Am vergangenen Mittwoch war es so weit: Die Verhandlungen zwischen Union und SPD wurden abgeschlossen und ein Koalitionsvertrag vereinbart. Mit Blick auf den Energiebereich beinhaltet er wesentlich mehr Fortschreibung der Ampel-Politik als dies die scharfe Rhetorik im Wahlkampf hätte erwarten lassen. Gleichwohl dürfte sich in Sachen Energiewende manches ändern.
Der Titelbereich von ContextCrew Neue Energie 16.2025 steht ganz im Zeichen des Koalitionsvertrags. Wir haben das 146-seitige Papier entlang zentraler Schlüsselthemen der Transformation ausgewertet und an den ersten Reaktionen aus der Branche gespiegelt.
Koalitionsvertrag: Erneuerbaren-Branche optimistisch
In der Gesamtbewertung zeigt sich unter anderem der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) optimistisch. „Das Bekenntnis zu den nationalen und europäischen Klimazielen begrüßen wir ebenso wie die Betonung der erneuerbaren Energien als Schlüsseltechnologien“, sagt BEE-Präsidentin Simone Peter. Sorgen bereitet der Branche in der ersten Bewertung vor allem die Prüfung des künftigen Strombedarfs, die bis zur Sommerpause vorliegen soll. Käme sie zum Ergebnis, dass künftige Strombedarfe deutlich niedriger eingeschätzt werden als bislang, könnte dies deutliche Bremsspuren bei der weiteren Energiewende hinterlassen.
- Teil I: „Betonung der Erneuerbaren als Schlüsseltechnologie begrüßen wir sehr“: Die Bewertung des 146 Seiten starken Koalitionsvertrags durch die Branchenverbände der Erneuerbaren- und Energiewirtschaft fällt im Tenor positiv aus. Gleichwohl mahnen die Verbände und Unternehmen zu Eile und Konsequenz in der Umsetzung, denn an vielen Stellen sind die Aussagen im Koalitionsvertrag offen formuliert, was jedoch für ein entsprechendes Programmpapier auch nicht ungewöhnlich ist.
- Teil II: HBB sieht „neuen positiven Geist, der in der Bioenergiepolitik einziehen soll“: „Bioenergie spielt bei Wärme, Verkehr und steuerbarer Stromerzeugung eine wichtige Rolle.“ Das schreiben Union und SPD in ihrem jetzt vorgelegten Koalitionsvertrag. Man wolle das Flexibilitätspotenzial der Biomasse „konsequent heben“, heißt es.
- Teil III: Solarenergieförderung soll systemdienlich werden: Die Förderung der Solarenergie in Verbindung mit Speichern soll dem Koalitionsvertrag zufolge systemdienlich ausgestaltet werden. „Wir wollen private Haushalte zu Akteuren der eigenen Energieversorgung machen. Betreibern von Bestandsanlagen setzen wir Anreize für eine netz- und systemdienliche Einspeisung und prüfen die neuen Bestimmungen des Solarspitzengesetzes für die Nullvergütung bei negativen Preisen und der Direktvermarktung“, heißt es in dem Dokument.
- Teil IV: Windenergie: Flächenziele für das Jahr 2032 sollen „evaluiert“ werden: Im Wahlkampf wurde mit mancher rhetorischer Spitze auch gegen die Windenergie polemisiert. Im jetzt von den Spitzen von Union und SPD vereinbarten Koalitionsvertrag liest sich das alles ein bisschen anders. „Wir setzen den Ausbau der Windkraft fort“, heißt es dort. Die Zwischenziele des Windflächenbedarfsgesetzes für 2027 bleiben unberührt, allerdings sollen die Flächenziele für 2032 „evaluiert“ werden.
- Teil V: „Systemischer Ansatz“: So sehen die Pläne für Flexibilitäten, Speicher, Kapazitätsmarkt und KWK aus: Die neue Bundesregierung will bei der Energiewende einen Schwerpunkt auf die „Kosteneffizienz“ legen und sieht hier eine wesentliche Rolle für Flexibilitäten. „Um das Ziel der Kosteneffizienz zu erreichen, stehen wir für einen systemischen Ansatz durch das Zusammenspiel aus dem Ausbau der erneuerbaren Energien, einer Kraftwerksstrategie, dem gezielten und systemdienlichen Netz- und Speicherausbau, mehr Flexibilitäten und einem effizienten Netzbetrieb.“
- Teil VI: Wärmewende: Schwarz-Rot will Gasnetze erhalten und GEG einfacher machen: Bei der Vorlage des Sondierungspapiers hatte es ein gewisses Erstaunen darüber gegeben, dass das Thema Wärme offenbar „vergessen“ worden sei. Im Koalitionsvertrag werden Union und SPD aber etwas deutlicher, welche Vorstellungen sie von der Wärmewende haben. „Wir erarbeiten einen Fahrplan für defossilisierte Energieträger. Dafür müssen Gasnetze erhalten bleiben, die für eine sichere Wärmeversorgung notwendig sind“, heißt es etwa in dem Papier. Das „Heizungsgesetz“ werde man abschaffen. „Das neue GEG machen wir technologieoffener, flexibler und einfacher.“
- Teil VII: „Klimafreundliches H2 aus verschiedenen Quellen benötigt“: Schwarz-Rot bekennt sich im Koalitionsvertrag zum Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft, setzt dabei aber anfangs nicht nur auf grünen Wasserstoff. Für den Hochlauf werde klimafreundlicher Wasserstoff „aus verschiedenen Quellen“ benötigt. Ziel sei langfristig die Umstellung auf klimaneutralen Wasserstoff, basierend auf einem wachsenden Anteil erneuerbarer Energien aus dem Inland und aus Importen, heißt es im Koalitionsvertrag.
- Teil VIII: In Kürze: Strompreis, Reservekraftwerke, Energy Sharing, E-Mobilität, Geothermie, Wasserkraft, CCS: Der Koalitionsvertrag berührt in vielen Bereichen wichtige Themen der Energiewirtschaft und der industriellen Transformation. Im Artikel finden sich kurze Schlaglichter zu einzelnen Aspekten, die im Zuge der Aufbereitung des Koalitionsvertrags durch ContextCrew Neue Energie nicht Gegenstand eines eigenen Berichts geworden sind, für die Energiewende aber eine hohe Relevanz besitzen.
In der Box ist die komplette Berichterstattung zum Koalitionsvertrag in Ausgabe 16.2025 abgebildet. Positiv blickt die Bioenergiebranche auf den Koalitionsvertrag, das Hauptstadtbüro Bioenergie sieht einen „neuen positiven Geist, der in der Bioenergiepolitik einziehen soll“. „Das klare Bekenntnis zur Bioenergie, das die Verhandler aus CDU/CSU und SPD vereinbart haben, ist ein wichtiger und großer Schritt hin zur Erreichung der deutschen Klimaziele und ein wichtiges Signal an die Holzenergie-, Biogas- und Biokraftstoffbranche“, sagt Sandra Rostek, Leiterin des Hauptstadtbüros Bioenergie (HBB).
- Wie wird Versorgungssicherheit im neuen Energiesystem technologieoffen erreicht?
- H2-Kernnetz: Nach Niedersachsen geht es jetzt auch in Ostdeutschland los
- Aktuelle PPA-Deals an den europäischen Märkten
- Energiepreis-Spektrum: Preisverläufe im Fokus
- dena: Markthochlauf der seriellen Sanierung nimmt Fahrt auf