Viele Jahre lang ist die Energiewende in Deutschland nicht schnell genug vorangebracht worden. In der Konsequenz kommt der Ausbau der erneuerbaren Energien auch heute nicht richtig in Schwung, obwohl die Ampel-Regierung bereits an vielen Stellschrauben gedreht hat. Die Korrekturen an den Rahmenbedingungen gehen dem ein oder anderen Akteur in Politik und Wirtschaft inzwischen sogar zu schnell. Die sorgfältige gesellschaftliche Debatte über die konkrete Ausgestaltung der Transformation bleibt angesichts der Handlungsnot in Teilen auf der Strecke. (Nachweis für Beitragsbild: Felix Busse Phtgrphy / stock.adobe.com)

In Ausgabe 10.2023 von ContextCrew Neue Energie finden sich zwei Belege für diese Beobachtung. Der (erste) Entwurf für das Gebäudeenergiegesetz stellt die Weichen in Richtung eines sehr schnellen Wechsels der Heizungstechnologien – insbesondere in Richtung Wärmepumpen. Die Gaswirtschaft und die Gasnetzbetreiber fordern hier mehr Zeit ein, um eine Transformation in Richtung grüner Gase erreichen zu können. 

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Zu schnell ging es insbesondere der Opposition im Bundestag auch bei der Umsetzung der EU-Notfallverordnung in deutsches Recht. Hier war es aber auch ein Versäumnis der Bundesregierung, wie Wirtschaftsminister Robert Habeck einräumte. Die Erarbeitung des Gesetzes hätte schneller gehen können, sagte Habeck im Bundestag. „Das war nicht gut, was da passiert ist.“

Das hohe Tempo selbst ist in der gegenwärtig Situation indes zwingend erforderlich. Die Umsetzung der Notfallverordnung etwa erhöht den Druck auf die Behörden in den Ländern. „Wer jetzt nicht genehmigt, der verpennt die Situation“, sagt Habeck. Die Wirkung der fehlenden Genehmigungen ist offenkundig: In den Ausschreibungen der Bundesnetzagentur kommt es zur Unterzeichnung und in der Konsequenz bleibt der Zubau gerade im Bereich der Windenergie weit hinter dem Notwendigen.

Dennoch: Bei allem Tempo der legislativen Anpassungen dürfen Sorgfalt und Verlässlichkeit der Politik nicht leiden. Diese vermisst nicht zuletzt die Bioenergiebranche. Werden die Weichen zu häufig umgestellt, droht ein Auf und Ab an den Märkten, das eine strategische Ausrichtung erheblich erschwert.

Unter dem Strich bleibt aber die Feststellung, dass zu wenig Tempo in der Korrektur der Rahmenbedingungen die deutlich größeren Gefahren birgt. Und der Mangel an Gestaltungstempo erzeugt inzwischen ebenfalls ein hohes Maß an Reibung im System, wie der Widerstand vieler Aktivisten deutlich macht. Politik muss angesichts der Klimakatastrophe der Gestaltung den Vorrang geben, auch wenn dabei Fehler nicht vermeidbar sind. Der größte Fehler ist die Untätigkeit.

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