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Kabinett bringt nationalen Emissionshandel auf den Weg – Energiebranche skeptisch

„Komplex, überbürokratisch, teuer in der Umsetzung und rechtlich bedenklich“

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Das Bundeskabinett hat das Gesetz zur Einführung eines nationalen Emissionshandels für Brennstoffe auf den Weg gebracht. Ziel des Gesetzes ist es, „das Verbrennen von fossilen Brennstoffen für den Verkehr und das Heizen schrittweise teurer und so den Umstieg auf klimafreundliche Alternativen attraktiver zu machen“, teilte das Bundesumweltministerium mit.

Die Einnahmen sollen den Bürgern im Gegenzug über Entlastungen beim Strompreis, bei der Entfernungspauschale und beim Wohngeld zurückgegeben oder in Klimaschutzmaßnahmen investiert. Das Gesetz geht nun in die parlamentarischen Beratungen. Die Energiebranche erneuerte anlässlich des Kabinettsbeschlusses ihre Kritik an einem zu zögerlichen Einstieg in die CO2-Bepreisung.

Der „moderate Einstieg“ in die CO2-Bepreisung gebe den Bürgern die Gelegenheit, sich nach klimafreundlichen Alternativen umzuschauen, „bevor der Preis spürbar ansteigt“, sagte Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD). „Das Ziel ist, dass sich mehr Menschen beim nächsten Autokauf oder beim nächsten Heizungstausch für die klimafreundliche Variante entscheiden – weil sie sich auch für den Geldbeutel lohnt.“

Preiskorridor 2026 zwischen 35 und 60 € pro Tonne CO2

Der Emissionshandel gilt ab 2021. Er startet in der Einführungsphase zunächst mit einem fixen CO2-Preis von 10 € pro Tonne. Das entspricht brutto 2,8 Cent pro Liter Benzin, 3,2 Cent pro Liter Diesel, 3,2 Cent pro Liter Heizöl und 0,2 Cent pro Kilowattstunde Erdgas. 2022 liegt der Preis dann bei 20 € pro Tonne. 2023 bis 2025 werden die Zertifikate mit einem steigenden Festpreis ausgegeben (25 bis 35 € pro Tonne CO2). 2026 werden die Zertifikate auktioniert und zwar in einem Korridor von 35 bis 60 € pro Tonne CO2. Im Jahr 2025 soll zudem festgelegt werden, inwieweit Höchst- und Mindestpreis für die Zeit ab 2027 sinnvoll und erforderlich sind.

Einbezogen werden grundsätzlich alle in den Verkehr gebrachten fossilen Brennstoffe. Dabei sei es zunächst egal, in welchem Sektor die Stoffe dann eingesetzt werden. Bürger, die mit fossilen Brennstoffen heizen oder fahren, müssen nicht selber mit Zertifikaten handeln. „Das obliegt grundsätzlich den rund 4.000 sogenannten Inverkehrbringern, also etwa Gaslieferanten oder Raffinerien, die energiesteuerpflichtig sind“, führt das BMU aus. Angeknüpft wird mit der Berichtspflicht der Unternehmen an das bestehende Erfassungssystem im Energiesteuerrecht.

Bundesumweltministerin spricht von „vergleichsweise unbürokratischem Ansatz“

Der „vergleichsweise unbürokratische Ansatz“ führe zu Mehraufwand an anderer Stelle: Liefert ein Gaslieferant das Erdgas samt CO2-Preis an einen Privatkunden, ist alles erledigt. „Liefert er allerdings an ein Gaskraftwerk, das bereits Zertifikate aus dem EU-Emissionshandel kaufen muss, liegt eine Doppelverpflichtung aus zwei Emissionshandelssystemen vor“, heißt es. Um das zu vermeiden, sollen Anlagen, die bereits dem EU-Emissionshandel unterliegen, „möglichst weitgehend“ vom nationalen CO2-Preis befreit werden oder eine Kompensation erhalten.

Begrenzt wird die Menge der ausgegebenen Zertifikate grundsätzlich von dem CO2-Budget, das Deutschland im Rahmen der EU für die Bereiche Verkehr und Gebäude zur Verfügung hat. Dieses Budget sinkt Jahr für Jahr, so dass perspektivisch mit immer weiter steigenden Preisen für fossile Brennstoffe zu rechnen ist.

Ich werde beim CO2-Preis genau darauf achten, dass sowohl die Klimaschutzwirkung stimmt als auch die sozialen Folgen fair bleiben
– Svenja Schulze, Bundesumweltministerin

„Ich werde beim CO2-Preis genau darauf achten, dass sowohl die Klimaschutzwirkung stimmt als auch die sozialen Folgen fair bleiben“, kündigte Schulze an. Wenn Deutschland in dem einen oder anderen Bereich nicht auf Kurs ist, müsse nachgesteuert werden.

Die Verbände der Energiebranche halten zwar die Einführung einer Bepreisung für CO2 für einen richtigen Schritt, die Umsetzung durch die Bundesregierung empfinden sie aber als zu zaghaft. Der Mindestpreis im Emissionshandel müsse eine wirksame Höhe haben, um die nötigen Impulse für Investitionen zu setzen, merkt die Präsidentin des Bundesverbands Erneuerbare Energie (BEE), Simone Peter, an. „Ein ‚moderater‘ Einstieg, wie die Bundesregierung vorschlägt, wird diese Signale nicht setzen.“

Wolff: „Bundesregierung will einen Preis, der nichts verändert“

Ähnlich äußert sich die Präsidentin des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), Marie-Luise Wolff. „Gerade bei den zentralen Hebeln einer wirksamen Klimapolitik ist das Paket unzureichend. Ein CO2-Preis mit Lenkungswirkung muss spürbar sein – die Bundesregierung hingegen will einen Preis, der nichts verändert. Das geht nicht zusammen.“ Auch der Bundesverband Neue Energiewirtschaft (bne) entdeckt kaum Positives in der Ausgestaltung des Systems. „Das Verfehlen der Sektorenziele ist mit diesem System vorprogrammiert. Zudem ist das entwickelte Emissionshandelssystemextrem komplex, überbürokratisch, teuer in der Umsetzung und rechtlich bedenklich“, sagt bne-Geschäftsführer Robert Busch.

Die Mitglieder des Bundestages sollten im bevorstehenden parlamentarischen Verfahren daran mitwirken, die „Fehlkonstruktionen im Gesetzentwurf“ zu beseitigen, so Busch weiter. „Mindestens in der Zeit bis 2025 sollten die CO2-Preise auf Brenn- und Kraftstoffe nicht im Emissionshandel, sondern als Aufschlag auf die bestehende Energiesteuer eingeführt werden – und dies bereits mit Wirkung ab 2020“, schlägt der bne vor.

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