024 zeigt zugleich, wie vernetzt die Umbauprozesse sind. Wenig geschieht rund um die Transformation, was nicht an anderer Stelle eine Rückwirkung verursacht. So bringt der rasante Ausbau der PV mit sich, dass in der sonnigen Jahreszeit Phasen mit Negativpreisen immer häufiger auftreten und der Wert von Solarstrom in den Mittagsstunden schnell an Wert verliert. So sank der Marktwert Solar gemessen am Grundlastpreis an der Strombörse im Mai auf 47 Prozent.
Im Herbst rückten dann die Phasen der „Dunkelflaute“ in den Blickpunkt – mit dem Effekt, dass die Strompreise hier in die Höhe schnellten. Je nach Betrachtungsweise wird hier die Funktionsweise des Marktes gelobt, der Knappheitssignale erzeugt. Oder es wird gewarnt, dass die hohen Preise ein Signal für wachsenden Stress im Bereich der gesicherten Leistung aussenden. Trotz langen Anlaufs ist es der Bundesregierung nicht gelungen, das Kraftwerkssicherheitsgesetz (KWSG) zur Umsetzung zu bringen.
Der politische Umgang mit dem Thema gesicherte Leistung und Flexibilität für das System hat insbesondere in der Bioenergiebranche für Befremden gesorgt. Die Branche wurde nicht müde, die Politik – und insbesondere das Bundeswirtschaftsministerium – an die Flexibilitätspotenziale der Technologie zu erinnern. Und darauf aufmerksam zu machen, dass der Einsatz von Bioenergie die erforderlichen Systemstabilität zu niedrigeren Kosten gewährleisten könne als es etwa neue „H2-ready“-Gaskraftwerke könnten. Voraussetzung: Die installierte Basis an Biogasanlagen bleibt erhalten – und hier ist das Unverständnis mit am größten: Mit den aktuellen Gebotsvolumina in den EEG-Ausschreibungen droht ein nicht unerheblicher Teil der frühen Biogasanlagen ohne Anschlussförderung und damit in den meisten Fällen ohne wirtschaftliche Perspektive zu bleiben. Das Potenzial zur Nutzung der systemischen Vorzüge im Flexibilitätsbereich würde damit sinken.
AGEE-Stat liefert vorläufige Zahlen für das Jahr 2024
Der Titelbericht der letzten Ausgabe von ContextCrew Neue Energie in diesem Jahr befasst sich vor diesem Hintergrund mit der vorläufigen Schätzung der (regenerativen) Energieerzeugung in Deutschland. Die AGEE-Stat hat die erwarteten Daten für das Gesamtjahr berechnet und kommt zu dem Schluss, dass die regenerative Stromerzeugung 2024 um vier Prozent auf 285 TWh wachsen wird: Die Erneuerbaren dominieren die Stromerzeugung bei Weitem.
Der Einsatz erneuerbarer Energien im Wärmebereich stieg nach derzeitigem Datenstand um weniger als ein Prozent an. Und noch schlechter sieht es im Verkehrssektor aus, in dem die Bundesregierung stark auf die Karte der Elektromobilität setzt. Allein: beim gegenwärtigen Ausbautempo ist es ein sehr weiter Weg zu einer Dekarbonisierung, selbst wenn der Stromsektor zunehmend „grün“ liefern kann.
Die verfügbare Alternative lautet Biokraftstoffe. Hier schlagen indes die Verwerfungen am Markt mit einem Minus beim Biodieselverbrauch von fast einem Viertel voll ins Kontor. „Unter anderem in Folge der Änderung der 38. Bundesimmissionsschutzverordnung (BImSchV) wurden 2024 insgesamt deutlich weniger Biokraftstoffe eingesetzt als im Vorjahr“, heißt es in der Analyse der AGEE-Stat. „Zwar scheint nach der zeitigem Datenstand der Bioethanolverbrauch knapp vier Prozent höher als im Vorjahr zu liegen, der Verbrauch an Biodiesel könnte jedoch mit einem Minus von 24 Prozent sehr stark zurückgegangen sein.“
Verbrauch von Biodiesel geht 2024 um 24 Prozent zurück
Ein wesentlicher Grund sei, dass Mineralölunternehmen ihre im Zuge einer Übererfüllung der Treibhausgasminderungsquote in den Vorjahren eingesparten Emissionen nur noch in 2024 oder erst wieder ab 2027 anrechnen lassen können. Zugleich lässt die Rechtsänderung für die Jahre 2025 und 2026 einen deutlichen Anstieg beim Verbrauch an Biokraftstoffen erwarten.
Mit der Ausgabe geht ContextCrew Neue Energie in die Weihnachtspause. Im neuen Jahr begrüßen wir Sie online mit einem neuen Portal (vgl. Infobox) Wir wünschen Ihnen eine ruhige und friedliche Weihnachtszeit und einen guten Start in das neue Jahr! Die erste Ausgabe 1/2-2025 von ContextCrew Neue Energie erscheint am 8. Januar.
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