Ein Gesamtvolumen von 32 Mio. €, 19 Mio. € davon Fördergelder des Bundeswirtschaftsministeriums – das sind die Eckdaten des jetzt gestarteten Projekts „MethQuest“, das sich der Erzeugung und dem Einsatz methanbasierter Kraftstoffe aus erneuerbaren Quellen widmet. Im Kern geht es in dem auf drei Jahre angelegten Projekt um das Thema Sektorkopplung: Wie kann regenerativ erzeugter Strom für die Wärmeversorgung und den Verkehr genutzt werden? MethQuest will dabei solche Technologien in den Blick nehmen, die sich schnell in den Markt einführen lassen.
Methan aus Power-to-Gas-Prozessen weise zahlreiche Vorteile gegenüber anderen Power-to-X-Optionen auf, heißt es seitens der beiden Projektkoordinatoren von MethQuest, dem Technologieanbieter Rolls-Royce Power Systems und der DVGW-Forschungsstelle am Engler-Bunte-Institut des KIT. „Die Herstellungsprozesse sind weniger komplex und zeigen deutlich höhere Wirkungsgrade. Das wirkt sich positiv auf die Produktionskosten aus.“
Ein weiterer Vorteil bestehe im „problemlosen, sukzessiven Ersetzen“ von fossilem Erdgas durch komprimiertes bzw. verflüssigtes Methan aus erneuerbaren Energien. „Die bestehenden Gasnetze und -anwendungen lassen sich so ohne kosten- und zeitaufwändige Anpassungen weiter nutzen“, weisen die Koordinatoren auf ein Argument hin, das von der Gasbranche mit Blick auf die Sektorkopplung immer wieder ins Feld geführt wird.
Diese Vorteile sowie die Speicherbarkeit von Methan werfen die Projektpartner in die Waagschale, um Power-to-Gas als „Ergänzung zur Elektromobilität“ im Zuge der Energie- und Verkehrswende in Position zu bringen. Es geht in dieser Lesart angesichts bestehender Wirkungsgradnachteile von Power-to-Gas gegenüber einer direktelektrischen Nutzung von Strom in Verkehr und Wärmesektor nicht um ein „Entweder-Oder“, sondern ein „Sowohl-als-auch“. Gerade für Gasnetzbetreiber ist die zugrunde liegende Fragestellung nach der Ausgestaltung der Sektorkopplung von sehr großer Bedeutung, wie auch eine aktuelle Studie von Becker Büttner Held (BBH) zeigt.
MethFuel: Wie kommen Komponenten von PtG-Anlagen mit stark schwankendem Stromangebot zurecht?
Das jetzt gestartete Verbundprojekt umfasst sechs Einzelvorhaben (siehe Kasten). Sie sollen Lösungsansätze für Teilfragen einer umfassenden Nutzung von Power-to-Gas entwickeln. Im Verbundvorhaben MethFuel stehen neuartige verfahrenstechnische Konzepten zur Wasserstoff- und Kohlenstoffdioxid-Bereitstellung und zur katalytischen Methanisierung im Blickpunkt.
Das Institut für Technische Chemie und Polymerchemie (ITCP) und das mit dem KIT assoziierte Europäische Institut für Energieforschung (EIfER) wollen in ihrem gemeinsam betriebenen Labor Enermat (Energetische Materialien) untersuchen, wie die einzelnen Komponenten der Power-to-Gas-Anlagen, die mit Strom aus erneuerbaren Energiequellen gespeist werden, mit einem stark schwankenden Stromangebot zurechtkommen. Dabei geht es vor allem um die Aufgabe, Festelektrolysezellen optimal für die hohen dynamischen Anforderungen von Power-to-Gas-Anwendungen einzusetzen.
Komplementär dazu will der Bereich Chemische Energieträger – Brennstofftechnologie des Engler-Bunte-Instituts (EBI ceb) die Dreiphasen-Methanisierung (3PM) untersuchen, die Stromschwankungen sehr schnell folgen könne. „Dies ermöglicht die direkte Kopplung der Methanisierung an die Wasserstofferzeugung ohne Zwischenspeicherung und somit eine deutliche Reduzierung von Investitions- und Betriebskosten“, heißt es beim KIT.
MethCar: Entwicklung neuartiger Pkw-Gasmotoren im Fokus
Im Verbundvorhaben MethCar geht es um die Anbindung des Verkehrssektors. Im Zentrum steht die Entwicklung von neuartigen Pkw-Gasmotoren. Die besonderen Eigenschaften von komprimiertem Methan aus erneuerbaren Energien versprächen in einem spezifisch angepassten Pkw-Motor besonders hohe Effizienz, zudem weisen Methanmotoren gegenüber Diesel- und Benzinmotoren sehr geringe Partikelemissionen auf – ein Vorteil, auf den auch die Biogasbranche verweist. Mehr noch: „Mit dem Einsatz von Biomethan könnten nicht nur CO2-Emissionen im Verkehr eingespart, sondern auch der gesundheitsschädliche Ausstoß von Stickoxiden und Feinstaub um bis zu 95 Prozent reduziert werden“, heißt es in einem aktuellen Beitrag von Envitec Biogas zur Verkehrswende.
