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Die Bundesnetzagentur hat die Eckpunkte einer höheren Eigenkapitalverzinsung für die Elektrizitäts- und Gasnetzbetreiber veröffentlicht. „Wir berücksichtigen die aktuelle Entwicklung des Zinsumfelds. Deswegen wollen wir neue Investitionen besser verzinsen und schaffen so spürbare Anreize für Investitionen bei den Netzbetreibern“, sagt Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur. Gleichzeitig wolle man den langfristig zu niedrigen Zinsen finanzierten Bestand nicht übermäßig vergüten. „Denn: Die Renditen der Netzbetreiber werden von den Netznutzern bezahlt, also Haushalten, Industrie und Gewerbe. Die Mehrbelastung dort muss auf das Notwendigste begrenzt bleiben.“

Hinweis: der zunächst am 7. Juni 2023, 10:57, erschienene Bericht wurde um die Reaktion des VKU ergänzt.

Anpassung im Kapitalkostenaufschlag

Neuinvestitionen in Netzausbau- und Netzanschlussvorhaben sollen nach den Eckpunkten der Bundesnetzagentur mit einer Erhöhung des Eigenkapitalzinssatzes „spürbar“ angereizt werden. Die Bundesnetzagentur schlägt daher vor, eine Anpassung des Eigenkapitalzinssatzes für neue Investitionen im sogenannten Kapitalkostenaufschlag vorzunehmen.

Im Kapitalkostenaufschlag werden auf Antrag der Netzbetreiber neue Investitionen in der laufenden Regulierungsperiode in die Erlösobergrenze aufgenommen. Mit dem Kapitalkostenaufschlag werde sichergestellt, dass Investitionen unmittelbar und nicht erst nach Ende der fünfjährigen Regulierungsperiode zurückverdient werden können, so die BNetzA.

Variabler Basiszinssatz für neue Investitionen

Der Eigenkapitalzinssatz soll sich im Kapitalkostenaufschlag künftig aus einem jährlich variablen Basiszins (der Umlaufsrendite) zuzüglich eines konstanten angemessenen Wagniszuschlags von aktuell rund 3 Prozent ergeben. Bislang wurde demgegenüber für den Basiszins ein 10-Jahresdurchschnitt des risikolosen Zinssatzes herangezogen. Der risikolose Basiszins betrug bislang 0,74 Prozent. Im ersten Quartal 2023 beträgt dieser im Durchschnitt – wie auch jetzt aktuell Anfang Juni 2023 – 2,8 Prozent.

Ergänzt um die steuerlichen Folgen würde der Eigenkapitalzinssatz im Kapitalkostenabgleich nach den aktuellen Prognosen für 2024 etwa 7,09 Prozent, inkl. Gewerbesteuer etwa 8,1 Prozent betragen.

Die Bundesnetzagentur schlägt vor, dass das neue System nun auf Basis des ersten Quartals eines jeden Jahres einen Planwert für den Basiszins des Folgejahres vorgibt. Nach Ablauf des jeweiligen Jahres wird dieser durch den tatsächlich eingetretenen Basiszins ersetzt. „Damit wird sichergestellt, dass das eingesetzte Eigenkapital eines jeden Jahres die eingetretene Basisverzinsung gesichert zurückverdient.“

Nach dem Vorschlag der Bundesnetzagentur profitierten nur neue Investitionen im Kapitalkostenaufschlag von der Anpassung des Zinssatzes. Für den Anlagenbestand bleibe der Eigenkapitalzinssatz unverändert bei den im Oktober 2021 festgelegten 5,07 Prozent. „Diese Differenzierung schützt Haushalte, Gewerbe und Industrie vor einer ungerechtfertigt hohen Belastung. Die niedriger verzinsten und entsprechend abgesicherten Investitionen, die sich im Bestand der Netzbetreiber befinden, konnten in den vergangenen Jahren im Umfeld äußerst niedriger Zinssätze auch langfristig entsprechend günstig finanziert werden.“

Ähnliches werde ebenfalls für die Investitionen im Offshorebereich vorbereitet, die Mitte Oktober 2023 entsprechend kalkuliert und mit dem Regulierer abgestimmt werden müssen.

VKU erfreut über grundlegende Anpassung – und enttäuscht über Höhe des Zinssatzes

„Wir begrüßen und unterstützen den Plan der Bundesnetzagentur, die Eigenkapitalverzinsung grundlegend anzupassen“, kommentierte Ingbert Liebing, Hauptgeschäftsführer des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU), den Vorschlag der BNetzA. Die Anhebung des Zinssatzes um 2,02 Prozentpunkte sei mit Blick auf die benötigten Investitionen aus VKU-Sicht allerdings „enttäuschend“.

Der aktuelle Zinssatz von 5,07 Prozent sei bereits bei der letzten Festlegung zu niedrig und für die Netzbetreiber eine Enttäuschung gewesen. „Wir brauchen eine attraktive Verzinsung, um das notwendige Kapital für die gewaltigen Aufgaben des Netzausbaus einwerben zu können“, sagt Liebing. „Wir hatten mindestens einen vollständigen Ausgleich der vergangenen Zinsanstiege auf den Kapitalmärkten gefordert.“

Auch vor dem Hintergrund stark schwankender Zinsmärkte begrüße man gleichwohl die Pläne der Bundesnetzagentur, die Anreizregulierung ab 2024 einer grundlegenden Überholung zu unterziehen. „Eine grundsätzliche Reform ergibt Sinn. Diese fordern wir seit langem.“ Die jährlich Anpassung und Orientierung an der Zinsentwicklung halte man für „den richtigen Ansatz“.

Investoren würden sich nur in ausreichendem Maße engagieren, wenn sie ihre Renditeerwartungen erfüllt sehen. „Ansonsten fließt das Investitionskapital in andere Angebote“, so der VKU-Hauptgeschäftsführer weiter. „Insgesamt ist der Vorschlag der Bundesnetzagentur aus VKU-Sicht ein unbefriedigender Kompromiss.“

Konsultation der Eckpunkte bis Ende August

Die endgültige Festlegung für Strom- und Gasnetze erfolgt, sobald die Umsetzung der EuGH-Rechtsprechung zur Unabhängigkeit der Regulierungsbehörde in Kraft getreten ist, die am 24. Mai 2023 vom Kabinett verabschiedet wurde. Die Bundesnetzagentur rechnet damit, dass eine Festlegung Ende des Jahres erfolgen kann.

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