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Energiewoche 24/2025

Reiche setzt auf Gaskraftwerke – benötigt wird aber viel breiterer Flexibilitätsansatz

Der BDEW-Kongress Anfang Juni war wenige Wochen nach Arbeitsbeginn der neuen Bundesregierung geeignet, einen Blick auf die Agenda des Merz-Kabinetts in Sachen Energiewende zu werfen. Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche betonte in ihrer Rede, dass es „die ein oder andere Korrektur“ geben werde. Gleichzeitig erklärte sie, dass die „Energiewende als Basis für wirtschaftlichen Aufschwung“ ganz oben auf der Agenda der neuen Regierung stehe.

Was Reiche und der neue Bundesumweltminister Carsten Schneider in Berlin berichtet haben, lesen Sie auf dem Titel von ContextCrew Neue Energie 24.2025. Reiche hatte in den Wochen nach dem Regierungsantritt des Merz-Kabinetts für manche Irritation gesorgt, auch durch Aussagen zum „Heizungsgesetz“, die eine fragwürdige Diskussion im Wahlkampf aufgriffen und in der Branche auf wenig Gegenliebe stießen.

Im Segment der erneuerbaren Energien waren auch ihre Aussagen zum geplanten Zubau von bis zu 20 GW an neuer Gaskraftwerksleistung reserviert aufgenommen worden. In Berlin räumte Reiche ein, dass es hier noch einigen Gesprächsbedarf mit der EU-Kommission gebe. Ihr Amtsvorgänger Robert Habeck hatte sich selbst in extensiven Verhandlungen mit Brüssel befunden – ein Grund, warum der BDEW empfiehlt, auf dem vorliegenden Gerüst von Habecks Kraftwerkssicherheitsgesetz (KWSG) aufzubauen, um schnelle Fortschritte zu erreichen.

„Scheitern wir mit dem Aufbau von Flexibilität, scheitert die Energiewende“

Wenig Zweifel gibt es an der Richtigkeit von Reiches Aussage, dass sich der Erfolg der Energiewende nicht allein an der installierten Leistung Erneuerbarer festmachen lasse. Daher sei ein technologieoffener Kapazitätsmechanismus wesentlich, um Systemkosten zu reduzieren und Versorgungssicherheit zu garantieren. Was an Regulatorik anzupassen ist, um Flexibilität ins System zu bekommen, ist auch Thema einer neuen Studie von Arthur D. Little und Trianel. „Scheitern wir mit dem Aufbau von Flexibilität, scheitert die Energiewende“, warnt Sven Becker, Sprecher der Geschäftsführung der Trianel GmbH.

Als zentrales Hindernis identifiziert die Studie ein falsches Marktumfeld: Das aktuelle Strommarktdesign bildet den Wert von Flexibilität nicht angemessen ab. Preisvolatilität, die eigentlich wirtschaftliche Anreize für flexibles Verhalten setzen könnte, wird vielfach durch regulatorische Hürden, fehlende Transparenz und technische Komplexität neutralisiert. Der heutige Markt sende keine klaren Investitionssignale – insbesondere nicht für kleinere oder dezentrale Anbieter. Fehlende Standardisierung, hohe Eintrittsbarrieren sowie mangelnde rechtliche Klarheit sorgen dafür, dass bestehende Flexibilitätspotenziale weitgehend ungenutzt bleiben.

Installierte Batteriespeicherkapazität in Deutschland wächst binnen eines Jahres um 38 Prozent

Ein Marktsegment im Bereich Flexibilitäten, das trotz regulatorischer Hemmnisse Fahrt aufgenommen hat, sind Batteriespeicher. Die in Deutschland installierte Batteriespeicherkapazität ist binnen eines Jahres von 14,7 GWh Anfang Juni 2024 auf 20,3 GWh zu Beginn des Juni 2025 gestiegen. Das zeigen aktuelle Daten aus den „Battery Charts“ der RWTH Aachen, die auf Meldungen im Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur beruhen. Das entspricht einem Wachstum der installierten Kapazität um 38 Prozent. Das Wachstum wird dabei nicht mehr allein vom Heimspeichermarkt getrieben, auch bei den Großbatteriespeicher ist der Zuwachs sehr ausgeprägt – und dürfte sich angesichts der bevorstehenden Fertigstellung weiterer Großprojekte noch beschleunigen.

Der nach Angaben des deutsch-norwegischen Energiespeicherspezialisten Eco Stor aktuell größte Batteriespeicher Deutschlands ist nun offiziell eingeweiht. Im schleswig-holsteinischen Bollingstedt arbeitet seit April eine Großbatterie mit 103,5 MW Leistung und 238 MWh Speicherkapazität. Die Anlage wurde Eco Stor und der EPW GmbH, einem Projektentwickler für Großspeicher, errichtet. Der nächste Batteriespeicher derselben Größenordnung stehe in den Startlöchern. „Mit einem zweiten, noch in Bau befindlichen Batteriespeicher in der Nachbargemeinde Schuby in der 100 MW-Größenordnung setzen wir klare Signale an Wirtschaft und Politik“, sagt Eco-Stor-Geschäftsführer Georg Gallmetzer. „Wir beweisen, dass die Energiewende mit privaten Investitionen und ohne staatliche Förderungen gelingt.“