Die Schweizer Gaswirtschaft hat sich das Ziel gesetzt, bis ins Jahr 2030 den Anteil der erneuerbaren Gase im Wärmemarkt, also im Heizungsbereich, von derzeit drei auf 30 Prozent zu steigern. Das entspricht einem zusätzlichen Bedarf an erneuerbaren Gasen von 4.500 GWh im Jahr. Wie der Verband der Schweizerischen Gasindustrie (VSG) auf dem Bioenergieforum am 18. April in Solothurn ausgeführte, ist das Biomasse-Potenzial in der Schweiz ausreichend, um das 30-Prozent-Ziel zu erreichen.
Insgesamt bestehe ein ungenutztes Potenzial von 5.660 GWh im Jahr. Insbesondere in der Landwirtschaft sei noch ein großes Ausbaupotenzial vorhanden: Aus Hofdünger und landwirtschaftlichen Nebenprodukte könnten jährlich 2.800 GWh Wärme erzeugt werden. Das Potenzial von Power-to-Gas beziffert der VSG auf 1.000 GWh. Es folgen Grüngut mit 700 GWh, organischer Abfall (Siedlung/Industrie) mit 680 GWh, Rest- und Altholz mit zusammen 270 GWh sowie Klärgas aus Abwasserreinigungsanlagen (ARA) mit 210 GWh im Jahr.
Bei einem Ausbau der Erzeugung von Wärme aus erneuerbaren Gasen müsse aber auch die Wirtschaftlichkeit berücksichtigt werden. „Die Low-hanging fruits sind schon gepflückt“, betonte Hans-Christian Angele, Leiter Politik beim VSG auf dem Bioenergieforum. Weitere Anlagen seien mit höheren Kosten verbunden und könnten nicht mit der Wärmeerzeugung aus Erdgas konkurrieren. Folglich müssten die richtigen Rahmenbedingungen geschaffen werden, um den Ausbau der Erzeugung von erneuerbaren Gasen voranzubringen.
Bisher 30 Biomethan-Einspeiseanlagen am Netz
Die Gaswirtschaft fördere bereits heute aktiv die Biogas-Produktion. So werden mit einem Fonds neue Anlagen unterstützt, die Biogas ins Gasnetz einspeisen. Inzwischen gebe es in der Schweiz bereits 30 solcher Anlagen; weitere sind im Bau oder geplant. Dank dieser konsequenten Förderung steige die Biogas-Einspeisung von Jahr zu Jahr an; seit 2010 sei die Biogas-Produktion verfünffacht worden.
Besonders kostengünstig ist die Biogasproduktion in ARA und aus biogenen Abfällen, kostenintensiver sind die Biogasproduktion in landwirtschaftlichen Biogasanlagen, die Holzvergasung und Power-to-Gas. Power-to-Gas spielt aber insbesondere beim Umbau der Energiesysteme in Richtung Erneuerbarkeit und Energieeffizienz eine wichtige Rolle, da so überschüssiger Strom aus fluktuierenden Energien im Gasnetz gespeichert werden kann.
Erstmals darf Wasserstoff ins Erdgas eingespeist werden
Beim Ausbau der Power-to-Gas-Technologie in der Schweiz wurde aktuell ein Meilenstein erreicht: Das Hybridwerk der Regio Energie Solothurn hat die Bewilligung zur Herstellung und Einspeisung von erneuerbarem Wasserstoff ins Erdgasnetz erhalten. Dem Schweizer Energieversorger zufolge ist der Bewilligung des Bundes ein langes Verfahren vorausgegangen. Die Elektrolyseure des Hybridwerks können damit erstmalig in der Schweiz aus erneuerbarem Strom hergestellten Wasserstoff in das Erdgasnetz einspeisen. Beim Verbrauch des Wasserstoffes für Heizzwecke oder als Treibstoff fallen dem Unternehmen zufolge weder Steuern noch CO2-Abgaben an.
In das gut einjährige Bewilligungsverfahren waren neben der Oberzolldirektion auch das Bundesamt für Umwelt (BAFU) und der Verband der Schweizerischen Gasindustrie (VSG) involviert. Das BAFU war für die Überprüfung der Rohstoffqualität – also die Herkunft des erneuerbaren Stroms – zuständig. Ausschlaggebend für die Erteilung der Bewilligung war nach Angaben von Regio Energie Solothurn auch die praktisch vollständige Nutzung der Abwärme, die bei der Elektrolyse entsteht. Diese wird ins Fernwärmenetz der Regio Energie Solothurn geführt. Die Anlage erfüllt damit die ökologischen und sozialen Anforderungen der Mineralölsteuer-Gesetzgebung.
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