Nach einigen Korrekturen am Regierungsentwurf ist das Gesetz zur Einführung einer Strompreisbremse (StromPBG) im Parlament verabschiedet worden. Es sind dabei auch einige Kritikpunkte der Erneuerbare-Energien-Branche berücksichtigt worden, wie der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) einräumt. Dennoch bleibe das Gesetz in seiner Komplexität und Ausgestaltung ein „Hemmschuh“ für Marktakteure und deren Investitionsbereitschaft, sagte BEE-Präsidentin Simone Peter. (Nachweis für Beitragsbild: eyewave/stock.adobe.com)

Hinweis: Der zunächst am 14. Dezember um 10:27 veröffentlichte Bericht ist mehrfach um weitere Rückmeldungen aus der Branche ergänzt worden.

Wichtige Verbesserungen habe es bei der Bioenergie gegeben: „Es ist erfreulich, dass die Abgeordneten die Erhöhung des Sicherheitszuschlages bei Biogas und Altholz sowie weitere Änderungen, zum Beispiel der Bezug auf die Höchstbemessungsleistung statt auf die installierte Leistung beschlossen haben. Das war eine zentrale Forderung der Branche“, sagt Peter. Völlig unverständlich sei aber, dass das Biogas-Potenzial für die Spitzenlastdeckung nicht genutzt werde, denn es fehle weiter ein energieträgerspezifischer Monatsmarktwert im Gesetz. „Die Folge ist: es wird mehr fossiles Erdgas eingesetzt. Das kann nicht im Interesse von Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit sein. Jede Kilowattstunde aus heimischem, erneuerbarem Gas zählt“, so Peter.

Positiv sei, dass die Bundesnetzagentur (BNetzA) die Möglichkeit erhalte, Gebotshöchstwerte bei Ausschreibungen als Inflationsausgleich um 10 Prozent, bei Innovationen um bis zu 25 Prozent anzuheben. „Das ist eine wichtige Maßnahme, um massive Kostensteigerungen auszugleichen. Die BNetzA sollte nach Inkrafttreten des Gesetzes angesichts massiv gestiegener Kosten für Material und Finanzierung zeitnah Gebrauch davon machen“, fordert Peter.

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Insgesamt blieben die Erneuerbaren durch den Entwurf jedoch weiterhin schlechter gestellt als konventionelle Energieträger und die Investitionsspielräume würden beschränkt. „Der Abschöpfungsmechanismus bleibt so komplex und mit rechtlichen Fragen behaftet wie zuvor. Eine klare Befristung fehlt und bei den Langfristverträgen haben sich nur für bestimmte Anlagentypen Verbesserungen ergeben“, so Peter.

Unverhältnismäßig verschärft habe sich die Lage für Power Purchase Agreements (PPA) und damit für den marktgetriebenen Ausbau der Erneuerbaren. Nur Altverträge, die vor dem 1. November 2022 abgeschlossen wurden, sowie der erste PPA-Vertrag von Neuanlagen sollen ein Wahlrecht für eine Abschöpfung auf Grundlage der realen Erlöse erhalten. „Vertrauensschutz hätte auch hier bedeutet, auf Rückwirkung zu verzichten und den Stichtag für PPAs auf den 1. Dezember zu legen“, so Peter.

bne: Anlagenrefinanzierung gegenüber Entwurf deutlich verbessert

Der Bundesverband Neue Energiewirtschaft (bne) sieht zumindest Fortschritte „Wir sind froh, dass zumindest die Anlagenrefinanzierung gegenüber dem Kabinettsentwurf deutlich verbessert wurde“, sagt bne-Geschäftsführer Robert Busch. „Durch die Anpassung von Bezugswerten und den Abschluss von PPAs können die Ausschreibungsgebote niedrig bleiben und Projekte weiterhin finanziert werden.“

