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Energiespeicher für die Energiewende: 7 Dinge, die Sie wissen sollten

Energiespeicher sind eine Schlüsseltechnologie auch und gerade, wenn es um die Sektorkopplung geht. Der Begriff umfasst gleichwohl eine große Vielfalt sehr unterschiedlicher Technologien mit abweichenden Vor- und Nachteilen. Nachstehend haben wir sieben Aspekte zur Rolle der Energiespeicher für die Energiewende zusammengestellt. (Bildquelle: XtravaganT / stock.adobe.com)

Energiespeicher gibt es in den unterschiedlichsten Formen und sie sind vielfältig einsetzbar

Das Spektrum von Energiespeichern ist breit gefächert und reicht vom kleinen Akku fürs Handy bis zum Pumpspeicherkraftwerk. Und nicht jede Technologie eignet sich für jede Aufgabe, die sich im Zuge der Energiewende ergibt, wenn Energieangebot und -nachfrage zeitlich auseinanderfallen.

Der Einsatz von Pumpspeicherkraftwerken für die Verkehrswende macht wenig Sinn, Batteriespeicher eignen sich nur sehr beschränkt für Aufgaben der längerfristigen Speicherung großer Mengen an Energie, um nur zwei Beispiele zu nennen.

Energiespeicher als „multifunktionales Schweizer Messer“

Gleichwohl können Energiespeicher teils allein, teils im Verbund sehr komplexe Aufgaben lösen und Dienstleistungen bereitstellen und ein zentrales Element der Energiewende werden. Der Bundesverband Energiespeicher (BVES) nutzt in diesem Zusammenhang das Bild vom „multifunktionalen Schweizer Messers„. Und gerade diese Vielfältigkeit ist es, die Speicherbetreiber immer häufiger an die Grenzen des gegenwärtigen regulatorischen Rahmens stoßen lässt.

Die rechtlichen Rahmenbedingungen passen nicht zur dynamischen Entwicklung der Energiespeicher

Die Speicherbranche fordert die Verankerung von Speichern als vierte Säule im Energiesystem neben Erzeugung, Transport und Verbrauch. „Speicher sind weder das eine noch das andere und auf alle Fälle kein Letztverbraucher“, sagt BVES-Bundesgeschäftsführer Urban Windelen. Jede Einordnung in die tradierten Säulen beschränke die Einsatzmöglichkeiten eines Speichers.

Versuch, Speicher in Schubladen zu quetschen

„Momentan wird noch versucht, Speicher in Schubladen zu quetschen, die nicht passen und auf einem Energiesystem beruhen, das es heute nicht mehr gibt“, so Windelen im EUWID-Gespräch. Ähnlich sieht das der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW-Solar): „In Zukunft müssen Speicher an allen Energiemärkten teilnehmen dürfen, auch gleichzeitig, wenn keine zwingenden technischen Gründe dagegen sprechen.“

Bettina Hennig von der Anwaltskanzlei von Bredow Valentin Herz zeigte auf der IRES-Konferenz in Düsseldorf am Beispiel von Mieterstromkonzepten, wie problematisch Multi-Use-Projekte im gegenwärtigen regulativen Umfeld sind.

Was passiert, wenn der Grünstrom grau gewaschen wird…?

So gibt es im Rahmen des Mieterstromgesetzes einen Zuschuss für Photovoltaikstrom, der an die Mieter geliefert wird. In Verbindung mit einem Speicher kann es aber Probleme geben, wenn der Speicher als Schwarmspeicher ggf. Strom aus dem Netz aufnimmt. In dem Fall werde der gesamte Strom im Speicher „grau gewaschen“ und verliert seine ursprüngliche „grüne“ Eigenschaft. Rechtlich seien die entstehenden Fragestellungen meist lösbar, in der Regel seien die Lösungen komplexe Konstrukte, deren Praktikabilität in Frage stehe.

