Die DFS Deutsche Flugsicherung GmbH modifiziert ihre Formel zur Berechnung von Störungen durch Windkraftanlagen. Grundlage bieten die Ergebnisse der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) aus dem Projekt „Wechselwirkung von Windenergieanlagen und terrestrischer Navigation/Radar“ (WERAN plus), das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) gefördert wird. Das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung (BAF) begleitet den Prozess der Umsetzung und strebt eine Anwendung der neuen Berechnungsformel bei Vorgängen zu Windkraftprojekten ab dem 01.06.2020 an, heißt es in einer Mitteilung.
In dem Projekt werden die Auswirkungen von Windkraftanlagen auf Doppler-Drehfunkfeuer (DVOR) untersucht. Dazu wurden drohnenbasierte Vor-Ort-Messungen an DVOR und numerische Vollwellensimulationen durchgeführt. Auf dieser Grundlage wurde die von der DFS entwickelte Berechnungsformel in Zusammenarbeit mit der PTB weiterentwickelt und angepasst.
Die Ergebnisse wurden vorab für eine wissenschaftliche Kommentierung veröffentlicht und unter anderem auch einem Fachpublikum auf dem „Specialist Meeting on Electromagnetic Waves and Wind Turbines“ im Dezember 2019 in Toulouse vorgestellt. Aktuell besteht die Möglichkeit zur Teilnahme an einem sogenannten Ringvergleich. Dabei sind Institutionen, die sich ebenfalls mit dieser Thematik beschäftigen, aufgefordert, die Forschungsergebnisse von WERAN plus nachzuvollziehen. Die Ergebnisse werden dann im Anschluss miteinander verglichen.
Bereits jetzt werden die Ergebnisse der PTB für eine verzögerungsfreie Anwendung durch die DFS in ihrer Berechnungsformel umgesetzt und die Ergebnisse von Beispielrechnungen der neuen Berechnungsformel zusammen mit der PTB validiert. Die PTB setzt derzeit ihre Untersuchungen an konventionellen Drehfunkfeuern (CVOR) fort, um auch für diese eine verbesserte Berechnungsformel zu entwickeln. Mit Ergebnissen könne allerdings erst Anfang 2021 gerechnet werden, teilte das BAF mit.
„Endlich faktenbasierte Korrekturen möglich“
Die Nutzung dieser neuen Bewertungsmethode hat der Bundesverband Windenergie (BWE) begrüßt. „Dank der Methoden aus dem WERAN plus-Projekt kann die systematische Überbewertung möglicher Störungen und daraus folgender Abstände endlich faktenbasiert korrigiert werden. So ist ein Ausgleich zwischen den berechtigten Belangen der Flugsicherung und dem Ausbau der Windenergie möglich“, so Wolfram Axthelm, Geschäftsführer des BWE.
Eine Branchenumfrage hatte 2019 gezeigt, dass mehr als 1.000 Windenergieanlagen mit 4.800 MW Leistung derzeit nicht realisiert werden, weil ihnen der Einfluss auf Flugnavigationsanlagen entgegengehalten wird. Ein Teil dieser Projekte sollte jetzt realisiert werden können.
BWE: Wichtiger erster Schritt, um Blockaden vieler gut geeigneter Flächen zu beenden
„Das ist ein wichtiger erster Schritt, um die Blockade vieler gut geeigneter Flächen für die Windenergie zu beenden. Jetzt muss allerdings auch der zweite Schritt erfolgen: Deutschland leistet sich mit 15 Kilometern einen Prüfradius um die Drehfunkfeuer, der international einmalig ist. Der Radius muss mindestens auf den international üblichen Maßstab von zehn Kilometern herabgesetzt werden“, so Wolfram Axthelm.
Mit der Nutzung der WERAN plus-Methode wird Axthelm zufolge nur ein kleiner Teilaspekt der Aufgabenliste Wind an Land des BMWi erfüllt. Der BWE hofft, dass nun weitere Aufgaben abgearbeitet werden, um den Ausbau der Windenergie voranzutreiben.
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) sieht die gewünschten Fortschritte. Er erklärte: „Die Arbeiten am Arbeitsplan Wind gehen voran. Die Physikalisch Technische Bundesanstalt hat hervorragende wissenschaftliche Arbeit geleistet. Die verbesserten Modelle zeigen nun viel genauer, wo Windenergieanlagen Störungen in Funknavigationssystemen hervorrufen können und wo nicht. Die neue wissenschaftliche Berechnungsmethodik hilft den Genehmigungsbehörden vor Ort.“
BMWi stellt Änderung des Radius in Aussicht
Als einen echten Gewinn für den Ausbau der Windenergie, bezeichnete Andreas Scheuer (CSU), Bundesminister für Verkehr und Digitale Infrastruktur, die Ergebnisse aus dem WERAN-Projekt. „Die wissenschaftliche Überarbeitung der Berechnungsformel bildet die Grundlage, um die Auswirkungen von Windkraftanlagen auf Drehfunkfeuer besser zu verstehen. Auf dieser Grundlage werden wir weiter an der Vereinbarkeit von Windenergie und Funknavigationsanlagen arbeiten“, so Scheuer.
Aufgrund der aktuellen Herausforderungen bei Genehmigungen von Windenergieanlagen haben sich das Bundeswirtschafts- und das Bundesverkehrsministerium auf weitere Maßnahmen verständigt, heißt es aus dem BMWi. So soll nach ausreichender Bestätigung der neuen Prüfmethodik eine Änderung des Radius von Prüfbereichen vorgenommen werden.