Die Grünen nehmen in einem Antrag die Elektromobilitätspolitik der Bundesregierung unter Beschuss. „Anstatt die Elektromobilität auf die Überholspur zu bringen, untergräbt die Bundesregierung mit ihrer Politik deren Durchbruch“, heißt es in der Vorlage.
So werde Diesel jährlich mit rund acht Mrd. € steuerlich subventioniert. Auch beim Ausbau der Ladeinfrastruktur sehen die Abgeordneten der Grünen massive Defizite. Erforderlich sei ein „ganzheitlicher Ansatz“ bei der Stärkung der Elektromobilität.
Kritik an Umtauschprämien, „die vorrangig neue klimaschädliche Spritschlucker auf die Straßen bringen werden“
Um die Klimaschutzziele zu erreichen und industriepolitisch die richtigen Impulse zu setzen, müsse die Bundesregierung die Elektromobilität endlich aus der Nische holen, heißt es in dem Antrag. Zu beobachten sei aber etwas ganz anderes. So vereitle die Bundesregierung auf europäischer Ebene ambitionierte CO2-Einsparziele für Neuwagen und verhindere damit Anreize für die Automobilhersteller, mehr Elektrofahrzeuge auf die Straße zu bringen. Auf mehreren Dieselgipfeln habe sie mit den Herstellern Umtauschprämien vereinbart, „die aber vorrangig neue klimaschädliche Spritschlucker auf die Straßen bringen werden, anstatt vor allem den Kauf von Elektroautos zu unterstützen“, kritisieren die Abgeordneten.
Grüne: Kaufprämie hat sich als Flop erwiesen
Aus ihrer Sicht hat sich die Kaufprämie für Elektroautos als Flop erwiesen, da die Mittel kaum abgerufen würden. Das liege nicht zuletzt daran, dass die deutsche Automobilindustrie bis heute nur ein mageres Angebot elektrischer Modelle vorweisen könne, während nach wie vor PS-starke Diesel- und Benzinautos die Verkaufsräume der Händler füllten. Deshalb werde das vor rund zehn Jahren formulierte Ziel der Bundesregierung, bis 2020 eine Million Elektrofahrzeuge auf Deutschlands Straßen zu bringen, nach einem Bericht der früheren Nationalen Plattform Elektromobilität deutlich verfehlt, heißt es in dem Antrag.
Als wesentliches Hemmnis für den Kauf eines Elektroautos habe sich die Ladeinfrastruktur erwiesen. Ganze Landstriche müssten ohne Ladesäulen auskommen, „weil bürokratische Hürden und zu grobe Zielvorgaben im Förderprogramm der Bundesregierung bislang keinen schnellen und flächendeckenden Ausbau des Ladenetzes ermöglicht haben“, schreiben die Grünen.
An den bestehenden Säulen zeigt sich wiederum ein Wildwuchs der Bezahlmöglichkeiten: „Kostenüberraschungen“ beim E-Roaming und eine unüberschaubare Fülle von Ladekarten und Lade-Apps gehörten weiter zum Alltag von E-Auto-Fahrern. „Die Bundesregierung versäumt die nötige Standardisierung der Ladeinfrastruktur, z.B. durch die Einführung verbraucherfreundlicher Vorgaben für das E-Roaming und für die Bezahlsysteme für das spontane Laden.“ Das hemme die Nutzung von Lademöglichkeiten genauso wie die „dürftige Ladesäulen-Datenbank der Bundesnetzagentur, in der noch nicht einmal der aktuelle Belegungszustand der Ladesäulen abrufbar ist“.
Ladesäule: E-Auto-Besitzer in Mehrfamilienhäusern scheitern oft an Zustimmung
Bei der privaten Ladeinfrastruktur fehle die Unterstützung der Bundesregierung völlig, obwohl sie selbst davon ausgehe, dass künftig rund 85 Prozent der Ladevorgänge im privaten Bereich erfolgen werden, zum Beispiel zu Hause oder beim Arbeitgeber. In Mehrfamilienhäusern scheiterten E-Auto-Besitzer regelmäßig daran, Ladepunkte an den Hausparkplätzen zu installieren, da die Zustimmung der Vermieter oder der Eigentümerversammlung nötig ist.
„Es ist unverständlich, dass die Bundesregierung bislang keine Verbesserungen beim Mietrecht auf den Weg gebracht hat“, kritisieren die Grünen. Eine grundlegende Reform des Wohnungseigentumsrechts, die auch die Elektromobilität in Mehrfamilienhäusern stärkt, habe sie zudem immer wieder verzögert. Erst in den letzten Monaten sei eine entsprechende Bund-Länder-Arbeitsgruppe gegründet worden. „Damit ist wertvolle Zeit verloren gegangen.“ Zudem habe die Bundesregierung bis heute keine bundesweiten Vorgaben festgelegt, um schon bei Neubau oder Sanierung von Gebäuden Lademöglichkeiten einzubauen. Die neue EU-Richtlinie zur Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden, die bei Neubau oder Sanierung eine Mindestquote von Ladesäulen an Stellplätzen vorschreibt, greife viel zu kurz, sodass die Umsetzung in nationales Recht deutlich ambitionierter ausfallen müsse.
Die Ladevorgänge selbst müssten effizienter werden, was durch eine Modernisierung der Strommärkte erreicht werden könne. „E-Auto-Besitzer sollten mit günstigeren Strompreisen belohnt werden, wenn sie in Zeiten mit besonders hoher Stromverfügbarkeit laden – beispielsweise nachts“, schlagen die Grünen vor. Damit mehr private Lademöglichkeiten installiert werden, müsse die Bundesregierung die Möglichkeiten der energetischen Stadt -und Quartierssanierung nutzen und die Programme der KfW oder Städtebauförderung entsprechend erweitern. „Bei Mehrfamilienhäusern ohne eigene Stellplätze muss der notwendige Ausbau der öffentlichen Ladeinfrastruktur verstärkt erfolgen, jedoch ohne die Konkurrenz um das knappe Gut des öffentlichen Raums weiter zu verschärfen.“
„Kaufprämie für Elektrofahrzeuge durch Bonus-Malus-System in der Kfz-Steuer ersetzen“
Bei der Produktion von Elektrofahrzeugen fehlen ihrer Auffassung nach wichtige bundespolitische Impulse. Die Beschäftigten in der Automobil- und Zulieferindustrie bräuchten Unterstützung, um die Transformation der Branche zu ihrem Vorteil zu machen und neu entstehende Berufsfelder zu erschließen, beispielsweise in den Bereichen Batterieentwicklung, automatisiertes Fahren oder Mobilitätsdienstleistungen.
Die Abgeordneten fordern in ihrem Antrag, die Kaufprämie für Elektrofahrzeuge durch ein Bonus-Malus-System in der Kfz-Steuer zu ersetzen, sodass rein elektrische Fahrzeuge eine Gutschrift erhalten, „während Spritschlucker stärker an ihren ökologischen Kosten beteiligt werden“. Die Gutschrift müsse – im Gegensatz zur Kaufprämie – auch für Elektroleichtfahrzeuge geöffnet werden.
Gleichzeitig müssten Subventionen für fossile Kraftstoffe im Verkehrssektor, insbesondere das Dieselprivileg, stufenweise abgeschafft werden. Das Förderprogramm für die öffentliche Ladeinfrastruktur sei finanziell so aufzustocken, dass es der Zielsetzung des Koalitionsvertrages, „bis 2020 mindestens 100.000 Ladepunkte für Elektrofahrzeuge zusätzlich verfügbar zu machen“, gerecht werden könne, fordern die Grünen.
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