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Landwirtschaftliche PV-Anlagen: „Bio-Strom“ und Eigenverbrauch als Post-EEG-Lösungen

Mit den Optionen landwirtschaftlicher Post-EEG-Photovoltaikanlagen befasst sich die Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG). In einem aktuellen Beitrag, den die DLG mit Blick auf die Fachmesse EnergyDecentral 2020 im November in Hannover veröffentlicht hat, wird unter anderem das Geschäftsmodell „Bio-Strom“ im Direkt-Vertrieb thematisiert. „Stand heute können pro Kilowattstunde 9 bis 12 Cent an Erzeuger gezahlt werden“.

Die Ausgangsfrage der DLG bezieht sich auf das Repowering: Ist es sinnvoll, mehr Anlagenleistung auf gleicher Fläche neu zu montieren oder sollte die Bestandsanlage weiter betrieben werden? Die richtige Post-EEG-Strategie für landwirtschaftliche PV-Anlagen hänge vom Einzelfall und vielen Faktoren ab, betont die DLG.

Haben PV-Module erst einmal 15 Jahre den Wechsel der Jahreszeiten unter freiem Himmel überlebt, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass sie weitere zehn oder mehr Jahre zuverlässig Strom liefern. Die Anlagen sind bezahlt, haben Gewinn erwirtschaftet und können in Zukunft zum Beispiel Strom für den Eigenbedarf produzieren oder speisen Grünstrom ins Netz ein. Bei der Netzeinspeisung gebe es allerdings „einige gesetzliche und marktbedingte Fußangeln“.

Wilde Einspeisung droht bei Passivität

Nach aktuellem Stand sind Netzbetreiber zwar verpflichtet, die Post-EEG-Anlage technisch abzunehmen, nicht aber kaufmännisch. Somit muss im Post-EEG-Szenario jeder Anlagenbetreiber einen Direktvermarkter nachweisen. Bei kleinen Anlagen, bis 100 Kilowatt peak, dürfte es schwierig werden, einen Direktvermarkter zu finden, denn der Vermarktungsaufwand ist bei einer kleinen Anlage genauso groß wie bei einer großen, der Umsatz ist allerdings gering.

Die Bundesnetzagentur empfiehlt der Politik an dieser Stelle Altanlagen, die aus dem EEG fallen, ohne bürokratischen Aufwand weiter am Netz zu lassen und den eingespeisten Strom mit dem aktuellen Börsenstrompreis zu vergüten, abzüglich einer Betreuungspauschale. Ähnlich hat sich jüngst das Umweltbundesamt zu der Thematik geäußert, bislang gibt es in der Angelegenheit aber noch keine Bewegung von Seiten des Gesetzgebers. Wer eine Anlage hat, die aus dem EEG fällt, und nichts tut, betreibt eine wilde Einspeisung und riskiert Ärger, je nach Netzbetreiber bis zur Stilllegung des Hausanschlusses.

Option Weiterbetrieb für Eigenstrom

Wirtschaftlich interessant könnte die Nutzung zur Eigenstromerzeugung für den eigenen landwirtschaftlichen Betrieb sein. Abhängig von der Anlagenleistung und dem Lastprofil können mit einer Bestandsanlage nach Auslaufen der Förderung die Energiekosten gesenkt werden. Passen Lastprofil und PV-Produktion nicht zusammen, kann ein Stromspeicher den Eigenverbrauch deutlich steigern, in der Regel von 30 auf 70 Prozent. „Beim Speicher ist auf entsprechend große Kapazität, Lade- und Entladeleistung zu achten, um den selbst erzeugten Sonnenstrom auch tatsächlich selbst zu nutzen und nicht permanent Energie aus dem Netz zuzukaufen“, merkt die DLG an.

Nach Auslaufen der EEG-Förderung verlieren Photovoltaikanlagen allerdings ihr Privileg der EEG-Umlagebefreiung bei Eigenstromnutzung. Das bedeutet, dass die Umlage bei der Wirtschaftlichkeitsberechnung beim Kilowattstundenpreis kalkuliert werden muss. „Trotzdem könnten bei 15 Jahren Weiterbetrieb einer 30 Kilowatt peak PV-Anlage noch über 50.000 € Stromkosten vermieden werden, bei 30 Prozent Eigenverbrauch und 70 Prozent Netzeinspeisung über Direktvermarkter.“

Option Erweiterung und/oder Repowering

Braucht der Betrieb mehr Energie als die alte Anlage liefern kann, ist die Ergänzung der Bestandsanlage durch neue PV-Module zu erwägen. Alternativ können tatsächlich die alten Module durch neue, leistungsfähigere ersetzt werden, so dass der Energiebedarf im Betrieb gedeckt werden kann. Die alten Module werden von Unternehmen wie SecondSol aufgekauft, die sich auf den Vertrieb gebrauchter Module spezialisiert haben.

Ob ein „Repowering“ sinnvoll erscheint, sei auch eine Frage der persönlichen Einstellung, heißt es bei der DLG weiter. Mit einer neuen, modernen Photovoltaikanlage sicherten Anlagenbetreiber langfristig ihre Stromkosten und verschafften sich ein hohes Maß an Unabhängigkeit von Stromversorgern. Mit einem Stromspeicher komme die komfortable Absicherung gegen Stromausfall hinzu. Wichtig ist eine Bedarfsanalyse, also ein Leistungsprofil, das anzeigt, wie viel Energie wann im Betrieb verbraucht wird und wie sich Photovoltaik und Stromspeicher in der Energiebilanz auswirken.

Geschäftsmodell Bio-Strom im Direktvertrieb

In Zukunft könnte die erweiterte Direktvermarktung von Hofprodukten um den Artikel „Bio-Strom“ ein Geschäftsmodell sein. „Aus dieser Perspektive ist ein ‚Repowering’ sehr attraktiv, denn im Stromvertrieb ist mehr Solarstrom besser als weniger, allein schon wegen des Aufwands.“ Den administrativen Aufwand, wie Weiterleitung des Stroms, Zähler ablesen, Übernahme der Bilanzkreisverantwortung und Rechnungsstellung könnten Dienstleister übernehmen. Marketing und Kundenakquise des Hofstromes blieben aber beim landwirtschaftlichen Betrieb, „zumindest wenn der Gewinn beim Stromverkauf maximiert werden soll.“

Anders als bei der Direktvermarktung nach EEG orientiert sich der Erzeugerpreis bei diesem Modell nicht am Börsenstrompreis, sondern am Verkaufspreis des Endkunden. Die erzielbaren 9 bis 12 ct/kWh, die der Erzeuger an der Stromlieferung verdienen könne, seien zwar weniger als die 20 ct/kWh, die in der Landwirtschaft beim Eigenverbrauch eingespart werden können, aber doch deutlich über den 4 bis 5 ct/kWh, die eine Vermarktung an der Börse an Erlösen bringt.

Welches ist das richtige Modell?

Welches Modell für den einzelnen Betrieb als erfolgreiches Post-EEG-Szenario funktioniert, müsse im Einzelfall geprüft werden, fasst die DLG zusammen. „Der Weiterbetrieb von Bestandsanlagen in einem Post-EEG-Szenario ist eine nachhaltige Form, wird aber von der politischen Gestaltung des Post EEG-Szenarios abhängen.“ Wichtig sei, dass bei einer Neuanschaffung die Komponenten flexibel sind. „Stromspeicher sollten zum Beispiel über offene Schnittstellen verfügen, so dass sie auch als Quartierslösung oder Bestandteil virtueller Kraftwerke eingesetzt werden können.“