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Emissionsbilanz 2020: „Ohne Corona-Krise hätte die Bundesregierung ihre selbstgesteckten Ziele krachend verfehlt“

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In Deutschland wurden im Jahr 2020 rund 739 Mio. Tonnen Treibhausgase freigesetzt – das sind rund 70 Mio. Tonnen oder 8,7 Prozent weniger als 2019. Das geht aus den Emissionsdaten des Umweltbundesamtes (UBA) hervor, die erstmals nach den Vorgaben des Bundesklimaschutzgesetzes vorgelegt wurden. „Die Minderung im Jahr 2020 ist der größte jährliche Rückgang seit dem Jahr der deutschen Einheit 1990“, teilten UBA und Bundesumweltministerium mit.

Die verfügbaren Daten zeigten aber auch, dass „gut ein Drittel der Minderungen“ auf die Folgen der Bekämpfung der Corona-Pandemie zurückzuführen sei, vor allem im Verkehrs- und Energiebereich. Entsprechend zurückhaltend ist die Reaktion der Deutschen Unternehmensinitiative Energieeffizienz (Deneff): „Ohne die Auswirkungen der Corona-Krise hätte die Bundesregierung ihre selbstgesteckten Ziele krachend verfehlt“, kommentierte Christian Noll, geschäftsführender Vorstand der Deneff.

Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) hat eine etwas andere Lesart. „Natürlich machen sich in diesem besonderen Jahr auch Pandemie-Effekte bemerkbar, besonders im Verkehrssektor. Aber mir ist wichtig, dass sich auch strukturelle Veränderungen zeigen beim Umbau unserer Volkswirtschaft in Richtung Klimaneutralität“, sagte die Ministerin.

Wie Klimapolitik wirke, sehe man vor allem im Energiesektor, wo der Kohleausstieg „gut vorankommt“, sagte Schulze. Ein „Grund zum Ausruhen“ sei die Bilanz indes nicht. „Das höhere EU-Klimaziel wird auch Deutschland mehr abverlangen. Darum sollte die Bundesregierung jetzt schon das geplante Ausbautempo für Wind- und Sonnenstrom in diesem Jahrzehnt verdoppeln.“ Auch im Gebäudesektor würden rasch weitere Maßnahmen zu prüfen sein. Dafür sorge das neue Klimaschutzgesetz mit seinen verbindlichen Zielen für jeden einzelnen Sektor, „die jetzt zum ersten Mal Wirkung entfalten.“

„Wir sehen, klimapolitische Instrumente beginnen zu wirken, insbesondere der Ausbau erneuerbarer Energien und die CO2-Bepreisung“, meint UBA-Präsident Dirk Messner. Ohne die Corona-Lockdowns mit den Einschränkungen bei Produktion und Mobilität hätte Deutschland sein Klimaziel für 2020 aber verfehlt. „Das bedeutet, dass die Emissionen wieder steigen werden, wenn die Wirtschaft anspringt. Das gilt besonders für den Verkehrssektor, der sich nicht auf den vergleichsweise guten Zahlen ausruhen kann.“

Es sei klar, dass nur ambitionierter Klimaschutz und auf beschleunigte Dekarbonisierung orientierter Strukturwandel in den zentralen Wirtschaftssektoren dazu führen könne, die Klimaziele der Bundesregierung zu erreichen. So müssten zukünftig deutlich mehr Windenergieanlagen installiert und die Zahl der Verbrennerautos „massiv reduziert“ werden, so Messner weiter.

Die umweltpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Marie-Luise Dött, sieht ebenfalls insbesondere im Verkehrsbereich Handlungsbedarf. Es seien zwar große Mengen CO2 eingespart worden, „doch sind diese Einsparungen durch ein Anwachsen des KfZ-Bestands und der Verkehrsleistung kompensiert worden“. Um in diesem Bereich zügig Treibhausgasemissionen zu reduzieren, bedürfe es einer ambitionierten Umsetzung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie in Deutschland. „Insbesondere Biokraftstoffe und Wasserstoff auf Basis von Rest- und Abfallstoffen können kurzfristig für mehr CO2-Reduktionen im KfZ-Bestand sorgen.“ Hier hätten nun die Parlamentarier das Heft in der Hand. „Die Union wird sich im Sinne der Technologieoffenheit für noch mehr Klimaschutz einsetzen. Dem kann sich eigentlich auch unser Koalitionspartner nicht verwehren“, sagte Dött.

„Innovative und wirtschaftliche Energieeffizienzlösungen stehen längst in den Startlöchern“

Deneff-Vorstand Noll sieht nicht nur im Verkehrsbereich Nachbesserungsbedarf. „Deutschland ist weiterhin nicht auf Kurs, die Klimaziele für 2030 zu erreichen.“ Dass im Gebäudebereich die 2020-Ziele verfehlt wurden, sei nicht verwunderlich, „da die Menschen im letzten Jahr mehr Zeit in größtenteils unsanierten Gebäuden verbracht haben“. Im Industriesektor seien die Ziele vor allem am durch krisenbedingt gesunkene Energienachfrage erreicht worden. „Die Bundesregierung muss mit dem Sofortprogramm den Rahmen dafür schaffen, schnell die Gebäude mit den höchsten Verbräuchen zu modernisieren“, mahnt Noll. Darüber hinaus müsse die Bundesregierung konsequent Klimaschutz und konjunkturelle Wiederbelebung verbinden. Nur so könne man die Klimaziele 2030 erreichen und unsere Wirtschaft klimafreundlich umbauen. „Innovative und wirtschaftliche Energieeffizienzlösungen dafür stehen längst in den Startlöchern.“

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