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Offshore-Wind-Ausschreibung mit gekoppelter Wasserstofferzeugung schon 2022 möglich

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2022 könnte erstmals eine Ausschreibung von Offshore-Windenergie mit gekoppelter Wasserstofferzeugung stattfinden. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Beratungsunternehmens E-Bridge, die von Shell, Siemens und Übertragungsnetzbetreiber Tennet in Auftrag gegeben wurde. Es sei bis dahin sowohl technisch als auch regulatorisch möglich, bis zu 900 MW Windleistung auf See gekoppelt an eine Wasserstoffproduktion auszuschreiben und zwischen 2026 und 2030 zu realisieren.

Nach Ansicht von Shell, Siemens und Tennet würden so in kurzer Zeit zusätzliche Offshore-Windkapazitäten erschlossen und die Power-to-Gas-Technologie marktreif weiter entwickelt. Folglich könnten die neuen Ziele der Bundesregierung zum Ausbau der erneuerbaren Energien bis 2030 und die globalen klimapolitischen Ziele realistisch erreicht werden. Denn das Potenzial von Offshore-Windenergie sei hoch, aber nicht ausgeschöpft und grüner Wasserstoff werde als Basis vieler Power-to-X-Anwendungen eine Rolle im zukünftigen Energiemix spielen, so die drei Unternehmen. Die zusätzliche Windleistung dürfe das Stromnetz an Land nicht zu stark belasten, sondern solle zur Erzeugung von Wasserstoff genutzt werden und somit auch das Stromnetz stabilisieren.

„Um die Energiewende zu meistern und auf fossile Energieträger verzichten zu können, müssen wir die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien vom Verbrauch entkoppeln“, sagte Armin Schnettler, der bei Siemens die Energieforschung leitet. „Hierfür stellt die PEM-Wasserstoffelektrolyse eine Schlüsseltechnologie dar. Die industrielle Nachfrage führt dazu, dass die Leistungsklasse alle vier bis fünf Jahre um den Faktor zehn steigt.“

Power-to-Gas kann zusätzlichen Netzbedarf reduzieren

Auch nach Ansicht von Lex Hartman, Geschäftsführer von Tennet, macht ein Ausbau-Turbo für den ertragreichen Offshore-Wind nur Sinn, wenn er an leistungsfähige Speichertechnologien wie Power-to-Gas gekoppelt wird. „Das bringt Flexibilität, entlastet das Stromnetz und macht die Stromversorgung sicherer“, sagte Hartman. „Und für die Zeit nach 2030 bedeutet es auch weniger zusätzlichen Netzausbau“. Langfristig könne die Kombination mit Wasserstofferzeugung auch deutschlandweit mit weiteren erneuerbaren Energien angewendet werden.

Der auf See erzeugte Strom sollte durch den Übertragungsnetzbetreiber angebunden und per Offshore-Stromnetz an Land transportiert werden, um eine zentrale und koordinierte Planung des Systems zu gewährleisten. An Land soll der Windstrom zur Erzeugung von Wasserstoff genutzt werden. Die dafür notwendigen Elektrolyseanlagen sollen an das Höchstspannungsnetz an Land angeschlossen sein.

Der grüne Wasserstoff kann anschließend über das Gasnetz transportiert werden. Dadurch stehe er für andere Sektoren, etwa in der Industrie oder im Mobilitätssektor, zur Verfügung. Über die Erhöhung oder die Reduzierung der Wasserstofferzeugung soll dem Übertragungsnetzbetreiber „gesicherte“ Flexibilität zur Verfügung stehen.

Ausschreibungsmodell: Preis für Wasserstofferzeugung soll über Zuschlag entscheiden

Im Unterschied zu den bisherigen Ausschreibungen für Offshore-Windkapazitäten soll dem Vorschlag von E-Bridge zufolge der Preis (in Euro je kg H2) für die Wasserstofferzeugung über den Zuschlag entscheiden. Die niedrigsten Gebote würden demnach den Zuschlag für die Realisierung der angegebenen Windkraft- und Elektrolyseanlagenleistung erhalten. Die Prämie, die gedeckelt werden sollte und über den Bundeshaushalt finanziert werden könnte, wäre dann dem Vorschlag zufolge mit jeder erzeugten Einheit an Wasserstoff über 20 Jahre fällig.

Um das notwendige Förderung des grünen Wasserstoffs abzuschätzen, können die Gestehungskosten von grauem und grünem Wasserstoff verglichen werden. Das Fördervolumen würde somit die Lücke abbilden, die durch die Förderung geschlossen werden muss, um Parität der Gestehungskosten herzustellen (siehe Abbildung). Im Best-Case-Scenario wurden die Gestehungskosten von grünem Wasserstoff mit einem Preis von grauem Wasserstoff von 7,2 €/kg verglichen. Im Worst-Case-Scenario liegen die Differenzkosten bei 1,3 €/kg für den grauen Wasserstoff. Wie in der Abbildung zu erkennen, betragen die Differenzkosten maximal 3,7 € je kg H2.

 

Jährliche Förderung im Worst-Case-Fall bei 525 Mio. €

Anhand dieser Differenz kann die notwendige jährliche Förderung im Maximalfall bestimmt werden. Bei einer jährlichen Wasserstoffproduktion im Worst-Case-Fall sei bei 4.000 Volllaststunden und 64 Mio. Kilogramm Wasserstoff ein jährliches Fördervolumen von ungefähr 235 Mio. € zu erwarten, wenn die Erdgasreformierung nur 1,3 € je kg kostet. In der Berechnung sind die anfallenden Netzentgelte, Umlagen und Steuern nicht einkalkuliert und müssten bei der finalen Bestimmung des Fördervolumens einkalkuliert werden.

Für die Anbindung von Windkraftanlagen auf See mit bis zu 900 MW Leistung werden etwa 400 km DC-Kabel und eine DC-Station benötigt. Dafür sind Investitionskosten in Höhe von insgesamt etwa 1,7 Mrd. € notwendig. Dies ergibt bei einem Zinssatz von sechs Prozent annuitätische Kosten in Höhe von etwa 113 Mio. €.

Der Transport von Wasserstoff bedarf ebenfalls einer Investition. Unter der Annahme, dass der Wasserstoff zu 70 Prozent in der Industrie und zu 30 Prozent im Mobilitätssektor genutzt wird, ergeben sich bei 64 Mio. Kilogramm Wasserstoffproduktion etwa 177 Mio. € jährliche Kosten für den Transport.

Bei einer sehr groben Abschätzung mit vereinfachten Annahmen sind damit im Worst-Case-Szenario zusätzliche jährliche Kosten in Höhe 525 Mio. € für 900 MW Wind-Offshore und 800 MW Elektrolyseanschlussleistung zu erwarten.

Die Studie steht hier kostenlos zur Verfügung.

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