Erneuerbaren-Branche und Stahlindustrie haben die Bundesregierung gemeinsam aufgerufen, einen „Transformationsgipfel“ einzuberufen. „Dies ist dringend nötig, um die Lage nach dem Karlsruher Urteil zu analysieren, zu ordnen und neu zu gestalten“, heißt es in einer gemeinsamen Mitteilung von Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) und Wirtschaftsvereinigung Stahl. Des Weiteren müsse der Bund-Länder Pakt für Planungs- und Genehmigungsbeschleunigung zeitnah umgesetzt werden.
Das BVerfG-Urteil stellt die Verfassungswidrigkeit der Übertragung von 60 Mrd. € in den Klima- und Transformationsfonds (KTF) fest und hat Konsequenzen auch auf andere Finanzierungsinstrumente, für den Bundeshaushalt 2023/2024 und vor allem für die zukünftigen Rahmenbedingungen von Transformationsinvestitionen. Aus Sicht der beiden Verbände ist dadurch insgesamt die Finanzierung der grünen Transformation des Industriestandortes massiv gefährdet. Lösungen dürften sich nicht nur an haushaltspolitischen Erwägungen ausrichten, sondern müssten vor allem konjunktur- und standortpolitisch gedacht werden.
„Wenn die Politik jetzt keine klare Antwort findet, wie die Transformation der Industrie verlässlich finanziert werden kann, droht ein Stillstand bei Investitionen und bei zentralen Projekten der Transformation mit weitreichenden Folgen für die Klimaschutzziele, die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes und für Beschäftigung“, sagt Bernhard Osburg, Präsident der Wirtschaftsvereinigung Stahl. Klarheit werde vor allem bei folgenden Fragen benötigt:
⮚ Wie geht es weiter mit den europäischen IPCEI-Förderungen? Nur sechs von 45 Vorhaben wurden bislang bewilligt. Bei 25 Projekten wurde der vorzeitige Maßnahmenbeginn genehmigt und mit Investitionen begonnen im Vertrauen darauf, dass die Förderung dann auch bewilligt und über die nationalen Haushalte ausgezahlt wird.
⮚ Was bedeutet das für die Strompreise? „Am Ziel wettbewerbsfähiger Strompreise muss festgehalten werden.“
⮚ Wie geht es weiter bei den Klimaschutzverträgen?
⮚ Wie geht es weiter beim Wasserstoffhochlauf und den dafür erforderlichen Infrastrukturen?
⮚ Wie geht es weiter bei Investitionshilfen für die Transformation, die Hebel für private Investitionen sind?
Ohne die Transformation der Grundstoffindustrie könnten die schon für 2030 gesteckten Klimaziele nicht erreicht werden, ohne Transformation seien Wohlstand und Resilienz nicht zu gewährleisten. „Unsere Unternehmen gehen mit Tatkraft und hohem Risiko in die Transformation. Dazu brauchen wir jetzt Planungssicherheit und klare Zukunftsperspektiven“, so Osburg weiter.
„Erneuerbare Energien sind der Schlüssel für die Sicherung des Produktionsstandorts Deutschland“
Erneuerbare Energien trügen auch dem früheren Urteil des Bundesverfassungsgerichts Rechnung, dass die Bundesregierung zur Erreichung des Klimaneutralitätsziels verpflichtet ist, betont BEE-Präsidentin Simone Peter. „Erneuerbare Energien sind der Schlüssel für die Sicherung des Produktionsstandorts Deutschland, weshalb Bürokratieabbau bei Planung und Genehmigung weiter voranzutreiben ist.“ Investoren für die Erneuerbaren ständen über alle Branchen bis hin zu Speichern und Grünem Wasserstoff bereit. „Jetzt braucht es Klarheit über das Tempo des Ausbaus, die Leitplanken eines neuen Strommarkts, aber auch über die Stärkung der europäischen Wertschöpfung. Resilienz und Klimaneutralität sind die Leitplanken für eine nachhaltige Industriestrategie.“
Der Transformationsgipfel müsse noch in diesem Jahr eingerichtet werden und eine eine Transformationskommission einberufen, die mit der zeitnahen Erarbeitung konkreter Lösungen beauftragt werde. „Im neuen Jahr muss zudem der von Bund und Ländern vereinbarte Pakt zum beschleunigten Abbau von regulatorischen Hürden und Hemmnissen in die Umsetzung gebracht und vor Ostern ein Genehmigungsturbo gezündet werden, damit Genehmigungen vereinfacht, Verfahren beschleunigt und Bürokratie abgebaut werden kann“, so die Verbände weiter.
Zu den Topthemen der Ausgabe 47.2023 von ContextCrew Neue Energie:
Karlsruher Schatten über Berlin: Viele offene Fragen zur Finanzierung der Energiewende