„Plattformen sind der Schlüssel zum Strukturwandel auf dem PPA-Markt”

ContextCrew-Interview mit Dan Bisson, Renewable Exchange

Als PPA Executive Germany bei Renewable Exchange baut Dan Bisson das Deutschlandgeschäft aus, um Anlagenbetreiber den Zugang zum gesamten PPA-Markt zu ermöglichen. (Bildquelle: Renewable Exchange)

Nachdem der Bundestag im Dezember die Strompreisbremse verabschiedet hat, zeigt sich am Markt, wie sich die umstrittene Erlösabschöpfung auf die Entwicklung förderfreier Vermarktungsinstrumente wie Power Purchase Agreements (PPA) auswirkt. Wir haben uns mit Dan Bisson, der für den britischen PPA-Plattformbetreiber Renewable Exchange das Deutschlandgeschäft ausrollt, über den aktuellen Status und die Perspektiven für PPA in Deutschland unterhalten.

Herr Bisson, die Erlösabschöpfung im Rahmen der Strompreisbremse hat auf Seiten der Erneuerbare-Energien-Branche und insbesondere bei Anlagenbetreibern für viel Irritation gesorgt. Welche Wirkung des Instruments registrieren Sie aktuell am Markt? Und wie wird sich die Erlösabschöpfung in den kommenden Monaten auf den PPA-Markt auswirken?

Auch wenn die aktuellen Auswirkungen minimal erscheinen mögen, ist es genau das, was die Marktentwicklung behindert. Es gibt eine Reihe von Anlagen, deren 20 Jährige EEG-Förderungen auslaufen, die sich mit unvorhersehbaren monatlichen Preisen abfinden müssen. Ein 1-, 2- oder 3-jähriger Festpreis-PPA wäre dafür möglicherweise besser geeignet, um sich vor Marktschwankungen zu schützen und den Weiterbetrieb zu gewährleisten. Neuere Anlagen werden ebenfalls von allen Seiten beeinträchtigt – die 90-prozentige Erlösabschöpfung, erhöhte Baukosten und nachlassende Strompreise. Die Strompreisbremse für Verbraucher hat ja hohe Priorität, aber ein robuster Rahmen für den Ausbau sowie die Unterstützung aktueller erneuerbarer Energien ist ebenso wichtig für die Energiewende. Die Vorschriften haben die meisten Betreiber für die Dauer des Gesetzes effektiv von wichtigen Aspekten der Direktvermarktung abgeschnitten.

Das Gesetz an sich ist unnötig kompliziert; die schlecht definierten Parameter könnten zu viel Verwirrung und verschwendete Ressourcen für Stromerzeuger aller Größen führen. Betreiber mit PPAs müssen sicherstellen, dass sie bei der Steueranmeldung die geeignete Steuerberechnung auswählen, um eine möglicherweise erhebliche fiktive Steuerpflicht zu vermeiden. In den kommenden Monaten müssen sich die meisten Anlagenbetreiber mit PPAs mit Startdatum erst ab Mai 2024 (nach Ablauf des Gesetzes) begnügen, wenn sie am PPA-Markt teilnehmen wollen. Kleinere Anlagenbetreiber mit Anlagen unter 1 Megawatt installierter Leistung sind aber glücklicherweise vom Gesetz ausgenommen. Wahrscheinlich sind also diese, und Neuanlagenbetreiber, die sich aus Finanzierungsgründen ihren ersten PPA sichern (deren Erlös genau berechnet wird), die verbleibenden Marktakteure bis Ende des Strompreisbremsengesetzes.

Die Spot- und Terminmarktpreise an den Strombörsen sind gegenwärtig außergewöhnlich hohen Schwankungen ausgesetzt. Rechnen Sie mit einer Stabilisierung der Situation oder müssen sich Betreiber und Stromkunden an die hohe Volatilität gewöhnen? Und in welche Richtung werden sich die Strompreise nach Ihrer Einschätzung in den kommenden Monaten bewegen?

Ich würde gerne hoffen, dass sich die Preise stabilisieren, aber wir haben in den letzten drei Jahren zwei große makroökonomische Ereignisse erlebt, die die Strompreise an beiden Extremen des Spektrums beeinflusst haben. Deswegen bin ich nicht bereit, darauf zu wetten! Zum Glück für die Verbraucher tendieren die Preise nach unten, da die Versorgung mit LNG (Flüssiggas) vorerst gesichert ist, aber ich denke, die jüngsten Ereignisse haben die Fragilität der Lieferkette sehr deutlich gemacht.

Es ist doch fraglich, ob wir in absehbarer Zeit eine Rückkehr zu den Preisen vor 2022 sehen werden.

Wenn wir angesichts der Abhängigkeit Europas von LNG-Importen die Energiewende durch Überregulierung und fehlende Anreize weiter verschleppen, laufen wir Gefahr, unsere Energiesicherheit in die Hände anderer Länder zu legen. Alternativ könnte uns ein schlechter COVID-Stamm zurück ins Haus bringen, die Nachfrage drastisch reduzieren und die Rentabilität einiger erneuerbarer Anlagen kurzfristig verringern. Nichts, was wir nicht überwinden könnten, aber es unterstreicht die Wichtigkeit der Stabilität um jeden Preis auf einem so wichtigen Markt. Was die kommenden Monate betrifft, so haben der milde Winter und die gute Gasspeicherung dazu beigetragen, die Preise wieder auf ein überschaubareres Niveau zu senken. Es ist doch fraglich, ob wir in absehbarer Zeit eine Rückkehr zu den Preisen vor 2022 sehen werden.