Die Kosten der Energiespeicher sind in den vergangenen Jahren massiv gesunken

Gerade im Bereich der Batterietechnologien sind in den vergangenen Jahren massive Preissenkungen registriert worden. Nach Analysen von Bloomberg New Energy Finance (BNEF) sind vor allem dank einer steigenden Produktion von Elektrofahrzeugen Preise für Lithium-Ionen-Batterien, die heute eindeutig dominierende Speichertechnologie im Batteriebereich, massiv zurückgegangen.

Mussten für Lithium-Ionen-Batteriepacks im Jahr 2010 pro kWh Kapazität noch 1.000 US-Dollar zu zahlen, sind es 2017 nur noch 209 gewesen. Bis 2025 rechnen die Marktforscher mit Preisen unter 100 US-Dollar.

Post-EEG-Phase als weiterer Impuls für Heimspeicherbranche

Impulse für die Marktentwicklung kommen neben dem Elektromobilitätsbereich auch aus den Segmenten Heimspeicher und Netzstabilisierung. Im Heimspeicherbereich führen hohe Strompreise für Haushaltskunden in Verbindung mit sinkenden Speicherkosten dazu, dass sich der Eigenverbrauch von selbst erzeugten Strom aus erneuerbaren Energien immer mehr lohnt. Als zusätzlicher Treiber dürfte hier in den kommenden Jahren mit Blick auf den deutschen Markt das Herausfallen von vielen PV-Anlagen aus der EEG-Förderung wirken.

Hinsichtlich der Aufgaben der Netzstabilisierung im Zuge der Energiewende führt ein wachsender Anteil von fluktuierend erzeugenden Generatoren in den Bereichen Wind und Solar zu einem erhöhten Ausgleichsbedarf auf Netzebene. Nach BVES-Angaben sind zusätzlich zu den bestehenden Pumpspeicherkraftwerken bereits Großbatterien am Regelmarkt mit einer installierten Leistung von 185 MW am Netz. Das Problem einer langfristigen Speicherung ist damit aber nicht gelöst.

Fortschritte bei der Batterietechnologie werden stetig, aber nicht sprunghaft erfolgen.

Die Fortschritte der Batterietechnologien – insbesondere der Lithium-Ionen-Technologie – werden sich nicht sprunghaft vollziehen. „Die Fortentwicklung ist bestimmt durch eine kontinuierliche Verbesserung der Chemie, Fertigungstechnologie und den Aufbau“, sagte TerraE-Chef Holger Gritzka im EUWID-Interview.

Auch Prof. Dirk Uwe Sauer von der RWTH Aachen verwies auf der IRES-Tagung auf physikalische und chemische Grenzen bei der Weiterentwicklung, die Entwicklungssprüngen entgegen stehen. So benötige jedes Elektron ein Atom oder Molekül, das es aufnimmt. Und es gibt Grenzen dafür, wie viele Elektronen ein Atom aufnehmen kann.

Vielfältige Einflussgrößen auf Zellchemie und -architektur

Es gibt allerdings eine Vielzahl von Einflussgrößen, mit denen Verbesserungen in Zellchemie und -architektur erreicht werden können. Insofern sind weitere Fortschritte bei den erreichten Energiedichten realistisch. Auch ermöglicht eine veränderte Struktur der Batterien, bestimmte Rohstoffengpässe, wie etwa bei der Verwendung von Kobalt, zu umschiffen.

Mit der heutigen Speicher-Infrastruktur ist das Problem einer saisonalen Speicherung nicht gelöst

So dynamisch die Speichermärkte sich entwickelt haben, das Problem der Langfristspeicherung von Strom ist aus heutiger Sicht nicht gelöst.

Sollten längere Phasen einer „Dunkelflaute“ entstehen, dann wäre die Energieversorgung in einem hypothetischen autarken Energiesystem Deutschlands auf der Grundlage der Speicher nicht lange aufrecht zu erhalten. Wobei die Risiken von Dunkelflauten in einem europäischen Stromverbund deutlich geringer sind, wie eine Analyse des Deutschen Wetterdiensts jüngst gezeigt hat.