Der geplante Mindestwert von 8 ct/kWh (plus Sicherheitszuschlag von einem ct/kWh) sei für die Refinanzierung von Neuanlagen deutlich angemessener als noch im Gesetzentwurf vorgesehen. „Für mehr Tempo beim Erneuerbaren-Ausbau reicht es nicht, ein schlechtes Modell minimal zu verbessern“, stellt Busch klar. „Mit Blick auf 2023 braucht es Enabler-Maßnahmen, um bei Genehmigungen, bei Netzanschlüssen, der Flächenbereitstellung und beim Bürokratieabbau Geschwindigkeit zu erreichen.“

BWE: „Damit lässt sich jetzt Klarheit herstellen. Die Verunsicherung in der Branche ist enorm.“

Der Bundesverband Windenergie begrüßte die Präzisierungen am Gesetz zur Strompreisbremse grundsätzlich. „Es ist gut, dass nach zwei Monaten einer schwierigen und belastenden Diskussion nun ein Schlusspunkt gesetzt wird“, sagt BWE-Präsident Hermann Albers. „Damit lässt sich jetzt Klarheit herstellen. Die Verunsicherung in der Branche ist enorm.“ Dass der Bundesnetzagentur die Möglichkeit gegeben wird, den Höchstwert um 25 Prozent anzupassen sei ein wichtiges Signal, „auch wenn es den Kostenanstieg in den Projekten nicht voll abbildet. Dieses Instrument muss nach Beschluss des Gesetzes schnell genutzt werden. Dann kann es eine starke Motivation für die Beteiligung an der ersten Ausschreibung für die Windenergie an Land in 2023 und somit das Startsignal für eine Zubauwelle geben“, so Hermann Albers.

Biogasrat: Überschusserlösabschöpfung bleibt „politische Fehlentscheidung“

Für die Bioenergiebranche kommentierte der Biogasrat die Überarbeitungen des Entwurfs. Die geplante „Überschusserlösabschöpfung“ für die Stromerzeugung aus Biogasanlagen halte man nach wie vor für eine „politische Fehlentscheidung“, sagt Janet Hochi, Geschäftsführerin des Biogasrats. „Sie steht dem erklärten Ziel der Bundesregierung, durch Investitionen in neue erneuerbare Erzeugungsanlagen und Diversifizierung bestehender Energiequellen für eine höhere Energiesicherheit zu sorgen, diametral entgegen und führt im Ergebnis zu einem massiven Vertrauensverlust in politisch konsistentes Handeln bei Erzeugern von und Investoren in erneuerbare Energietechnologien.“

Gleichwohl hätten die Abgeordneten des Deutschen Bundestages mit den vorliegenden Änderungen des Gesetzentwurfes ein wichtiges Signal an die Biogasbranche mit Blick auf die gesicherte Stromerzeugung aus Biogas gesendet und eine weitere Verschärfung der Energiemangellage verhindert. „Wesentliche Vorschläge unseres Verbandes, wie die Umstellung der Bagatellgrenze von 1 MW installierter Leistung bei Biogasanlagen auf 1 MW Bemessungsleistung und die Erhöhung des Sicherheitszuschlages für Biogasanlagen von 7,5 ct/kWh auf 9,0 ct/kWh, wurden von den Parlamentariern nach fachlicher Prüfung berücksichtigt. Dies begrüßen wir grundsätzlich.“

Hauptstadtbüro Bioenergie: Die meisten Biogasanlagen werden nun von Abschöpfung befreit

Auch das Hauptstadtbüro Bioenergie zeigt sich mit Blick auf das Biogassegment erleichtert. Die vom Ausschuss empfohlenen Änderungen beim Biogas und beim Altholz seien ein wichtiger Schritt hin zu mehr Versorgungssicherheit in den nächsten Monaten. Demnach soll die Abschöpfung von Strommarkterlösen erst ab einem Megawatt Bemessungsleistung greifen und Satelliten-Blockheizkraftwerke nicht in die Berechnung der Leistung eingehen. „Dies befreit richtigerweise nicht nur die meisten Biogasanlagen, die ohnehin mit hohen Kosten zu kämpfen haben, auch ermöglicht es zahlreichen hochflexiblen Biogasanlagen ihre wichtige Aufgabe zur Entlastung der Netze in genau den Stunden vornehmen, in denen ansonsten teures Erdgas eingesetzt werden müsste“, sagt Sandra Rostek, Leiterin des Hauptstadtbüros.

