Abo

Newsletter

Energiewoche 48/2024

Wie weit hat die Ampel die Energiewende vorangebracht? Die Antwort ist auch eine Frage der Perspektive

Es ist ein durchaus gemischtes Bild, das die aktuelle Bundesregierung in ihrer endenden Amtszeit in Sachen Energiewende hinterlässt. Während die Windenergiebranche würdigt, welche teils erheblichen Fortschritte etwa bei der Genehmigung von neuen Projekten erreicht wurden, erhofft sich die Bioenergiebranche mehr von einer – mutmaßlich unionsgeführten – neuen Bundesregierung.

Der Titelbericht von ContextCrew Neue Energie 48.2024 ist einer politischen Bestandsaufnahme durch den Bundesverband Windenergie (BWE) gewidmet. Der BWE-Geschäftsführer Wolfram Axthelm würdigte bei einem digitalen „Policy Briefing“, dass die Ampel-Regierung viele Hürden beim Ausbau der erneuerbaren Energien aus dem Weg geräumt habe. Dies zeige sich bei Rekordwerten bei den Genehmigungen, aber auch bei den Ausschreibungen.

Einzig der Zubau, der bis Anfang November erst rund 2,3 GW betrage, hinke der Entwicklung noch hinterher. Dies habe unterschiedliche Gründe, unter anderem die Sperrung einer wichtigen Autobahn, die den Abtransport von Windenergieanlagen aus Bremerhaven ins Land lange kaum möglich gemacht hat. Hinzu kam die Zinsentwicklung und die allgemeine Preisentwicklung nach oben, die bei einigen Projekten zur Neukalkulation geführt und die Umsetzung zumindest verzögert hätten. Mit den jetzt erreichten Ergebnissen bei Genehmigungen und Ausschreibungen sei etwa ab Ende 2025 damit zu rechnen, dass sich der Zubaupfad dynamisch entwickeln wird. „Die Früchte der Ampelregierung wird die nächste Regierung ernten“, merkte Axthelm an.

„Große Latte an Vorhaben zur Beschleunigung wird liegen bleiben“

Mit dem Ampel-Aus werde nun aber eine „große Latte an Vorhaben zur Beschleunigung liegen bleiben“, sagte Axthelm. Dies betreffe die EnWG/EEG-Novelle, aber etwa auch die RED-III-Umsetzung und die BauGB-Novelle. Hoffnung habe man noch mit Blick auf die Umsetzung der NIS-2 mit verschärften Cybersicherheitsanforderungen. Auch bei den Netzverknüpfungspunkten setzt der BWE noch auf eine zeitnahe „richtige“ Umsetzung.

Bemerkenswert ist auch das Eintreten der Windbranche für die Bioenergie. „Wir brauchen die Bioenergie als zusätzliches Backup beim Ausbau der Wind- und Solarenergie“, betonte Axthelm. Es wäre eine schlechte Entwicklung, wenn hier regenerative gesicherte Kraftwerksleistung verloren ginge, weil die Anlagenbetreiber keine Anschlussperspektive besitzen.

„Noch sind wir Weltmarktführer beim Biogas – das dürfen wir nicht auch noch aufgeben“

Genau das fordert auch die Biogasbranche selbst. „Ändert diese eine Zahl“, rief Horst Seide, Präsident des Fachverbands Biogas, der Politik in Berlin zu. Gemeint ist das Ausschreibungsvolumen, das deutlich angehoben werden müsse. „Ohne Anschlussvergütung ist der Weiterbetrieb einer Biogasanlage wirtschaftlich nicht möglich – was am Ende auch die kommunale Wärmeplanung zahlreicher Gemeinden gefährdet, in denen die örtliche Biogasanlage eine ganz wichtige Rolle spielt“, heißt es beim Fachverband Biogas.

Der Vizepräsident des Fachverbands, Christoph Spurk, mahnte, dass mit der Biogasbranche auch die letzte Erneuerbare-Energien-Sparte wegzubrechen drohe, wenn nicht sehr zügig klare Entscheidungen getroffen würden. „Wir waren in Deutschland bei der Windenergie führend – und haben den Markt hergeschenkt; wir waren bei der Solarenergie Pioniere– und kaufen nun Module aus Asien. Noch sind wir Weltmarktführer beim Biogas, wir beschäftigen 50.000 Menschen mit einem Umsatz von 13 Mrd. Euro pro Jahr – das dürfen wir nicht auch noch aufgeben.“ Um diese Position zu halten, brauche es einen funktionierenden Heimatmarkt.

„BNetzA grätscht ohne Not in den gerade hochlaufenden Energiespeichermarkt rein“

Ein Aufregerthema der letzten Tage war auch das neue Positionspapier der BNetzA zum Thema Baukostenzuschüsse. Die Speicherbranche übt scharfe Kritik: Die BNetzA  verhindere den essenziellen Ausbau von Energiespeichern, heißt es beim BVES. „Das Vorgehen der BNetzA, jetzt ohne Not in den gerade hochlaufenden Energiespeichermarkt reinzugrätschen, ist völlig unverständlich und steht einer der Neutralität verpflichteten Marktregulierungsbehörde schlecht zu Gesicht“, kommentierte Urban Windelen, BVES Bundesgeschäftsführer. „Hier wird im Schatten eines laufenden Verfahrens vor dem Bundesgerichtshof ein Präjudiz geschaffen, mit großen Auswirkungen auf laufende und kommende Speicherprojekte.“