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Speicherbranche vermisst weiter systemische Steuerung der Energiewende

Branche meldet deutliches Wachstum / Korrekturen an Osterpaket gefordert

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Das Jahr 2021 hat sich für die Energiespeicherbranche als gutes Jahr erwiesen – trotz Pandemie, Lieferengpässen und steigenden Produktions- sowie Rohstoffkosten. Mit 8,9 Mrd. € Umsatz und mit rund 17.000 Beschäftigten in 2021 hat die Branche ein Wachstum von über 25 Prozent gegenüber 2020 erreicht. Auch für dieses Jahr rechnet der Bundesverband Energiespeicher Systeme (BVES), für den das Consultingunternehmen 3EC die jüngsten Branchenzahlen zusammengestellt und aufbereitet hat, mit deutlichem Wachstum. Allerdings ist der Faktor Unsicherheit spürbar gewachsen.

Engpässe bei Rohstoffen und Lieferketten begrenzten das Wachstum in den Jahren 2022 und 2023. Das Problem ziehe sich durch die komplette Wertschöpfungskette, es fehle an Stahl, Kupferleitungen, Chips, aber auch zunehmend an Fachkräften. Ein größeres Problem sieht die Branche aber weiter im politischen Umfeld. Anders als die Erneuerbaren-Branche, die zumindest deutliche Fortschritte durch den Regierungswechsel im vergangenen Jahr erkennt und das „Osterpaket“ in wichtigen Teilen lobt, vermisst die Speicherbranche eine Stärkung des Systemgedankens. „Ob der Zubau der Erneuerbaren in die Systeminfrastruktur passt, ist – aus welchen Gründen auch immer – aktuell kein Thema“, sagte BVES Bundesgeschäftsführer Urban Windelen bei einem Pressegespräch.

Die Motivation auf Kundenseite, Energiespeicher zu installieren, sei indes deutlich gewachsen. Neben den bisherigen Treibern wie Beteiligung an der Energiewende und dem Wunsch nach mehr Nachhaltigkeit, stiegen deutlich die Elektromobilität, die steigenden Energiepreise und der Wunsch nach Unabhängigkeit sowie Steigerung der Versorgungssicherheit als Treiber der Märkte ein, heißt es beim BVES.

Segment Haushalte: 500.000 Heimspeicher mit Leistung von zwei AKW installiert

Die größte Umsatzentwicklung innerhalb der Speicherbranche verzeichnete das Marktsegment Haushalte. Mit 4,4 Mrd. € Umsatz in 2021 erreichte es ein deutliches Wachstum von 28 Prozent und stellt mit einem Anteil von rund 50 Prozent das größte Marktsegment der Branche dar. Auch einen Meilenstein konnte Windelen vermelden: Im April 2022 erreichte die Anzahl der installierten Heimspeichersysteme die Zahl von 500.000. „Mit einer installierten Leistung von über 2,5 MW entspricht das der Leistung von fast zwei Atomkraftwerken“, heißt es beim Speicherverband.

Quelle: 3EC/BVESFür das Jahr 2022 stellt die Prognose ein weiteres Wachstum um rund ein Viertel auf 5,4 Mrd. € Umsatz in Aussicht – abhängig gleichwohl von etlichen externen Faktoren, auf die die Unternehmen nur begrenzten oder keinen Einfluss haben. Neben den Themen Resilienz, Autarkie und Versorgungssicherheit rücke auch das Thema Energiepreise als Impulsgeber für den Ausbau der Speicher in die erste Reihe.

Quelle: 3EC/BVESDie Sektorkopplung gewinnt auch im Haushaltsbereich immer mehr an Bedeutung. Haushalte, die eine PV-Anlage und einen Energiespeicher einsetzen, hätten zu 30 Prozent auch eine Wärmepumpe und zu 10 Prozent auch ein Elektroauto. Für 2022 rechnen BVES und 3EC mit einem Anstieg dieser Werte. Zugleich führt die Sektorkopplung zu einer Erhöhung der Kapazität von Speichern im Heimspeichersegment. Von 6,8 kWh sei diese bis 2021 auf 8,8 kWh gestiegen, ein Trend, der nach Einschätzung des BVES anhalten wird.