MethCar adressiert solche Fragestellungen rund um das Thema Feinstaub. Sehr feine Partikelgrößen, die kleiner als 100 Nanometer Durchmesser haben, gelangten zunehmend in den Fokus, führt das KIT aus. Um die Bildung dieser Partikel bei bestimmten Betriebszuständen zu vermeiden, werden diese Abläufe im Rahmen des Projekts vom Bereich für Verbrennungstechnik am Engler-Bunte-Institut (EBI vbt) nachgestellt und beschrieben, um sie bei der anschließenden Auslegung des MethCar-Brennverfahrens und der Motorkalibrierung sicher vermeiden zu können.
Hafen Karlsruhe als Labor für Schnittstellen und Synergien der Sektorkopplung
Wesentlich für MethQuest ist der sektorenübergreifende Untersuchungsansatz, betont Frank Graf, Bereichsleiter Gastechnologie der DVGW-Forschungsstelle am Engler-Bunte-Institut des KIT. „Durch die sechs Verbundprojekte erreichen wir einen Innovationsschub in zahlreichen Bereichen, angefangen bei der Entwicklung neuartiger Lösungen, um Gas aus erneuerbaren Energien zu gewinnen, über neuartige Motorenkonzepte für Pkw, stationäre Anwendungen und Schiffsantriebe bis hin zur Gestaltung von Microgrids für Binnen- und Seehäfen“, sagt Graf.
Am Beispiel des Hafens Karlsruhe sollen Schnittstellen und Synergien der Sektorkopplung untersucht und simuliert. Ganz konkret geht es dort um die Frage, wie Strom, Gas und Wärme örtlich bedarfsgerecht gewonnen und den Verbrauchern bereitgestellt werden können. Zu den Verbrauchern zählt dabei die lokale Hafeninfrastruktur genauso wie die städtische Busflotte und Schiffe. Auch Speichermöglichkeiten werden mitbetrachtet, um das lokale Netz möglichst eigenständig betreiben zu können.
„Für eine erfolgreiche Energiewende ist es unabdingbar, dass die Sektoren Energie und Verkehr gekoppelt und gesamtheitlich betrachtet werden“, sagt Norbert Brackmann, Koordinator der Bundesregierung für die maritime Wirtschaft. Dabei spielten methanbasierte Kraftstoffe auf der Grundlage von Power-to-Gas spielten dabei eine wichtige Rolle. Die Weiterentwicklung der Technologien, durch die diese Kraftstoffe energieeffizient eingesetzt werden können, sei wesentlicher Bestandteil des Leitprojekts MethQuest. Insgesamt sind an dem Vorhaben 27 Projektpartner aus Wissenschaft und Wirtschaft beteiligt. (Beitragsgraphik: Rolls-Royce Power Systems)
Insgesamt sechs Verbundvorhaben widmen sich im Leitprojekt „MethQuest“ dem Einsatz von methanbasierten Kraftstoffen in verschiedenen Bereichen:
► Im Verbundvorhaben MethFuel (Koordination: Areva H2Gen GmbH) werden neuartige verfahrenstechnische Konzepte zur H2- und CO2-Bereitstellung und zur katalytischen Methanisierung entwickelt, die in Bezug auf lastflexible Fahrweise, apparative Umsetzung und Energieeffizienz deutliche Vorteile im Vergleich zum Stand der Technik aufweisen.
► Im Verbundvorhaben MethCar (Koordination: FORD-Werke GmbH) wird ein neuartiges Pkw-Gasmotorkonzept entwickelt. Denn die besonderen Eigenschaften von komprimiertem EE- Methan versprechen in einem spezifisch angepassten Pkw-Motor besonders hohe Effizienz.
► Gegenstand des Verbundvorhabens MethPower (Koordination: MTU Friedrichshafen, eine Tochtergesellschaft von Rolls-Royce Power Systems) sind neuartige Motorenkonzepte für stationäre Anwendungen. Diese Konzepte ermöglichen die Minimierung von Schadstoffemissionen sowie große Flexibilität für den Einsatz in stromgeführten Energiesystemen bei hoher Energieeffizienz.
► Im Verbundvorhaben MethMare (Koordination: MTU Friedrichshafen, eine Tochtergesellschaft von Rolls-Royce Power Systems) werden zwei verschiedene Konzepte für schnelllaufende und dynamisch betreibbare Gasmotoren für die Schifffahrt detailliert betrachtet, um die technologische, ökologische und wirtschaftliche Machbarkeit nachweisen zu können.
► Im Verbundvorhaben MethGrid (Koordination: DVGW-Forschungsstelle am Engler-Bunte-Institut des KIT) werden erzeugungs-, netz- und verbrauchsseitige Lösungen zur Gestaltung von Microgrids für Binnen- und Seehäfen entwickelt. Dabei spielt auch die Kopplung mit Power-to-Gas-Produktionsprozessen eine wichtige Rolle.
► Eine verbundübergreifende systemanalytische Bewertung hinsichtlich Kosten, Klimawirkung und Umsetzbarkeit erfolgt im Verbundvorhaben MethSys (Koordination: Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung). Hierzu werden verschiedene Modelle weiterentwickelt und miteinander verknüpft, um die zukünftige Rolle von EE-Methan und den dazugehörigen Gastechnologien im Energiesystem gesamtwirtschaftlich bewerten zu können.