Mit semitransparenter Photovoltaik könnten für die Energieversorgung nutzbare Flächen deutlich vergrößert werden, beispielsweise auf Glasflächen von Gebäuden, Gewächshäusern oder Fahrzeugen. Im Forschungsprojekt Semtrasol entwickeln Forschende des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) dafür Solarzellen mit präzise einstellbaren Absorptionseigenschaften und hohem Wirkungsgrad.
Organische Solarzellen sind nicht nur leicht, ungiftig, unabhängig von seltenen Rohstoffen und können preisgünstig sowie großflächig gedruckt werden. „Im Vergleich zu anderen Photovoltaik-Technologien haben sie eine weitere herausragende Eigenschaft: Sie können semitransparent hergestellt werden, was viele neue Anwendungen ermöglicht“, berichtet das KIT. Während Silizium-Photovoltaik heute weitflächig zur Energiegewinnung eingesetzt wird, sei der Nutzen von organischen Solarzellen bisher „weit unterschätzt“ worden. „So ist auch der große Durchbruch auf dem Markt bislang ausgeblieben“, sagt Christian Sprau vom Lichttechnischen Institut des KIT.
Mit einer gerade gestarteten Forschungsgruppe und dem Forschungsprojekt Semtrasol will Sprau das ändern. „Mit neuen Materialkonzepten und neuesten organischen Halbleitern gelingt es heute immer besser, die Absorptionseigenschaften organischer Solarzellen präzise zu steuern und einen hohen anwendungsspezifischen Wirkungsgrad zu erzielen.“ Dadurch werde etwa hocheffiziente Photovoltaik auf Glasfronten denkbar, die nicht weiter ins Auge fällt.
Einsatz auf Fensterfronten oder in der Landwirtschaft möglich
Organische Solarzellen nutzen kohlenstoffbasierte Halbleiter, die sich typischerweise durch schmalbandige Absorptionsbereiche auszeichnen. Dank der Entwicklung neuartiger Akzeptoren – also die Elektronen aufnehmenden Moleküle in der lichtabsorbierenden Schicht in einer Solarzelle – können sie im Labor heute Wirkungsgrade von bis zu 20 Prozent erreichen.
Durch die Vielzahl dieser neuen Materialien und in Kombination mit gezieltem Bauelementdesign sei es möglich, mit einer semitransparenten Solarzelle einstrahlendes Licht in genau definierten spektralen Bereichen zu absorbieren. So ließen sich künftig Flächen mehrfach nutzen. „In der Agrivoltaik beispielsweise müssen lediglich die zum Wachstum notwendigen Wellenlängen die Pflanzen erreichen, wohingegen sie vor anderen spektralen Anteilen des Lichts geschützt und so vor dem Austrocknen bewahrt werden können“, sagt Sprau. Die Fensterfront eines Hochhauses wiederum müsse nur das Licht passieren lassen, welches das menschliche Auge als Helligkeit wahrnimmt. „In beiden Fällen lassen sich gleichzeitig mit den ungenutzten Anteilen des Sonnenlichts hohe Energieernten erzielen.“
Nach Einschätzung des Forschungsteams am KIT wird eine doppelte Flächennutzung durch Photovoltaik eine wichtige Rolle spielen, damit Deutschland und Europa die Klimaneutralität rechtzeitig erreichen können. Die technologischen Voraussetzungen seien erfüllt, mit Semtrasol wolle man sie nun miteinander kombinieren. „Konkrete Ziele sind das Maßschneidern der Transparenz, eine druck- und skalierbare Bauelementarchitektur, die Verwendung neuester Materialien und eine umweltfreundliche Herstellung“, erläutert Sprau. „Trivial ist das nicht, aber ich bin davon überzeugt, dass semitransparente Solarzellen in nicht allzu ferner Zukunft ganz selbstverständlich zu unserem Alltag gehören werden.“