„Die Potenziale von Verkehrsvermeidung, Effizienz und Biokraftstoffen sind begrenzt. Deshalb müssen Elektroantriebe und strombasierte Kraftstoffe einen Beitrag leisten.“ Das schreibt die Agentur für Erneuerbare Energien (AEE) anlässlich der Veröffentlichung einer neuen Metaanalyse mit dem Titel „Strom und strombasierte Kraftstoffe für den Verkehr“. Die stärkere Nutzung von Strom im Verkehr müsse mit einem zusätzlichen Ausbau der erneuerbaren Energien einhergehen.
Die AEE vergleicht in der neuen Metaanalyse die Aussagen von 16 Studien zur Rolle von Strom und strombasierten Kraftstoffen im Verkehr bis zum Jahr 2050. „In allen ehrgeizigen Klimaschutzszenarien spielt Strom eine Schlüsselrolle für die Verkehrswende“, betont die AEE. Um den deutschen Beitrag zum Zwei-Grad-Ziel der Klimaschutzkonferenz in Paris zu erfüllen, müsse Deutschland bis zum Jahr 2050 auch im Verkehr nahezu vollständig klimaneutral werden.
Klimaneutraler Verkehr 2050? Tendenz zeigt in eine andere Richtung
Die Tendenz zeige aber in eine andere Richtung: Treibhausgasemissionen und der Energieverbrauch steigen, die umweltfreundlichen Verkehrsmittel Fahrrad, Schiene, öffentlicher Personennahverkehr und Fußgänger gewinnen kaum Anteile hinzu und die erneuerbaren Energien im Verkehr stagnieren seit Jahren bei rund fünf Prozent. Für eine Trendwende seien umfangreiche verkehrs- und energiepolitische Maßnahmen sowie technologische Veränderungen erforderlich.
Beitrag der Bioenergie je nach Szenario im Jahr 2050 zwischen 27 und 53 TWh
„Die Metaanalyse verdeutlicht, dass Strom- und Verkehrssektor in Zukunft in hohem Maße miteinander verbunden sein werden, wenn der Klimaschutz ernst genommen wird“, sagt Robert Brandt, Geschäftsführer der AEE. Die Möglichkeiten, den Verkehr über Effizienz, Einsparung und Biokraftstoffe zu dekarbonisieren, seien begrenzt. Im optimistischsten Szenario wird der Endenergieverbrauch im Verkehr von heute 765 auf bis zu 313 TWh im Jahr 2050 sinken. Der Beitrag der Bioenergie liegt in der Mehrzahl der ausgewerteten Szenarien zwischen 27 und 53 TWh. So ergibt sich in den ambitionierten Klimaschutzszenarien aus der Differenz zwischen dem Endenergieverbrauch im Verkehr und des Biokraftstoffpotenzials ein Energiebedarf zwischen 264 und 659 TWh, der aus dem Stromsektor gedeckt werden muss.
Power-to-X: „Wirtschaftlichkeit und Umweltfreundlichkeit von technologischen Fortschritten abhängig“
Die Elektromobilität gilt dabei als äußerst energieeffizient und unter Einsatz erneuerbarer Energien als besonders klimafreundlich. Sie kann aus heutiger Sicht jedoch nicht alle Verkehrsbereiche abdecken. „Vor allem in der Luft- und Schifffahrt ist ihr Einsatz technisch nicht möglich“, heißt es seitens der AEE weiter. Eine Alternative wären strombasierte Kraftstoffe (Power-to-Gas, Power-to-Liquid). Bei Nutzung von Strom aus erneuerbaren Energien wären sie ebenfalls klimafreundlich, jedoch benötigt die Herstellung aufgrund hoher Umwandlungsverluste viel Energie, „was ihre Wirtschaftlichkeit und Umweltfreundlichkeit von technologischen Fortschritten abhängig macht“.
„Die Elektrifizierung des Verkehrs hat bislang quasi noch nicht begonnen“
Die für den Verkehr potenziell benötigten Strommengen müssen beim Ausbau erneuerbarer Energien Berücksichtigung finden. Der künftige Strombedarf des Verkehrs könnte den gesamten heutigen Stromverbrauch von 520 TWh übersteigen. Deshalb gehen die meisten Studien davon aus, dass strombasierte Kraftstoffe aus wind- und sonnenreichen Regionen im Ausland importiert werden müssten.
„Die Elektrifizierung des Verkehrs hat bislang quasi noch nicht begonnen“, unterstreicht die AEE. Anfang 2018 waren erst 54.000 Elektroautos zugelassen, rund 36.000 kamen im vergangenen Jahr neu hinzu. Nur gut ein Prozent der Käufer eines neuen Fahrzeugs entschied sich für ein strombetriebenes Auto, im Ländervergleich waren es in Schleswig-Holstein mit rund 1,5 Prozent noch die meisten.