Wärmespeicher gewinnen im Haushaltsbereich deutlich an Bedeutung

Ein wichtiger Treiber der Speicherumsätze im Haushaltsbereich sind neben den Heimspeichern auch Wärmespeicher. Über die GEG/BEG-Förderung könnten bis zu 50 Prozent der Investitionskosten der Maßnahme finanziert werden. Die selbst gesteckten Ziele der Wärmepumpenbranche (6 Mio. Geräte bis 2030 im Markt) und die Pläne der Bundesregierung (65 Prozent Anteil Erneuerbarer am Betrieb neuer Heizungen ab 2025) trieben den Markt für Wärmespeicher in den kommenden Jahren. Auch die verschärfte Gaspreiskrise im Zuge des Ukrainekriegs führe zu einem weiteren Marktschub. Aktuell profitieren vor allem Luft-Wasser-Wärmepumpen im Bestandsbau, während Erdwärmepumpen durch regulatorische Hemmnisse gebremst werden. Hemmend für den Ausbau sei zudem, dass Industrie und Handwerk ihre Kapazitäten zur Realisierung der Ausbauziele stark ausbauen müssen – in einem von Fachkräftemangel jetzt schon verschärften Umfeld.

Segment Industrie und Gewerbe: Verschobene Projekte heizen Markt 2021 an

Das Segment Industrie und Gewerbe hat 2021 den Corona-bedingten Umsatzrückgang des Vorjahres mehr als ausgeglichen, berichtet der BVES. Demnach wurden viele aufgeschobene Projekte nun realisiert. Auch für 2022 erwartet die Energiespeicherbranche ein deutliches Wachstum in diesem Marktsegment. Hohe Energiepreise, die Verpflichtung zur Dekarbonisierung und das Streben nach Versorgungssicherheit hätten 2021 die Nachfrage nach Speichern in Industrie weiter nach vorne getrieben, heißt es. Industrie- und Gewerbespeicher seien weiterhin „vielschichtig“ im Einsatz.

Für das Jahr 2022 steige das Thema der Versorgungssicherheit nochmals deutlich an, insbesondere im Wärmebereich für die Industrie, heißt es. „Der Krieg in der Ukraine beschleunigt den Druck zum Ausstieg aus Öl und Gas zur Wärmeerzeugung in der Industrie enorm“, betont Windelen. Das bedeute direkte Elektrifizierung über erneuerbare Energien und Ermöglichung der üblichen Produktionsprozesse in der Industrie „gerade über Thermische Speichertechnologien“. Aktuell würden Anwendungen von thermischen Speichern noch von Forschungs- und Pilotprojekten geprägt, erste Großprojekte zum Ersatz von Gas seien in Planung. Perspektivisch sieht die Branche hier ein großes Entwicklungspotenzial.

Systeminfrastruktur: Stabile Umsätze in weiter „schwierigem Marktumfeld“

Höhere Preise für Primärregelleistung (PRL) Preise sowie einige neue Großspeicherprojekte sorgten für konstante Umsätze im Segment Systeminfrastruktur, berichtet der BVES weiter. Die Großspeicher befänden sich jedoch weiter in einem schwierigen Marktsegment, heißt es. Umsätze erwirtschaften auf stabilem Level die Pumpspeicher, volatil sind die Umsätze der Großbatteriespeicher. Mit den Innovationsausschreibungen würden zukünftig weitere Projekte realisiert werden. Auch im Bereich der Ladeinfrastruktur im öffentlichen Raum stellten sich Pufferspeicher oder in Ladesäulen integrierte Batterien als gute technische Lösung dar, um die Menge an E-Fahrzeugen mit der notwendigen Ladeleistung zu versorgen.

Speicherbranche bewertet Marktaussichten positiv

Trotz der anhaltende Pandemie bewahrt sich die Speicherbranche ihren positiven Blick auf die Jahre 2022 und 2023, wie eine begleitende Umfrage unter BVES-Mitgliedern zeigt. Fast 86 Prozent der Befragten schätzten die Marktaussichten für 2022 als „sehr positiv“ oder „eher positiv“ ein – nahezu gleich verteilt auf die drei Marktsegmente Haushalt, Industrie/Gewerbe sowie Systeminfrastruktur.

Der Blick gehe bei vielen Unternehmen in Richtung der Auslandsmärkte, eine Entwicklung, die BVES-Bundesgeschäftsführer Windelen als gefährlich einstuft, da das regulatorische Umfeld in vielen Marktsegmenten den heimischen Markt schwäche. Die vorhandenen und marktgängigen Technologien seien schnell skalierbar und können damit kurzfristig die Importabhängigkeiten von insbesondere Öl und Gas deutlich reduzieren. „Umso überraschender ist es, dass die aktuelle EEG-Reform wiederum das Thema Speicher ausklammert und stattdessen die Probleme der Energieversorgung durch etwa die ungesteuerte Einspeisung erhöht und nicht reduziert“, kritisiert Windelen. Hier gebe es dringenden Nachbesserungsbedarf. „Nur mit Speichern bringen wir die Energiewende voran.“

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