Für Kraftstoffe aus Abfall- und Reststoffen zeichnen sich wichtige gesetzliche Änderungen ab, die den Einsatz in Zukunft begünstigen werden. Das sagte Fabien Hillairet, Gründer des Biokraftstoff- Beratungs- und Brokerage-Unternehmens Greenea, Ende Januar auf der digitalen Tagung „Kraftstoffe der Zukunft“. Während der Markt für herkömmliche Biokraftstoffe (1G) seinen Höhepunkt fast erreicht habe und bald eine Abnahme drohe, sei bei abfallbasierten Biokraftstoffen aus gebrauchtem Speiseöl und tierischen Fetten (1.5G) noch etwas Wachstum zu erwarten. Das größte Potenzial hätten jedoch fortschrittliche Biokraftstoffe aus Biomasse (2G) sowie alternative Kraftstoffe wie erneuerbarer Strom, Wasserstoff und synthetische Kraftstoffe (Renewable Fuels of Non-Biological Origin, RFNBO). (Nachweis für Beitragsbild: Verbio)

Hintergrund ist das Paket „Fit for 55“, das die EU-Kommission im Juli letzten Jahres vorgeschlagen hat. Derzeit werde das Paket von Parlament und Rat geändert. Mit einer Umsetzung wird im Jahr 2025 gerechnet, sagte Angel Alberdi vom europäischen Verband European Waste-based & Advanced Biofuels Association. Das Paket umfasst vier für die Branche bedeutende Vorschläge: Die Revision der Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED) und der Kraftstoffqualitätsrichtlinie sowie die ReFuel-EU-Aviation- und die Fuel-EU-Maritime-Initiativen.

Durch die Revision der RED II wird eine höhere Nachfrage nach alternativen Kraftstoffen erwartet. Während in der gegenwärtigen RED II für 2030 ein Ziel für erneuerbare Energien im Verkehrssektor von 14 Prozent des Energiegehalts verfolgt wird, schreibt der Entwurf der neuen RED II für 2030 ein Treibhausgasminderungsziel von 13 Prozent vor, was einem Energiegehalt von 15 bis 16 Prozent entspreche. Zudem ist der gesamte „Kuchen“ größer, da Schiffs- und Luftverkehr mit in die Berechnung des Gesamtabsatzes fließen.

Markt für herkömmliche Biokraftstoffe bricht ein

Für herkömmliche Biokraftstoffe (1G) wird ein Rückgang erwartet, da der Verbrauch im Verkehrssektor insgesamt um vier Prozent einbricht. Zudem dürfen Palm- und Sojaöl bald nicht mehr eingesetzt werden und die Nachfrage nach Biodiesel geht aufgrund der geringeren Zahl an Dieselfahrzeugen zurück. Da die übrigen Einsatzstoffe für 1G begrenzt und teuer bleiben, lohnt sich am ehesten der Einsatz von Rapssaaten zur Produktion von hydriertem Pflanzenöl (HVO). Der Hauptabsatzmarkt für HVO ist der Schwerlastverkehr, da dort HVO-100 zum Einsatz kommt. Auch der Ethanolabsatz wird zunehmen, da Benzinfahrzeuge als Übergangstechnologie dienen.

Der Markt für Biokraftstoffe aus Altfetten und gebrauchtem Speiseöl (1.5G) wird nach Prognose von Greenea bis 2030 weiterhin wachsen, da mehr Nachfrage aus dem Schiffs- und Luftverkehr kommen wird. Speziell in diesen Sektoren würden die Stakeholder mehr Druck auf die Unternehmen zur Dekarbonisierung und zum Einsatz von Abfallstoffen ausüben. Insbesondere werde die Nachfrage nach HVO und nachhaltigen Flugtreibstoffen zunehmen. Allerdings werde die Entwicklung davon abhängen, wie viel gebrauchtes Speiseöl zur Verfügung steht. Große Investitionen und Sammelmöglichkeiten werde es Greenea zufolge künftig vor allem in Afrika geben.

Elektromobilität schmälert Raum für Biokraftstoffe – aber nur im Straßenverkehr

Für fortschrittliche Biokraftstoffe (2G) ist in der neuen RED II für 2030 ein Mindestziel von 2,2 Prozent vorgegeben. In der gegenwärtigen RED II liegt das Ziel für 2G zwar mit 3,5 Prozent im Jahr 2030 deutlich höher, allerdings sind in der neuen Richtlinie keine Doppeltanrechnungen vorgesehen. Zudem erhöhe der Einbezug von Schiffsund Luftverkehr den Gesamtabsatz. Folglich wird der Einsatz von 2G voraussichtlich zunehmen. Gute Kandidaten zur Dekarbonisierung seien Biomethan und Biomethanol. Zellulosebasiertes Ethanol werde aufgrund der hohen Kosten nur einen geringen Beitrag leisten.

Der größte Boom wird in den nächsten zehn Jahren bei RFNBO erwartet. Während die gegenwärtige RED II kein Unterziel für RFNBO definiert, gibt der neue Entwurf ein Ziel von 2,6 Prozent gemessen am Energiegehalt vor. Nach Berechnungen von Greenea kann dieses Ziel allein durch erneuerbaren Strom für Elektrofahrzeuge gedeckt werden. In Europa gebe es neue Gesetzgebungen, um die Entwicklung anzutreiben. Beispielsweise sei in Frankreich Ende Dezember ein Gesetz verabschiedet worden, dass große Auswirkungen auf den Biokraftstoffmarkt haben werde, sagte Hillairet.

Zwar wird die Zunahme von Elektrofahrzeugen den Markt für Biokraftstoffe schmälern, das betreffe jedoch nur den Straßenverkehr. Da Elektrofahrzeuge eine höhere Energieeffizienz haben, reduziere sich die Energienachfrage im Straßenverkehr um zwölf Prozent. Mit jedem Prozentpunkt, den Elektrofahrzeuge insgesamt am Markt hätten, würde sich die Nachfrage nach 2G um 1,33 Petajoule reduzieren. Schiffs- und Luftverkehr böten aber neue Absatzmöglichkeiten. Insgesamt reduziert sich der Energieverbrauch im Verkehrssektor bis 2030 in der Folge nur um vier Prozent. (EUWID)

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