Die Grünen sind zwar künftig nicht mehr in der Regierung, sie haben aber einer wichtigen Grundlage für Handlungsspielräume der neuen Regierung ihren Stempel aufgedrückt: Das Sondervermögen über 500 Mrd. Euro kommt, die erforderliche Änderung des Grundgesetzes trägt dank durchaus geschickter Verhandlungsstrategie der Grünen dem Klimaschutz Rechnung – und damit einem Thema, das keineswegs einer Partei zuzuordnen ist, sondern die vermutliche wichtigste gesamtgesellschaftliche Aufgabe darstellt. Der erzielte Kompromiss sichert zudem, dass etwa die 100 Mrd. Euro, die in den KTF gelenkt werden, tatsächlich investiert – und nicht etwa zur Deckung der EEG-Kosten verwendet werden.
Dass die Transformation des Energie- und Wirtschaftssystems hohe Investitionen verursacht, ist unstrittig. Eine umfassende Analyse des Kopernikus-Projekts Ariadne macht aber – einmal mehr – deutlich, dass ein (zu) langsames Agieren beim Umbau deutlich höhere gesellschaftliche Kosten verursacht. Die Analyse, die wir auf dem Titel der neuen Ausgabe 12.2025 von ContextCrew Neue Energie vorstellen, zeigt, dass kosteneffiziente Energiewendestrategien Klimaneutralität bis 2045 zu Mehrkosten von 16-26 Mrd. Euro pro Jahr erreichen.
Effiziente Lösungen gehen in der Regel mit einer verstärkten Elektrifizierung einher. Diese wiederum bedarf einer deutlich erhöhten Flexibilität des Energiesystems. Am Ende werden auch Backup-Kraftwerke im Umfang von 90 GW im Jahr 2045 benötigt. Auf sie entfallen nur etwa 5 Prozent der jährlichen Stromerzeugung, aber sie sichern den saisonalen Ausgleich der Stromversorgung.
Biomasse und Energiewende: Anwendung verlagert sich weiter von Stromsektor zu Industrie und Verkehr
Die Entscheidung für Wasserstoff oder Erdgas sei dabei abhängig von den Brennstoff- und Investitionskosten sowie den Emissionsrestriktionen. Da die Backup-Kraftwerke selten laufen, sei der Einsatz von fossilem Erdgas „denkbar“. Durch ein nachgelagertes Abscheiden und Einspeichern von CO2 könnten die Emissionen von Erdgas-Kraftwerken vermindert werden, allerdings ist dies mit höheren Investitionskosten verbunden. „Verbleibende Restemissionen müssten durch negative Emissionen an anderer Stelle kompensiert werden, um die Klimaziele zu erreichen.“ Wo Wasserstoff aufgrund fehlender oder verzögerter Infrastruktur nicht verfügbar ist, könnten flüssige Kraftstoffe wie die Wasserstoffderivate Methanol oder Ammoniak eine Rolle spielen.
Biomasse findet kaum Anwendung in der Stromerzeugung, „da diese erneuerbare Kohlenstoffquelle systemdienlicher in Sektoren mit schwer vermeidbaren Emissionen eingesetzt werden kann“, heißt es im Ariadne-Report weiter. Biomasse werde nur begrenzt verfügbar bleiben. Daraus entstehe eine anhaltende Notwendigkeit zur weitgehenden direkten Elektrifizierung. „Zur Vermeidung von Emissionen in Industrie sowie Flug- und Schiffsverkehr kann Bioenergie mit circa 200 TWh beitragen, muss aber mit Wasserstoff und E-Fuels ergänzt werden, um die Bedarfe grüner Moleküle zu decken.“ Die Zielrichtung der Biomasse im Rahmen der Energiewende würde sich damit perspektivisch weiter verschieben, Bioenergie bliebe aber auch künftig ein wichtiges Element der Energiewende.
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