Der Entwurf für das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), der sich gegenwärtig in der Verbändeanhörung befindet, bleibt deutlich hinter den europäischen Vorgaben zurück. Zu diesem Ergebnis kommt der Bundesverband Energie Speicher Systeme (BVES) nach einer rechtlichen Bewertung durch seine AG Recht und Regulierung. „Mit Ablauf der Umsetzungsfrist für die Elektrizitätsbinnenmarkt-Richtlinie am 1. Januar 2021 und der Erneuerbare Energien Richtlinie am 1. Juli 2021 steht das deutsche Recht im Widerspruch zu den europäischen Vorgaben“, heißt es in einem Papier des Verbands, das EUWID vorliegt.

Die europäischen Regelungen sind Ergebnis des „Winterpakets“ der EU aus dem Jahr 2018. Der BVES hatte das entsprechende Clean Energy Package eng mitverfolgt und frühzeitig analysiert, welcher konkrete Umsetzungsbedarf sich für Deutschland ergibt. Bei der Analyse des jetzt vorliegenden Referentenentwurf des EEG 2021 sei man zu dem Ergebnis gekommen, dass dieser in einer Vielzahl von Punkten, die für Prosumer, Eigenversorger und Bürger sowie für den Einsatz von Speichern von hoher Bedeutung sind, nicht mit der EE-Richtlinie und der Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie vereinbar sei.

Dies betreffe verschieden konkrete Regelungen, aber auch die im Clean Energy Package hinterlegte Grundidee eines Kunden-zentrierten Energiesystems, die im EEG nicht aufgegriffen werde. Aus Sicht des BVES sind es zehn Punkte aus dem Clean Energy Package, die im Referenten-Entwurf nicht umgesetzt sind und daher „dringend im Gesetzgebungsverfahren nachgebessert“ werden müssten:

  1. Keine Doppelbelastung von gespeichertem Strom mit der EEG-Umlage. „Der § 61l EEG muss reformiert werden, damit er auch für Haushaltskunden funktioniert“, hält der BVES fest. Ansonsten bestehe ein Konflikt mit dem Verbot der Doppelbelastung bei aktiven Kunden gemäß Art. 15 Abs. 5 lit. b EBM-RL.
  2. Keine Belastung des Eigenverbrauchs mit der EEG-Umlage für Neu- und Bestandsanlagen. Ansonsten bestehe zumindest für Anlagen bis 30 kW ein Konflikt mit Art. 21 Abs. 2 lit. a) lit. ii) RED II.
  3. Vereinfachungen bei den bürokratischen Vorgaben für Prosumer, insbesondere ein Recht auf elektronische Kommunikation mit dem Netzbetreiber. „Ansonsten besteht ein Konflikt mit dem Recht auf einfachen Datenzugang, Art. 23 Abs. 1 und Abs. 2 EBM-RL, und dem Recht auf nur verhältnismäßige administrative Verfahren, Art. 15 Abs. 1 EBM-RL.“
  4. Keine Fernsteuerungs-Hardware beim Kunden, die der Netzbetreiber nicht unbedingt braucht. Hier bestehe andernfalls ein Konflikt mit dem Recht auf nur verhältnismäßige technische Anforderungen, Art. 15 Abs. 1 EBM-RL.
  5. Ein günstiger Zugang des Kunden zu seinen Grünstromzertifikaten. Laut BVES entsteht hier sonst ein Konflikt zum Recht des Kunden, seine Überschüsse mittels Verträgen über den Bezug mit erneuerbarer Energie (PPAs) zu verkaufen (Art. 21 Abs. 2 lit. a) RED II).
  6. Ein Recht auf Multi-Use, dass heißt eine Modifikation des Ausschließlichkeitsprinzips für Speicher. „Gespeicherter grüner Strom muss grün bleiben dürfen, auch wenn der Speicher Systemdienstleistungen erbringt“, betont der Verband. Ansonsten besteht ein Konflikt zum Recht, seine Überschüsse mittels Verträgen über den Bezug mit erneuerbarer Energie (PPAs) zu verkaufen und dem Recht mehrere Dienstleistungen mit einem Speicher zu erbringen, einschlägig geregelt in Art. 15 Abs. 5 lit. d) EBM-RL.
  7. Ein Intelligentes Messsystem solle nur dann eingesetzt werden, wenn die Kosten die zu erwartenden Einnahmen nicht wieder aufzehren. Solange günstige Intelligente Messsysteme noch nicht verfügbar seien, sollten Jahreszähler und vereinfachte Verfahren verwendet werden. „Ansonsten besteht ein Konflikt zum Recht auf angemessene und kosteneffiziente Bedingungen bei der Installation eines Intelligenten Messsystems gemäß Art. 21 Abs. 1 EBM-RL.“
  8. Bei den neuen Auktionen für Dachanlagen größer 100 kW sollten auch Eigenverbrauchskonstellationen und Speicher entgegen § 27a EEG zugelassen werden. Andernfalls bestehe bei der Regelung ein Konflikt mit dem Recht von Eigenversorgern auf Gleichbehandlung mit Volleinspeisern beim Zugang zu Förderregelungen gemäß Art. 21 Abs. 6 lit. e) RED II.
  9. Der gemeinschaftliche Eigenverbrauch muss gemäß der EU-Richtlinie RED II umgesetzt werden. Hier entsteht ansonsten ein Konflikt zum Recht auf gemeinschaftlichen Eigenverbrauch gemäß Art. 21 Abs. 4 RED II.
  10. Auch Solaranlagen mit Speicher bis jeweils 10,8 kW sollte der Netzzugang binnen Monatsfrist offenstehen. „Ansonsten besteht ein Konflikt zum Recht auf schnellen Netzzugang gemäß Art. 15 Abs. 5 lit. a)“, heißt es beim BVES.

Der Energiespeicherverband fordert entsprechende Korrekturen am EEG-Entwurf und zeigt sich verärgert über die Vorlage aus dem Bundeswirtschaftsministerium. „Bei der Analyse in unseren Fachgruppen hat uns dann doch die Chuzpe des Ministeriums überrascht, gerade in Zeiten der EU-Ratspräsidentschaft Deutschlands ein Gesetz vorzulegen, das die EU-Vorgaben insbesondere für Energiespeicher so offensichtlich ignoriert“, sagt BVES-Bundesgeschäftsführer Urban Windelen.

Die Verbände haben noch bis Donnerstagnachmittag Zeit, Stellung zum EEG-Entwurf zu nehmen. Der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) hatte – nicht zum ersten Mal – Kritik an den kurzen Fristen zur Stellungnahme geübt. „Wir haben die Sorge, dass aufgrund des engen Zeitplans unsere Positionierung kaum noch fachlich eingeordnet und bewertet werden kann. Dabei ist längst klar, dass noch einige Anpassungen vorgenommen werden“, sagte BEE-Präsidentin Simone Peter. (Nachweis für Beitragsbild: EUWID)

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