Finanzielle Anreize erhöhen die Zustimmung der Bürger zum Bau neuer Stromtrassen vor der eigenen Haustür nicht, sie können sogar kontraproduktiv wirken. So lautet das Ergebnis einer des Studie RWI – Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung, für die mehr als 10.000 Teilnehmer des forsa-Haushaltspanels befragt wurden.
Einem zufällig ausgewählten Drittel der Befragten wurde eine private Zahlung von 100, 250 oder 500 € pro Jahr in Aussicht gestellt. Einem anderen Drittel wurde mitgeteilt, die Gemeinde würde eine entsprechende Zahlung erhalten. Dem übrigen Drittel wurden gar keine finanziellen Anreize geboten. In der Kontrollgruppe ohne finanzielle Anreize lag die Zustimmung zum Bau neuer Stromtrassen in der unmittelbaren Umgebung bei knapp 67 Prozent.
Die private Zahlung von 100 bzw. 250 € verringerte die Zustimmung der Befragten auf 62 bzw. rund 61 Prozent. Wurden 500 € geboten, sank die Zustimmung nicht ganz so stark auf etwas mehr als 64 Prozent. Erhielten statt der Anwohner die Gemeinden das Geld, änderte das die Zustimmung nicht. In keinem Fall erhöhten die Zahlungen also die Akzeptanz neuer Stromtrassen, heißt es.
Intrinsische Motivation sinkt
Der geschätzte negative Effekt bei finanziellen Angeboten an Privatpersonen kann dem RWI zufolge zwei Gründe haben. Erstens sinkt die intrinsische Motivation, im Sinne des Gemeinwohls zu handeln, wenn man Geld für diese gute Tat bekommt. Zweitens interpretierte ein Drittel der Befragten die finanziellen Anreize als Zeichen dafür, dass Stromtrassen Risiken bergen: Sie gaben an, dass die finanziellen Angebote sie auf mögliche negative Folgen der Stromtrasse aufmerksam gemacht hätten.
Der Leiter des Kompetenzbereichs „Umwelt und Ressourcen“ am RWI, Manuel Frondel, sagt: „Statt Anwohnerinnen und Anwohnern Entschädigungen zu zahlen, sollten Bund, Länder und Kommunen sie frühzeitig und transparent über Bauprojekte wie Stromtrassen informieren und in die Planung einbinden.“ Die Studie wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen des Kopernikus-Projekts „Enavi“ und des Projekts „Aktzeptanz“ finanziert, das die gesellschaftliche Einstellung zur Energiewende erforscht.
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