Abo

Newsletter

Steuerbare Verbrauchseinrichtungen: Eingriffe des Netzbetreibers nur „ultima ratio“

BNetzA legt Regelungen zur Einbindung von Wärmepumpen und E-Autos vor

Ausgabe:
Bereiche:
Themen:
Ressort:
Unternehmen:

Die Bundesnetzagentur hat jetzt in einem überarbeiteten Entwurf konkrete Regelungen vorgestellt, wie steuerbare Verbrauchseinrichtungen (z.B. Ladeeinrichtungen für E-Autos und Wärmepumpen) sicher und zügig in das Stromnetz integriert werden können. „Wir haben in den vergangenen Monaten sehr genau zugehört und haben unsere Vorschläge in vielen Details verbessert“, sagt Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur. „Zum Beispiel schlagen wir den Einstieg in ein Anreizsystem vor für Verbraucher, die ihren Strombezug verlagern können.“ (Nachweis für Beitragsbild: ContextCrew)

Man treffe mit konkreten Regelungen Vorsorge, dass Ladeeinrichtungen für E-Autos und Wärmepumpen zukünftig zügig angeschlossen und sicher betrieben werden können. „Wir wollen, dass jeder angeschlossen wird und gleichzeitig alle ein sicheres Netz haben. Wir gehen davon aus, dass Eingriffe des Netzbetreibers die zwingende Ausnahme bleiben“, so Müller weiter. „Sie sind nur als ultima ratio zulässig und sollen nur so weit möglich sein, wie es technisch notwendig ist. Verbraucher werden das meist kaum bemerken, da ein Basisbezug an Strom gesichert wird. Wenn Engpässe auftreten, muss das Netz zügig ausgebaut werden. Darauf werden wir achten.“

Zahlreiche Änderungen gegenüber den Eckpunkten von November

Die Bundesnetzagentur hat ihren Regelungsvorschlag aus den im November 2022 veröffentlichten Eckpunkten im Lichte der Stellungnahmen in zahlreichen Aspekten angepasst. Die Behörde beabsichtigt, die garantierte Mindestbezugsleistung der steuerbaren Verbrauchseinrichtung im Falle einer netzorientierten Steuerung anzuheben. In den Eckpunkten hatte sie ursprünglich noch einen Wert von 3,7 kW angesetzt. Nach den neuen Vorschlägen soll nun immer sichergestellt sein, dass mindestens 4,2 kW zur Verfügung stehen. „Damit können Wärmepumpen weiter betrieben und E-Autos in aller Regel in zwei Stunden für 50 Kilometer Strecke nachgeladen werden.“

Um die Freiheitsgrade der Verbraucher zu erhöhen, sollen Betreiber von steuerbaren Verbrauchseinrichtungen nach den neuen Vorschlägen lediglich den netzwirksamen Leistungsbezug reduzieren. „In diesem technologieoffenen Ansatz kann die Leistung mehrerer Anlagen im Haushalt mit Hilfe von Energiemanagementsystemen verrechnet werden“, betont die BNetzA. Vom Netzbetreiber werde dann nicht mehr die einzelne Anlage gedimmt. „Eine Wallbox darf also zum Beispiel im Falle einer Netzbetreibersteuerung mehr Strom beziehen, wenn dieser aus der eigenen Solaranlage bezogen wird. Lediglich der zulässige Strombezug aus dem Verteilernetz darf nicht überschritten werden.“

Die Bundesnetzagentur erhöht nach eigenen Angaben die Transparenz des Vorgangs. „Netzbetreiber sollen Steuerungseingriffe in einem einheitlichen Format auf einer gemeinsamen Internetplattform detailliert ausweisen“, heißt es. So sei „auch für eine breite Öffentlichkeit nachvollziehbar, wenn in einzelnen Netzbereichen Überlastungsprobleme auftreten und der Netzbetreiber sein Netz aufrüsten muss“.

Für den Fall, dass der Betreiber einer steuerbaren Verbrauchseinrichtung einer Aufforderung den Leistungsbezug zu reduzieren nicht nachkommt oder seine Pflicht verletzt, dem Verteilernetzbetreiber zu melden, wenn er seine Verbrauchseinrichtung dauerhaft außer Betrieb nimmt, sehen die neuen Regelungen Sanktionen vor.