Power-to-Gas als Langfristspeicher?

Ein möglicher Ansatzpunkt für eine Langzeitspeicherung böte die Power-to-Gas-Technologie. Sie erlaubt es, Strom in Wasserstoff und in einem weiteren Prozessschritt in Methan umzuwandeln und im Erdgasnetz zu speichern. Das Gas könnte dann zu einem späteren Zeitpunkt – während der Dunkelflaute – rückverstromt werden.

Nachteil der Vorgehensweise sind die hohen Wirkungsgradverluste bei den verschiedenen Umwandlungsschritten, so dass nur ein Bruchteil der Primärenergie später nutzbar gemacht werden kann. Zuletzt gab es immerhin deutliche Wirkungsgradfortschritte.

Power-to-Gas für „Überschussstrom“?

Die Wirtschaftlichkeit wird weiter erschwert, sollten entsprechende PtG-Anlagen nur mit „Überschussstrom“ betrieben werden, da sie dann nicht die erforderlichen Betriebsstunden erreichen, um ökonomisch arbeiten zu können. Konzerne wie Siemens arbeiten bereits an PtG-Großanlagen für den Einsatz in klimatisch besonders geeigneten Regionen wie Nordafrika. Der Idee einer dezentralen Energiewende würden solche Modelle aber kaum gerecht werden.

Mit der Sektorkopplung könnten auch andere Schnittstellen entstehen, die sich auf den Strombedarf und die Systemstabilität auswirken könnten. Und eine wichtige Rolle könnten dabei auch Wärmespeicher spielen.

Wärmespeicher können eine wichtige Rolle bei der Energiewende spielen

Im Moment stehen elektrische Speicher im Fokus der Diskussion über Energiespeicher. Das hat seine Gründe nicht zuletzt darin, dass mit der Elektromobilität und dem Heimspeichersegment zwei Technologien mit großer Breitenwirkung eine hochdynamische Entwicklung nehmen. Gerade für die Speicherung großer Energiemengen könnten aber insbesondere Wärmespeicher ihre Vorteile ausspielen.

„Wenn Sie billig thermische Energie speichern wollen, machen Sie den Speicher so groß wie möglich“, sagte jüngst Wolfgang Kramer vom Fraunhofer ISE auf der Speicherkonferenz IRES in Düsseldorf. In Dänemark etwa wird erneuerbare Wärme wie beim Projekt Marstal Fjernvarme in Wärmenetzen genutzt und in thermischen Großspeichern mit einem Volumen von mehreren zehntausend Kubikmetern zwischengespeichert.

Überschussstrom in großen Wärmespeichern puffern

Mit Blick auf die Sektorkopplung könnten große Wärmespeicher in Fernwärmenetzen auch verwendet werden, um – über Power-to-Heat-Aggregate angesteuert – im Falle von temporären Stromspitzen „Überschussstrom“ aufzunehmen und im Wärmesektor zu nutzen. Die Nutzung von Wärmepumpen bietet dabei einen großen Hebel, um mit gegebenem Stromeinsatz ein Vielfaches der für die Pumpe verwendeten Energie nutzbar zu machen und zu speichern.

Die Perspektiven der Speicherbranche sind positiv

Der BVES hat zur ESE in Düsseldorf erstmals Zahlen zur Entwicklung der Energiespeicherbranche vorgestellt. Sie zeigen ein Marktvolumen, das im Jahr 2018 bereits die Marke von 5 Mrd. € übersteigen wird. Auch als Arbeitgeber wird die Speicherbranche wichtiger.

Für 2018 rechnet die Branche mit einem Anstieg der Beschäftigtenzahlen um mehr als 9 Prozent auf über 12.000 Personen. „Mit diesen Zahlen ist die Energiespeicherbranche bereits halb so groß wie etwa die deutsche Braunkohleindustrie“, betont der BVES.