Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat in einer Grundsatzentscheidung festgestellt, dass ein Gesetz in Thüringen, das Windenergieanlagen in Waldgebieten ausnahmslos verbietet, unvereinbar mit dem Grundgesetz ist. Die Windenergiebranche feiert den Beschluss der Karlsruher Richter und spricht von einem „Paukenschlag“. (Quelle für Beitragsbild: ContextCrew)
Zur Verhandlung kam es, weil mehrere Waldeigentümer gegen das entsprechende Gesetz in Thüringen geklagt hatten und dieses als einen unverhältnismäßig hohen Eingriff in ihr Privateigentum kritisierten. Die Regelung in Thüringen schließe die Umwandlung zur Errichtung von Windenergieanlagen ausnahmslos und ohne Möglichkeit der Genehmigung aus, führt das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) aus.
Rund 34 Prozent der Fläche des Freistaats Thüringen sind Waldflächen. Ein nennenswerter Teil des Waldes bestehe aus Kalamitätsflächen, bei denen eine forstwirtschaftliche Nutzung wegen Waldschäden, etwa aufgrund von Sturmfolgen oder Schädlingen, nicht oder nur sehr eingeschränkt möglich ist. Auch diese geschädigten Waldbestände und Kahlflächen gelten als Wald und sind vom Ausschluss der Umwandlung zur Errichtung von Windenergieanlagen durch § 10 Abs. 1 Satz 2 des Thüringer Waldgesetzes (ThürWaldG) erfasst.
Der Eingriff in das Eigentumsrecht der Beschwerdeführer sei nicht gerechtfertigt, weil die angegriffene Regelung formell verfassungswidrig ist. „Dem Freistaat Thüringen fehlt es hierfür an der Gesetzgebungszuständigkeit“, halten die Verfassungsrichter fest. Die Regelung ist nach der juristischen Prüfung des BVerfG dem Bodenrecht zuzuordnen und nicht dem Naturschutz und der Landschaftspflege, bei denen die Länder vom Bundesrecht abweichende Regelungen treffen können.
Maßgeblich seien damit Vorgaben des Baugesetzbuches (BauGB). Hier wird laut BVerfG die bauplanungsrechtliche Privilegierung der Windenergie im Außenbereich normiert, die deren Zulassung erheblich erleichtere. Es sei „nichts dafür ersichtlich“, dass das Baugesetzbuch daneben bodenrechtliche Regelungen der Länder zulassen wollte, die wie das Thüringer Waldgesetz die Flächennutzung zur Errichtung von Windenergieanlagen im Wald ausschließen.
Inhaltlich spreche gegen die Aushebelung des Bundesrechts durch eine abweichende Regelung wie die im Thüringer Waldgesetz, „dass der Ausbau der Nutzung der Windkraft einen faktisch unverzichtbaren Beitrag zu der verfassungsrechtlich durch Art. 20a GG und durch grundrechtliche Schutzpflichten gebotenen Begrenzung des Klimawandels leistet“, betonen die Karlsruher Richter. „Um das verfassungsrechtlich maßgebliche Klimaschutzziel zu wahren, die Erderwärmung bei deutlich unter 2,0 °C, möglichst 1,5 °C anzuhalten, müssen erhebliche weitere Anstrengungen der Treibhausgasreduktion unternommen werden, wozu insbesondere der Ausbau der Windkraftnutzung beitragen soll.“ Zugleich unterstütze dieser Ausbau die Sicherung der Energieversorgung, „die derzeit besonders gefährdet ist“.
„Das ist ein wichtiges Signal für die Bereitstellung der dringend benötigten Flächen“, sagt BWE-Präsident Hermann Albers. Große Teile der Wirtschaftsforste in Deutschland sind in Folge des fortschreitenden Klimawandels in einem schlechtem Zustand. Windenergieanlagen seien eine Möglichkeit, den Umbau der Forstwirtschaft zu ermöglichen. „Flächen, die durch Trockenheit, Krankheit oder Schädlingsbefall stark geschädigt sind, können für die Windenergie genutzt und über die Erträge wieder aufgeforstet werden“, heißt es beim BWE. Der Verband plädiert daher dafür, Flächen in Wirtschaftsforsten zur Nutzung für die Windenergie freizugeben.
„Mittels vertraglich festgelegter Wiederaufforstungsmaßnahmen kann die Windenergie einen starken Beitrag zur Steigerung der Biodiversität leisten, da Wirtschaftsforste häufig Monokulturen sind“, heißt es beim Verband weiter. Von den insgesamt 11,4 Mio. Hektar Waldfläche in Deutschland sind aktuell nur weniger als 0,01 Prozent für die Windenergie ausgewiesen.
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