Die Prozessabwärme der Papierfabrik der Stora Enso Maxau (SEM) wird künftig zu einer weiteren Einspeisequelle für die Fernwärmeversorgung in Karlsruhe. Einen entsprechenden Vertrag haben jetzt die Stadtwerke Karlsruhe (SWK) und die SEM abgeschlossen. Eine Studie habe ergeben, dass es technisch, ökologisch und wirtschaftlich sinnvoll sei, die Abwärme aus der Papierproduktion für das Fernwärmenetz der Stadt nutzbar zu machen, so der Technische Geschäftsführer der Stadtwerke, Olaf Heil, bei der Vertragsunterzeichnung.
Die Karlsruher Fernwärme stammt zu über 90 Prozent aus industrieller Prozessabwärme und aus Abwärme bei der Stromerzeugung in so genannter Kraft-Wärme-Kopplung (KWK), geht aus einer Mitteilung der Stadtwerke hervor. Hauptlieferanten sind die Mineralölraffinerie Oberrhein (MiRO) und das Rheinhafen-Dampfkraftwerk der Energie Baden-Württemberg AG (EnBW). Sowohl die Raffinerie als auch das Kraftwerk nutzen dabei Abwärme, die sonst verloren ginge, für die Fernwärmeversorgung.
Nun wird die Abwärme der Papierfabrik als weitere Einspeisequelle hinzukommen. Zur Versorgung der Papierfabrik mit Prozessdampf und elektrischer Energie hat die SEM einen Wirbelschichtkessel, der zu über 80 Prozent mit Biomasse betrieben wird, mit zugehörigen Dampfturbinen in Betrieb. Die Turbinen werden im kombinierten KWK- und Kondensationsbetrieb eingesetzt. Durch den derzeitigen Bau einer neuen, hocheffizienten Turbine ergebe sich künftig weiteres KWK-Potenzial, das die SEM und die Stadtwerke künftig für die Wärmeversorgung nutzbar machen wollen. Dies führe zu einer Vermeidung von 10.000 Tonnen CO2-Ausstoß pro Jahr.
Schaffung der technischen Voraussetzungen und Infrastruktur bis 2022
Die neue Dampfturbine von SEM wird im Laufe des Jahres 2020 in Betrieb gehen. Mit einem ebenfalls neuen Heizkondensator können dann pro Stunde rund 40 Tonnen Dampf im KWK-Betrieb zur Wärmelieferung genutzt werden. Diese soll über eine neue, etwa 2 km lange Verbindungsleitung von der Papierfabrik bis zur bestehenden Transportleitung von der MiRO-Raffinerie zum Heizkraftwerk West (HKW West) der Stadtwerke geleitet werden.
Das HKW West am Rheinhafen dient als Verteilknotenpunkt für die ankommende Wärme aus allen drei Einspeisequellen. Von dort wird die Wärme in Form von heißem Wasser in das Fernwärmenetz der Stadt verteilt. Das beim Kunden genutzte und dabei abgekühlte Wasser wird über den so genannten Rücklauf wieder dem HKW zugeführt. Mit dem Bau der neuen Verbindungsleitung beginnen die Stadtwerke im Herbst 2020 und möchten sie bis Ende 2022 fertigstellen.
Karlsruher Fernwärme boomt
Derzeit werden nach Angaben der Stadtwerke rund 40.000 Wohneinheiten und eine Großzahl von Gewerbeeinheiten in der Fächerstadt mit Fernwärme versorgt. Seit einigen Jahren bauen die Stadtwerke ihr Fernwärmenetzin der Fächerstadt aus und schließen Zug um Zug neue Stadtteile an. Erstmals überwindet die Fernwärme nun auch die Stadtgrenze Richtung Süden – die neue Trasse von der Rheinstrandsiedlung über Forchheim bis zur neuen Stadtmitte Rheinstetten soll im Jahr 2021 fertig sein.