In Großbritannien ist Renewable Exchange eine der führenden Plattformen, die Power Purchase Agreements für Anlagenbetreiber und Stromabnehmer (oder Stromkäufer) ausschreiben. Welche Rolle spielen Plattformen für die Entwicklung des PPA-Marktes generell und welcher Ansatz zeichnet Renewable Exchange dabei besonders aus?

Plattformen sind der Schlüssel zum Strukturwandel auf dem PPA-Markt. Konnektivität und Automatisierung sind von entscheidender Bedeutung, um sicherzustellen, dass jedes Projekt Zugang zum gesamten Markt hat. Damit werden Anlagenbetreiber mit den benötigten Informationen versorgt, um effizient und transparent eine fundierte Entscheidung zu treffen. Jeder Stromerzeuger verdient es, Zugriff auf wertvolle Festpreis-Stromverträge ohne Subventionen zu haben, ebenso wie kluge Stromabnehmer, die bereit sind, sich auf neue Technologien einzustellen, die Früchte ihrer Arbeit ernten werden. Dies ist eine hohe Wertschöpfung für den PPA-Markt, denn Schnelligkeit und Skalierbarkeit gehören zu den Grundsätzen der Energiewende.

Renewable Exchange hilft den Stromerzeugern dabei, die wettbewerbsfähigsten Angebote für ihren Strom zu erhalten, ohne dass sie zahlreiche Beziehungen pflegen müssen. Außerdem bieten wir Stromabnehmern den Zugriff auf Neukunden und einen optimierten PPA-Prozess an. Zur Verdeutlichung sind wir eher mit Merchant/Utility PPAs beschäftigt, beziehungsweise der Stromerzeuger verkauft ihren Strom direkt an den Stromabnehmer. Meiner Meinung nach heben wir uns dadurch ab, dass wir während des gesamten Prozesses großen Wert auf Transparenz legen – von der Aufschlüsselung der PPA-Angebote bis hin zu unseren Markt-Updates und Gebühren.

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Als PPA Executive Germany bauen Sie das Deutschlandgeschäft aus. Welche spezifischen Herausforderungen sehen Sie für die Entwicklung des PPA-Markts in Deutschland, gerade mit Blick auf kleine und mittlere Anlagen? Was unterscheidet hier den deutschen vom britischen Markt?

Ich denke, ein Großteil meiner Arbeit in Deutschland wird sich darauf konzentrieren, Anlagenbetreiber über die Vor- und Nachteile jeder Art von Direktvermarktung aufzuklären. In Großbritannien ist der PPA-Markt schon lange etabliert, dort also weniger ein Fremdwort, in Deutschland ist das aber nicht der Fall. Betreiber kleiner und mittlerer Anlagen werden mit der Marktprämie und der sonstigen Direktvermarktung vertraut sein und viele werden das Gefühl haben, erst kürzlich von der Einspeisevergütung umgestiegen zu sein.

Die Bundesregierung wird bei Eingriffen in die Strommärkte mehr Sorgfalt walten lassen müssen, um PPAs nicht zu benachteiligen, wie sie es mit der Preisbremse getan hat.

Meine Aufgabe ist es daher, sie zu informieren und ihnen zu ermöglichen, ihre eigenen Schlussfolgerungen darüber zu ziehen, welche Option für ihr eigenes Geschäftsmodell am besten geeignet ist. Ohne Subventionen ist es für diese Anlagenbetreiber noch wichtiger, alle Optionen zu prüfen, um sicherzustellen, dass die langfristige Rentabilität ihrer Projekte geschützt wird. Auf nationaler Ebene wird die Regierung, angesichts des Endziels erneuerbare Energien wirtschaftlich rentabel zu machen, bei Eingriffen in die Strommärkte mehr Sorgfalt walten lassen müssen, um PPAs nicht zu benachteiligen, wie sie es mit der Preisbremse getan hat.

Ich verstehe und schätze auch die Bedeutung von Ordnung und bewährten Verfahren hierzulande, daher ist die Zusammenarbeit mit den Stromabnehmern und das Verständnis ihrer individuellen Präferenzen eine Priorität, wenn es darum geht, den zukünftigen PPA-Markt mitzugestalten.

Abschließend: Welche 3 Tipps würden Sie Anlagenbetreibern in dem gegenwärtig sehr volatilen Marktumfeld geben?

Erstens muss man die Strompreisbremse begreifen, von der Steuerpflicht bis zur richtigen Registrierung von Anlagen zum richtigen Zeitpunkt. Es handelt sich um große Mengen an Einnahmen, die beeinträchtigt werden könnten. Daher lohnt es sich, den Überblick zu behalten.

Zweitens ist es wichtig, Angebote von mehreren Abnehmern beim Stromverkauf zu erhalten. Es ist überraschend, wie stark die Angebote zwischen den Stromabnehmern variieren können. Preis, Service, Vertragsbedingungen und Unternehmensethik sind wichtige Überlegungen bei der Suche nach der richtigen Gegenpartei für Ihre Anlage.

Drittens, wenn Sie sich für Risikomanagement im Portfolio interessieren und Ihr Einkommen auf angenehmem Niveau garantieren möchten, sollten Sie sich nicht vor dem PPA-Markt scheuen.

Vielen Dank für das Gespräch!

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