Die Entwicklung der Strompreise im Großhandel hat in den vergangenen Wochen und Monaten für manches Kopfzerbrechen bei kleineren Stromversorgern, aber auch bei energieintensiven Stromkunden gesorgt. Auf der anderen Seite bietet die gegenwärtige Situation auch Marktchancen, insbesondere für Betreiber von EEG-Anlagen. So ist etwa der Pexa Germany, den der Schweizer PPA-Dienstleister Pexapark ermittelt, in der Spitze auf mehr als 6,4 ct/kWh gestiegen – ein sehr attraktives Vermarktungsumfeld etwa für neue Solarparks, die sich langfristig einen stabilen Cashflow sichern wollen. (Nachweis für Beitragsbild: ContextCrew)

Auch für viele Betreiber von Anlagen, die noch im EEG-Förderregime stehen, bietet die Situation die Chance, höhere Erlöse zu erzielen. Hohe Preise am Terminmarkt von bis zu 120 €/MWh und mehr können zur Folge haben, dass der von den Netzbetreibern ermittelte Marktwert den Anzulegenden Wert der jeweiligen Anlage übersteigt. „Trifft das auf Anlagenbetreiber zu, profitieren sie von den höheren Preisen an den Märkten“, heißt es bei der LEAG, die Anlagenbetreiber über die LEAG energy cubes als Dienstleister betreut.

Für das kommende Vermarktungsjahr 2022 hätten Anlagenbetreiber „je nach Risikoappetit und Planungssicherheit“ verschiedene Möglichkeit, berichtet das Unternehmen. Eine Option ist der temporäre Wechsel in die sonstige Direktvermarktung. Diese Option ermögliche es, am Terminmarkt die Stromerzeugung zu den gerade gültigen Preisen abzusichern, eine Vorgehensweise, die sich für risikoaverse Betreiber anbiete. Eine Alternative für risikofreudige Anlagenbetreiber sei es, in der geförderten Direktvermarktung zu bleiben und die Chance einer Vermarktung noch deutlich über dem gesicherten Preis zu nutzen. Das Risiko fallender Preise tragen die Betreiber dann aber selbst.

Temporärer Wechsel in die sonstige DV besonders für U5-Anlagen attraktiv

EEG-Anlagen, die in den letzten fünf Jahren in Betrieb gegangen sind, hätten typischerweise einen niedrigeren Anzulegenden Wert, hält die LEAG fest. Insbesondere für diese Anlagenbetreiber könne sich ein zeitweiser Wechsel von der geförderten zur sonstigen Direktvermarktung lohnen, um ihre Erzeugung am Terminmarkt abzusichern. Bei der LEAG ist hier von „U5-Anlagen“ die Rede.

Die zu Monatsbeginn von den Übertragungsnetzbetreibern bekannt gegebenen Daten zur geförderten und ungeförderten Direktvermarktung dokumentieren, dass gerade der Weg über die sonstige Direktvermarktung in jüngerer Vergangenheit an Attraktivität gewonnen hat. Sowohl im Oktober als auch im November ist die neu hinzugekommene Anlagenleistung in der sonstigen DV höher gewesen als im Marktprämienmodell. Noch vor einem Jahr war die sonstige Direktvermarktung als Vermarktungsweg nahezu bedeutungslos. Im November 2020 befanden sich lediglich 502 MW Anlagenleistung in der sonstigen Direktvermarktung, im November 2021 sind es 4.922 MW, also fast die zehnfache Leistung.

Regelenergie ein im Zuge der Energiewende gefragtes Gut

Die LEAG-Experten sehen einen weiteren Trend im Bereich der Vermarktung von Strom aus erneuerbaren Energien: die Bereitstellung von Regelenergie. Durch das Auslaufen der Kern- und der Kohleenergie gehen in den nächsten Jahren 1.590 MW Primärregelleistung (FCR), 2.830 MW Sekundärregelleistung (aFRR) und 10.260.520 MW Minutenreserve (mFRR) aus dem Markt, zitiert die LEAG Angaben der Übertragungsnetzbetreiber. Dem gegenüber steht der kontinuierliche Ausbau der installierten Leistung erneuerbarer Energien auf zuletzt 132,1 GW im Jahr 2020.

