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„Teufelskreis“ durchbrechen

Offshore-Windenergie: Standardisierung besser als ständig größere Turbinen

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Die Unternehmensberatung Roland Berger spricht sich für eine Standardisierung von Offshore-Windturbinen aus. Den Hintergrund bildet ein „Teufelskreis“ mit einem Wettlauf um immer größere Turbinen, was zu immer kürzeren Produktlebenszyklen und Unsicherheit über zukünftige Turbinengrößen führe. „Dieser Wettlauf erhöht die Energiekosten und behindert den Kapazitätsausbau“, heißt es in einer neuen Analyse von Roland Berger. Regierungen müssten eine Standardturbinengröße für einen längeren Zeitraum durchsetzen, um der Branche und ihrer Lieferkette den Ausstieg aus diesem Teufelskreis zu ermöglichen. „Ein solcher Standard wird Investitionen und Industrialisierung absichern und den dringend benötigten kostengünstigen Kapazitätsausbau unterstützen.“

Bis 2030 wollen Offshore-Branche und Politik eine Kapazität von 120 GW und bis 2050 eine Kapazität von 300 GW erreichen. Die Industrie hat sich verpflichtet, die Kapazitätszunahme von 7 GW/Jahr im Jahr 2023 auf 20 GW/Jahr bis Ende des Jahrzehnts zu steigern. Innerhalb von sieben Jahren müssten damit insgesamt 5.600 Turbinen ans Netz gebracht werden. „Dies bedeutet, 15 neue Installationsschiffe zu mobilisieren und 170.000 neue Mitarbeiter einzustellen“, hält Roland Berger fest. „Der einzige nachhaltige Weg, um die Kosten während dieses Ausbaus in Schach zu halten, besteht darin, eine robuste und vollständig industrialisierte Lieferkette aufzubauen.“ Für die europäischen Verbraucher seien weitere Kostensenkungen eine „Voraussetzung für ihre Unterstützung der Energiewende“. Für die energieintensiven Industrien Europas seien weitere Kostensenkungen schlicht eine Überlebensfrage.

Standard auf Abmessungen aktueller 14-15-MW-Turbinengeneration ausrichten

Die Offshore-Windindustrie habe lange Zeit nach größeren und besseren Turbinen gestrebt. Je größer die Turbinen, desto größer die Rotoren und desto mehr Energie wird erzeugt. „Und über die Größe haben sich die OEMs auch differenzieren und Marktanteile gewinnen können.“ Doch die Kostenvorteile von inkrementellen Schritten zu immer größeren Turbinen schwinden. Vielmehr führe der Wettlauf zu größeren Turbinen zu immer kürzeren Produktlebenszyklen, was die Stromgestehungskosten (LCOE) erhöht.

Um den zunehmend fruchtlosen Wettlauf zu größeren Turbinen zu stoppen, müssten die europäischen Regierungen nun einen Industriestandard für die Turbinengröße durchsetzen und diesen so lange aufrechterhalten, bis die Branche aus dem Teufelskreis ausbrechen und die robuste, industrialisierte Lieferkette aufbauen kann, die sie benötigt. „Der Standard sollte auf die Abmessungen der derzeit für kommerzielle Windparks angebotenen 14-15-MW-Turbinengeneration festgelegt werden“, empfehlen die Berater. Dies würde sicherstellen, dass die OEMs ihre aktuellen Modelle weiter optimieren können und für einen bestimmten Zeitraum keine Unsicherheit über zukünftige Turbinengrößen besteht, z.B. bis 2037.

Die Standardisierung wird zu längeren Produktlebenszyklen führen, was eine Reihe von Vorteilen mit sich bringe. So gebe es stärkere Lerneffekte und damit höhere Effizienz, bessere Produktqualität und mehr Sicherheit in der gesamten Lieferkette. Auch steige die Vorhersehbarkeit beim Kapazitätsausbau, was zu mehr Sicherheit für Investitionen in Forschung und Entwicklung, Kapazitätserweiterungen und deren Industrialisierung führe.

Eine feste Größe werde im Lieferkettenbereich immer noch genügend Raum für Differenzierung und Wettbewerb lassen, insbesondere bei Aspekten wie Turbinenleistung, Installationstechniken, Zirkularitätsgewinnen in der Kreislaufwirtschaft und Umweltschutz. „Tatsächlich werden die umfangreichen Kostensenkungen, die eine Standardgröße in der gesamten Lieferkette bewirken wird, zusammen mit der nachgewiesenen Fähigkeit der Branche, bei Windparkprojekten und langfristigen Innovationen eng zusammenzuarbeiten, der europäischen Industrie einen erheblichen Wettbewerbsvorteil verschaffen, sowohl im Inland als auch international“, heißt es weiter.

Roadmap für noch größere und/oder intelligentere Turbinen

Die Festlegung eines Standards für Turbinengrößen bei kommerziellen Windparks in den kommenden Jahren bedeute nicht, dass die Entwicklung größerer und/oder intelligenterer Turbinen gestoppt werde. Trotz der abnehmenden Renditen der aktuellen inkrementellen Schritte könne ein viel größerer Schritt – beispielsweise auf 30 MW – zu weiteren LCOE-Reduzierungen führen, indem die Anzahl der Turbinen reduziert wird, die benötigt werden, um eine bestimmte Kapazität in einem Windpark zu erreichen. Neben viel größeren Turbinen könnten auch vielversprechende technologische Innovationen zu niedrigeren LCOE führen. Beispielsweise könnten neuartige Ansätze zur Verbindung von Turm und Tragstruktur den Installationsprozess effizienter gestalten.

Die Branche müsse dabei einen klaren Weg für den Übergang zu größeren und/oder intelligenteren Turbinen planen. Diese Roadmap müsse Vorhersehbarkeit für den nächsten Schritt und seinen Zeitpunkt schaffen. Sie werde den Akteuren in der Lieferkette die notwendige Sicherheit und Zeit geben, um die Kapazitätserweiterungen und ihre Industrialisierung für die kommenden Jahre zu planen – und gleichzeitig genügend Zeit, um den nächsten Schritt zu planen.

„In der Offshore-Windenergie ist Größe nicht mehr das Wichtigste“, betont Roland Berger. Die Akteure der Lieferkette müssten nun hart daran arbeiten, die Industrialisierung weiter voranzutreiben, um einen zeitnahen und kostengünstigen Ausbau von Windturbinen zu erreichen. „Die Standardisierung von Turbinen ist eine Voraussetzung für eine solche Industrialisierung. Nur dann wird die europäische Offshore-Wind-Industrie wirklich zukunftsfähig.“

Die Adresse link.contextcrew.de/rboffts startet den PDF-Download der Studie „Standard beats size in Europe’s offshore wind“ von Roland Berger.

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