Reduzierung des Entgelts als Anreiz für netzorientierte Steuerung

Im Gegenzug für die netzorientierte Steuerung, sollen die Betreiber der steuerbaren Verbrauchseinrichtungen auch nur ein reduziertes Netzentgelt zahlen müssen. Angesichts der großen Unterschiede bei der Anschluss- und Verbrauchssituationen schlägt die Bundesnetzagentur dabei verschiedene Modelle der Entgeltreduzierung vor. Dem Betreiber der steuerbaren Verbrauchseinrichtung soll ein Wahlreicht eingeräumt werden.

Der Nutzer kann deshalb die Variante eines pauschalen Rabatts auf das Netzentgelt wählen. Dabei gilt eine bundeseinheitliche Regelung zur Bestimmung des Rabatts je Netzbetreiber. Er kann je nach Netzgebiet zwischen 110 und 190 € im Jahr betragen. Das entspricht einer Reduzierung um 50 bis 95 Prozent des für den jährlichen Verbrauch eines E-Autos (ca. 2.500 kWh) zusätzlich zu zahlenden Netzentgelts.

Erstmals Rahmenbedingungen für variables Netzentgelt vorgelegt

In der Konsultation wurde vorgetragen, die verpflichtenden Elemente durch einen Einstieg in ein Anreizsystem zu ergänzen. Über variable Netzentgelte könnten die Stromnetze entlastet werden, indem sie Verbraucher anreizen, ihren Verbrauch freiwillig in Zeiten geringerer Stromnachfrage zu verschieben. Die Bundesnetzagentur legt deshalb nun zukunftsgerichtet erstmals Rahmenbedingungen für ein variables Netzentgelt vor, die „sicherstellen, dass Verbrauchsverschiebungen belohnt werden können, gleichzeitig Kunden ohne verschiebbare Verbräuche nicht benachteiligt werden“. Nach dem Plan der Bundesnetzagentur muss der Netzbetreiber dem Verbraucher ein zeitvariables Netzentgelt in Verbindung mit dem pauschalen Rabatt optional anbieten. Vorgesehen sind mehrere Zeitfenster mit drei Preisstufen der örtlich geltenden Netzentgelte. Die Zeitfenster und Preisstufen werden kalenderjährlich festgelegt und gelten für das gesamte Netzgebiet. „Ein pauschaler Rabatt auf das Netzentgelt ergänzt um ein variables Netzentgelt dürfte in Zukunft für die E-Mobilität sehr attraktiv sein.“

Zweite Variante: Prozentuale Reduzierung des Arbeitspreises um 60 Prozent

Die zweite durch den Nutzer wählbare Variante beinhaltet eine prozentuale Reduzierung des Arbeitspreises um 60 Prozent zu erhalten. Technische Voraussetzung hierfür ist ein separater Zählpunkt für den Verbrauch der steuerbaren Verbrauchseinrichtung. Dieses Modell lasse sich mit der Umlagebefreiung für Wärmestrom kombinieren (KWK- und Offshore-Umlage, Umlagebefreiung nach EnFG) „und dürfte sich in vielen Fällen besonders für Wärmepumpen eignen“, heißt es.

Zur Abrechnung der reduzieren Entgelte soll die bestehende Struktur Stromliefervertrages genutzt werden. Es soll kein neues Abrechnungsverhältnis zwischen Letztverbraucher und Netzbetreiber geschaffen werden. Die Bundesnetzagentur sieht aber eine Pflicht zum transparenten Ausweis der Netzentgeltreduzierung auf der Rechnung des Kunden vor.

Auf schnellen Hochlauf von E-Autos und Wärmepumpen ist Verteilnetz nicht ausgelegt

Steuerbare Verbrauchseinrichtungen wie private Ladeeinrichtungen für E-Autos und Wärmepumpen haben höhere Leistungen als die meisten Haushaltsgeräte. Auch brauchen steuerbare Verbrauchseinrichtungen oftmals stärker gleichzeitig Strom. Das Niederspannungsnetz ist in der Lage, einzelne neue Anwendungen aufzunehmen. Auf einen schnellen Hochlauf ist der größte Teil der Niederspannungsnetze aktuell allerdings noch nicht ausgelegt ist. „Die Netze müssen daher in einem hohen Tempo optimiert, digitalisiert und ausgebaut werden.“

Wo dieser Netzausbau noch nicht stattgefunden hat, treffe die Bundesnetzagentur mit ihren Regelungen Vorsorge, um die Verkehrs- und Wärmewende zu beschleunigen und die Versorgungssicherheit auch in der Niederspannung zu gewährleisten.