Mit Blick auf die erforderliche Netzfrequenz von 50 Hertz stellt die Regelenergie ein wichtiges Werkzeug dar, um je nach Regelenergieart die Balance zwischen Erzeugung und Verbrauch binnen Sekunden und Minuten wiederherzustellen. Der Wandel in der Struktur der Stromerzeugung weg von der gesicherten Leistung hin zu mehr und zum großen Teil fluktuierend darbietenden Erneuerbaren zeigt sich auch in den Preisen auf den Regelenergiemärkten. Mit einem Spitzenwert von 6.331 € je Megawatt am 3. Oktober 2021 erzielte der Primärregelenergiepreis eine Verdreihundsechzigfachung im Vergleich zu Beginn des Jahres, erläutert Harald Altmann, Leiter der LEAG energy cubes. Der sukzessive Wegfall von konventionellen Energieträgern sei allerdings nur ein Faktor, der die aktuell positive Preissituation begründet. Auch die Erholung der Wirtschaft nach der Corona-Delle spiegele sich an den Märkten wider.

Markteilnehmer mit flexiblen Anlagen und Prozessen können stark profitieren

„Insgesamt haben die Preise im Stromhandel deutlich angezogen. Der gestiegene CO2-Preis wirkt sich auf die Preise für positive Regelenergie konventioneller Anlagen aus und soweit Gas an diese Stelle tritt, schlagen sich hier die höheren Brennstoffkosten nieder“, erläutert Altmann. Nicht zuletzt ergäben sich vorübergehende Effekte aus der Verfügbarkeit präqualifizierter Anlagen und Revisionszeiträumen, welche die Preise beeinflussen.

Man sehe gute Chancen, dass sich der Regelenergiemarkt weiter stabil bis positiv entwickele. „Zwar nimmt der Ausbau der erneuerbaren Energien sukzessive zu, Photovoltaik und Wind unterliegen naturgemäß jedoch stärkeren Schwankungen, was den Ausstieg der konventionellen Teilnehmer am Markt nur bedingt kompensiert.“ Regelenergie bleibe damit ein gefragtes Gut.

Auch für Solarstrom wurde in den vergangenen Monaten viel Geld bezahlt an den Strombörsen

 

Gerade Markteilnehmer mit flexiblen Anlagen und Prozessen könnten hiervon stark profitieren. Das betreffe nicht nur Batterien und Erzeugungsanlagen wie Notstromaggregate, KWK-Anlagen oder Blockheizkraftwerke, auch industrielle Prozesse wie Kühlen, Trocknen oder Wärmen, bei denen der Stromverbrauch auf Abruf für kurze Zeit angepasst werden kann, besäßen die notwendige Flexibilität.

Die LEAG energy cubes vernetzen nach Unternehmensangaben seit 2019 über 500 Stromerzeuger und Stromverbraucher sowie Energiespeicher zu virtuellen Einheiten und bieten so die Möglichkeit, effizient auf die neuen Anforderungen der Märkte reagieren zu können. Mit der BigBattery Lausitz – dem mit einer Kapazität von 53 MWh größtem Batteriespeicher Europas –befinde sich im Batteriepool der LEAG energy cubes ein „entscheidender Sicherheitspuffer“, um das Stromnetz gegen Schwankungen abzusichern. Das Unternehmen unterstütze Betreiber von der geförderten Direktvermarktung ab 100kW inklusive Redispatch 2.0 Lösungen bis hin zur Option des Wechsels in die sonstige Direktvermarktung und biete damit eine nach Risikoprofil abgestimmte Vermarktungslösung.

Flexibilitätsmärkte, Post-EEG-Vermarktung und mehr: Die Blickpunkte von EUWID Neue Energie:

Energiewende im Kontext: Übersicht über die Blickpunkte von EUWID Neue Energie