Batteriespeicher spielen eine zunehmend wichtige Rolle, um wetterbedingte Schwankungen in der Einspeisung von Wind- und PV-Strom auszugleichen. Vor allem Großbatteriespeicher haben das Potenzial, einen wichtigen Beitrag zur Stabilisierung des Energiesystems zu leisten, so das Ergebnis der heute veröffentlichten Tennet-Studie „Quo Vadis, Großbatteriespeicher?“. Voraussetzung dafür ist, dass ein geeigneter Standort gewählt wird und die Betriebsweise der Batteriespeicher systemdienlich ausgelegt ist.
„Wir sehen Batteriespeicher als eine zentrale Technologie im künftigen Energiesystem“, sagt Tim Meyerjürgens, COO von Tennet. „Sie können einen wichtigen Beitrag zur Stabilisierung der Stromnetze leisten – allerdings nur, wenn sie so verortet und betrieben werden, dass sie dem Netz dienen. Dafür braucht es dringend einen verbindlichen regulatorischen Rahmen.“ Wenn der entsprechende Rahmen richtig gesetzt werde, könne das Potential der Batteriespeicher genutzt werden, um teure Netzeingriffe zu minimieren, die Systemsicherheit bei hohem Erneuerbaren-Anteil zu stärken und den Netzausbau passgenau zu dimensionieren. „Mit unseren Erkenntnissen wollen wir einen Beitrag leisten, um den schnellen und gleichzeitig systemdienlichen Aufbau von Speicherkapazitäten in Deutschland voranzutreiben.“
Kernerkenntnisse zur regionalen Verortung und Betriebsweise
Damit Großbatteriespeicher einen wirkungsvollen Beitrag zur Stabilisierung des Energiesystems leisten können, komme der Wahl des Standorts eine große Bedeutung zu. Zentrale Parameter sind die regionale Häufung von Batteriespeichern, der aktuelle Stand des Netzausbaus in der jeweiligen Region und die Nähe zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien. Wichtig sei zudem, dass regulatorische Anreize gesetzt werden, damit Batteriespeicher netzdienlich betrieben werden. „Die bisherige Ausrichtung an Marktsignalen – Laden bei niedrigen Strommarkt-Preisen, Entladen bei hohen Preisen – kann hingegen Netzengpässe verschärfen.“
Marktlich eingesetzte Großbatteriespeicher adressierten im heutigen Marktdesign eher die täglichen Fluktuationen getrieben von Photovoltaik. „Die Windstromerzeugung ist in ihrer Ausprägung noch weniger relevant.“ In einem zunehmend erneuerbaren System steige auch die Wirkung der Windstromproduktion auf die Marktpreise, was die Ergebnisse „grundsätzlich beeinflusst“.
Für das TenneT-Netzgebiet zeige sich, dass die Ansiedlung von Großbatteriespeichern kurzfristig (bis 2027) vor allem in Bayern, Hessen (außer Frankfurt) und im südlichen Teil Niedersachsens zur Stabilisierung des Energiesystems beitragen könne. Diese Regionen böten aufgrund der Nähe zur Solarstromerzeugung großes Potenzial, „zumal hier bisher weniger Anfragen für Batteriespeicher vorliegen als im Norden“.
Im Norden könnte ein Großspeicherausbau aktuell Netzengpässe verschärfen
In Schleswig-Holstein und Niedersachsen könnte ein weiter beschleunigter Aufwuchs hingegen Netzengpässe zusätzlich verschärfen – zumindest solange sie sich ausschließlich an Signalen aus dem Markt orientieren und nicht netzdienlich betrieben werden. „Über alle Zeiträume hinweg zeigt sich, dass es über die aktuell gesicherten Anfragen hinaus kaum ein Potenzial für weitere Speicher in Schleswig-Holstein und dem nordwestlichen Niedersachsen mehr gibt“, heißt es in der Studie. „Insbesondere bei Standorten in diesen Gebieten führt der aktuelle Einsatz zu einer Verschärfung der Nord-Süd-Engpässe und Abregelungen von Windenergie.“
Mit fortschreitendem Netzausbau „ab etwa 2032“ und einer immer stärkeren Durchdringung des Energiesystems mit erneuerbaren Energien öffne sich das Feld für den systemdienlichen Einsatz von Batteriespeichern in Richtung Norden. „Langfristig ist eine möglichst gleichmäßige Verteilung von Batteriespeichern im Tennet-Netzgebiet sinnvoll, um das Potential zur Stabilisierung des Energiesystems voll auszuschöpfen“, heißt es weiter.
Batterien sollten möglichst gleichmäßig über das gesamte Netzgebiet verteilt werden
Ein Regelleistungsbedarf bestehe hauptsächlich in Niedersachsen und der Blindleistungsbedarf in Hessen, heißt es in der Studie weiter. Da Batterien grundsätzlich beide Systemdienstleistungen erbringen können, verfestigten sich die favorisierten Regionen. Zusammenfassend lasse sich feststellen, dass Batterien möglichst gleichmäßig über das gesamte Netzgebiet verteilt werden sollten mit einer Präferenz für solarreiche Bundesländer. Kurz- bis mittelfristig sollte auch Bayern und Hessen in Planungen berücksichtigt werden, „da nicht alle Batterien im Norden angeschlossen werden können“.
Die durchgeführten Untersuchungen stützen sich maßgeblich auf Jahressimulationen und eine übergeordnete Energiesystembewertung mit Hilfe von Lastfluss- und Redispatchanalysen. Das Thema Netzdynamik stelle darüber hinaus einen wichtigen Aspekt für die Sicherstellung eines ausfallsicheren Systembetriebs dar. „Hier sind detaillierte Prüfungen im Rahmen von Netzanschlussanfragen erforderlich“, betont Tennet. Auch weiterführende Analysen im Rahmen der Systemstabilitätsberichte der Übertragungsnetzbetreiber stellten hier weitere Informationen bereit.
Insbesondere das Potenzial zum netzbildenden Verhalten von Großbatteriespeicher müsse zukünftig einen Beitrag in einem sich schnell wandelnden Energiesystem leisten. „Dies verbessert die Frequenzstabilität und die transiente Winkel- und Spannungsstabilität (beugt z. B. Synchronitätsverlust vor) und trägt hiermit zur Sicherstellung des Systembetriebs bei.“
Anschlussanfragen für Großbatteriespeicher: „Tendenz stark steigend“
Der aktuelle Szenariorahmenentwurf für den Netzentwicklungsplan (NEP) 2037/2045 (2023) geht von einem Speicherpotential von bis zu 168 Gigawatt (GW) in 2045 aus. Davon entfallen bis zu 54,5 GW auf Großbatteriespeicher. Schon heute verzeichnet allein Tennet im Netzgebiet Anschlussanfragen für Batteriespeicher mit einer Leistung von 39 GW in 115 Projekten, „Tendenz stark steigend“. Das unterstreiche die Notwendigkeit, jetzt die richtigen Voraussetzungen zu schaffen, damit das Potential der Batteriespeicher zur Stabilisierung des Energiesystems optimal genutzt und mit einer effizienten Netzplanung vereinbart werden kann. Die Studie „Quo Vadis, Großbatteriespeicher?“ basiert auf Erkenntnissen aus dem TenneT-Netzgebiet.