Demnach darf der Netzbetreiber den Anschluss von neuen privaten Ladeeinrichtungen für E-Autos oder Wärmepumpen zukünftig nicht mehr mit Verweis auf mögliche lokale Überlastung seines Netzes ablehnen oder verzögern. Im Gegenzug darf der Netzbetreiber, wenn eine akute Beschädigung oder Überlastung des Netzes droht, die Belastung des Netzes reduzieren, indem er den Strombezug steuerbarer Verbrauchseinrichtungen temporär „dimmt“. Dabei muss eine Mindestleistung immer zur Verfügung stehen, so dass Wärmepumpen betrieben und Elektroautos weiter geladen werden können. Die Bundesnetzagentur geht davon aus, dass solche Eingriffe nur in Ausnahmefällen ohne wesentliche Komforteinbußen erfolgen müssen. „Vollständige Abschaltungen der steuerbaren Verbrauchseinrichtungen sind zukünftig nicht mehr zulässig“, betont die Behörde.

Wenn Maßnahmen zur Leistungsreduzierung durchgeführt werden und mit weiteren Maßnahmen zu rechnen ist, muss der Netzbetreiber dies in seiner Netzausbauplanung berücksichtigen und Engpässe im Netz zügig beheben.

Regelungen sollen ab dem 1. Januar 2024 gelten

Die Regelungen sollen ab 1. Januar 2024 gelten. Für Bestandsanlagen, für die eine Vereinbarung zur Steuerung durch den Netzbetreiber besteht, sieht die Bundesnetzagentur Übergangsregelungen vor. Bestandsanlagen ohne solche Vereinbarung bleiben dauerhaft ausgenommen. Nachtspeicherheizungen sollen dauerhaft nicht unter die neuen Regelungen fallen.

Die Regelungen bestehen aus zwei Festlegungsvorschlägen. Ein Verfahren der Beschlusskammer 6 befasst sich mit der Integration von steuerbaren Verbrauchseinrichtungen und steuerbaren Netzanschlüssen nach § 14a Energiewirtschaftsgesetz. Ein Verfahren der Beschlusskammer 8 befasst sich mit der damit verbundenen Reduzierung der Netzentgelte. Die BNetzA hat die Regelungen nun zur Konsultation veröffentlicht. Interessierte Parteien sind aufgerufen, ihre Stellungnahmen bis zum 27. Juli 2023 einzureichen. Die beiden Festlegungsverfahren sollen im 4. Quartal 2023 abgeschlossen werden.

Hier finden sich Details und Vorschläge im Rahmen des Festlegungsverfahrens zur Integration von steuerbaren Verbrauchseinrichtungen und steuerbaren Netzanschlüssen nach § 14a Energiewirtschaftsgesetz.

Unsere Topthemen der Woche in der Ausgabenskizze:

Bundesregierung will Windprojekte aus 2021/2022-Auktionen zur Umsetzung bringen

Mehr von ##company_names##

Verwandte Meldungen

EnergiespeicherBnewable steigt auf deutschem Markt ein

Das Energieunternehmen Bnewable hat im Mai 2025 den Geschäftsbetrieb in Deutschland aufgenommen und positioniert sich als Dienstleister für die Industrie, die mit intelligentem Energiemanagement...

„Bidding Zone Review“Viel Gegenwind für 5 Gebotszonen als effiziente Lösung für deutschen Strommarkt

Die europäischen Übertragungsnetzbetreiber haben ihren lang erwarteten „Bidding Zone Review“ für das Jahr 2025 veröffentlicht und schreiben darin, dass eine Aufteilung von Deutschland und...

Co-Location-ProjektNeresheim: 14 MWh Speicher ergänzt 10 MWp Solarpark

Ein neues Co-Location-Projekt von The Mobility House Energy (Vermarkter), Fenecon (Systemlieferant) und Brandstätter Solarpark GmbH & Co. KG (Betreiber) demonstriert das Potenzial kombinierter Photovoltaik-...

NetzbetriebBundesnetzagentur bestätigt Netzreservebedarf von 6,49 GW für den Winter 2025/2026

Die Bundesnetzagentur (BNetzA) hat heute den Gesamtbedarf an Netzreservekraftwerken von 6.493 Megawatt (MW) für den Winter 2025/2026 bestätigt. Der Netzreservebedarf sinkt damit im Vergleich...

Leitfaden von BVES und DIHKSchon mehr als 12.000 Energiespeicher in Industrie und Gewerbe im Einsatz

Um Betriebe beim Einsatz von Stromspeichern zu unterstützen, haben der Bundesverband Energiespeicher Systeme (BVES) und die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) einen neuen Leitfaden...