Bürgerenergie, Teilhabe, keine Förderung aus öffentlichen Töpfen, heimische erneuerbare Energie – mehr geht eigentlich nicht. Und vor diesem Hintergrund ist der Baustart der ersten förderfreien Freiflächen-Solaranlage Deutschlands, die komplett durch Crowdfinanzierung realisiert wurde, eine spannende Nachricht. Errichtet wird die Anlage vom Online-Marktplatz enyway gemeinsam mit BayWa r.e. in Hecklingen in Sachsen-Anhalt.
Die Projektpartner werten das Vorhaben dann auch als starkes Signal an die Politik: Beide Unternehmen reagierten auf die Forderungen der Gesellschaft nach mehr Klimaschutz und präsentierten zugleich eine „Alternative zu den schleppenden Plänen des Kohleausstiegs“.
Für die Finanzierung der Anlage hat das Hamburger Startup enyway im November 2018 das Produktangebot „change“ gestartet. Kern des Angebots ist die gemeinsame Realisierung großer Solaranlagen mit Hilfe einer gemeinsamen Finanzierung durch viele Privatpersonen, die den erzeugten Strom wiederum selbst Zuhause verbrauchen.
Enyway nutzt Blockchain, um Ertrag aus PV-Anlage zu verteilen
Enyway macht sich dabei die Blockchain-Technologie zu Nutze. Dabei werden die Solarmodule virtuell in Mini-Pakete in der Größe von Pizzakartons oder Tischtennisplatten aufgeteilt. Das Verfahren sei dank der Blockchain „transparent und fälschungssicher“, heißt es. Die kleinsten Pakete gibt es ab niedrigen zweistelligen Euro-Beträgen. Im April 2019 wurde die Fundingschwelle für das Projekt erreicht.
Kunden, die bei enyway eine „Kraftwerksscheibe“ erwerben und Stromkunden des Unternehmens werden wollen, erhalten mit dem Wechsel des Stromanbieters „100 Prozent Ökostrom zum Einkaufspreis“, heißt es bei enyway. Sobald die Fundinggrenze für das Projekt erreicht ist, beginnen die Bauarbeiten. Nach Abschluss der entsprechenden Arbeiten erhält der Kunde dann den anteiligen Strom aus seinem Solarpaket.
Nun beginnen die Bauarbeiten für das Vorhaben in Sachsen-Anhalt. Die Freiflächen-Photovoltaikanlage, die von BayWa r.e. errichtet wird, umfasst den Angaben zufolge eine Fläche von über 7.000 m² und besteht aus fast 4.400 Solarmodulen. Sie hat eine Gesamtleistung von 1,3 MW und produziert jährlich rund 1,3 GWh Strom. Damit werden rund 1.500 Tonnen CO2-Emmissionen im Vergleich zu Strom aus Braunkohle eingespart. Die Anlage soll bereits in einem Monat den Betrieb aufnehmen.
„Die Realisierung von enyway change ist ein absoluter Meilenstein“, freut sich Varena Junge, Geschäftsführerin und Mitgründerin von enyway. „Wir beweisen, dass die Energiewende wirtschaftlich ohne staatliche Subventionen möglich ist. Dank der vielen Käufer der virtuellen Solarpizzen, kann die Energiewende deutlich beschleunigt und über den politisch vorgegebenen Korridor hinaus entstehen“. Crowdfunding-Projekte im Bereich der Photovoltaik gibt es bereits einige, sie basieren aber typischerweise auf der festen EEG-Vergütung. Insoweit ist der förderfreie Ansatz von enyway eine echte Innovation.
Portfolio von Modellen zur PV-Finanzierung außerhalb des EEG wächst
Matthias Taft, Energievorstand der BayWa AG, verweist auf das wachsende Portfolio von förderfreien Modellen zur Finanzierung von Photovoltaikanlagen in Deutschland und Europa. „Mit dem von uns im letzten Jahr realisierten 175MWp-Solarpark Don Rodrigo im sonnenreichen Spanien haben wir gezeigt, dass große Solarparks schon heute ohne jegliche Förderung auskommen können. Nun erbringen wir gemeinsam mit enyway den Beweis, dass mit Hilfe von intelligenten Beteiligungskonzepten auch kleine Projekte in Deutschland außerhalb des EEG und somit ohne Förderung umsetzbar sind.“