Der erhöhte Sicherheitszuschlag von 9 ct/kWh für Biogasanlagen kompensiere bei den meisten Anlagen mit einer Leistung oberhalb der Bagatellgrenze die jüngste Steigerung der variablen und fixen Betriebskosten. Es sei aber nicht nachvollziehbar und energiewirtschaftlich kontraproduktiv, dass die Erlöse aus der flexiblen und netzdienlichen Stromerzeugung unter die Abschöpfung fallen.

„Für Betreiber von Restholz- und Strohheizkraftwerken ist Abschöpfungsmechanismus desaströs“

Auch für Altholzanlagen sei ein erhöhter Sicherheitszuschlag von 7 Cent pro Kilowattstunde ein wichtiger Schritt, um trotz massiv gestiegener Brennstoffkosten weitgehend kostendeckend arbeiten zu können. Allerdings müsse der Sicherheitszuschlag auch ausgeförderten Altholzanlagen zugestanden werden, um die Wirtschaftlichkeit dieser Anlagen nicht zu gefährden.

„Für die Betreiber von Restholz- und Strohheizkraftwerken ist der nun beschlossene Abschöpfungsmechanismus jedoch desaströs“, so Rostek weiter. Ohne eine Erhöhung des Sicherheitszuschlags ständen diese Anlagen vor dem Aus. Hohe Preissteigerungen bei den Einsatzstoffen seit Beginn der Energiekrise machten einen wirtschaftlichen Betrieb unmöglich, wenn ein Sicherheitszuschlag von lediglich 3 ct/kWh für diese Anlagen beschlossen wird. „So sind beispielsweise die Preise für Hackschnitzel seit Anfang 2021 von 102 € bis zum Spätsommer 2022 auf 170 € geklettert. Es ist völlig unverständlich, warum die Ampelregierung mitten in einer Energiekrise erneuerbare Wärme und Strom aus fester Biomasse derart benachteiligt, während klimaschädliche Steinkohle gleichzeitig von dem Abschöpfungsmechanismus ausgenommen bleibt. Wir fordern hier dringend Nachbesserungen, um ein Abschalten fester Biomasseanlagen zu verhindern.“

Die einzelnen Verbesserungen für Biogas und Altholz dürften auch nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Abschöpfungsmechanismus „in der vorliegenden Form viel zu komplex und juristisch fragwürdig“ sei.

BDEW und VKU begrüßen „Aus“ für Streichung vermiedener Netzentgelte

Die Energieverbände BDEW und VKU begrüßten, dass im Zuge des parlamentarischen Verfahrens die im Entwurf des Bundeswirtschaftsministeriums enthaltene geplante Streichung der vermiedenen Netzentgelte zurückgenommen wurde. „Eine Streichung hätte einen massiven Vertrauensbruch bedeutet, der die in dieser Krise so dringend notwendigen Investitionen in Erneuerbare Energien, Netzausbau und Versorgungssicherheit gefährdet hätte“, sagt Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung.

Auch VKU- Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing spricht von einer „klugen Entscheidung“ der Abgeordneten. „Alles andere hätte – wie im Gesetzentwurf vorgesehen – eine fatale Folge für die Betreiber von Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen gehabt, die Wärmewende behindert und ein verheerendes Signal für künftige Investitionen ausgelöst.“

Kontext zur Strompreisbremse:

Im Blickpunkt: Debatte zur Strompreisbremse im Überblick