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Wärmepumpengipfel: Habeck fordert schon 2024 Installation von 500.000 neuen Geräte

Fachkräftemangel auch in der Heiztechnikbranche zentrales Thema

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Die Bundesregierung will für eine Wärmewende bei Gebäuden die Abkehr von fossilen Energien aus Russland und zugleich den Klimaschutz vorantreiben. Dazu ist eine Offensive zum Einbau von Wärmepumpen als Alternative zur Öl- und Gasheizung geplant. Ein großes Problem aber ist ein Mangel an Fachkräften.

Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sagte nach einem virtuellen „Wärmepumpengipfel“ mit Unternehmen und Verbänden, Ziel seien sechs Millionen Wärmepumpen bis 2030. Im vergangenen Jahr seien 150.000 Wärmepumpen in Deutschland eingebaut worden. 2024 müssten es 500.000 sein. Das sei erreichbar.

Insgesamt gibt es nach Angaben des Ministeriums derzeit rund eine Million installierte Wärmepumpen in Deutschland. Ihr Anteil an den neu installierten Heizungen betrug 2021 aber nur knapp 17 Prozent – Gasheizungen hatten einen Marktanteil von rund 70 Prozent. Während im Neubau bereits heute Wärmepumpen als Technologie dominieren, spielt die Gasheizung bislang insbesondere bei Bestandssanierungen die Hauptrolle.

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Die Produktionskapazität für Wärmepumpen sei deutlich gesteigert worden, machte Habeck deutlich. „Aber natürlich gibt es auch eine Reihe von konkreten Problemen, die gelöst werden müssen.“ Über allem stehe die Frage von Fachkräften, vom Handwerk bis zur Produktion. Um mehr Fachkräfte zu gewinnen, müssten die Weiterbildung stärker unterstützt und Ausbildungsprüfungen angepasst werden. Außerdem gehe es um mehr Zuwanderung aus dem Ausland.

Bauministerin Klara Geywitz (SPD) sagte, über zwei Förderprogramme der KfW sollten energetische Stadtsanierung und gebäudeübergreifende Quartierssanierung mitentwickelt werden. Die Wärmewende müsse außerdem bezahlbar sein. „Wärmepumpen müssen sich auch jene leisten können, die mit schmalem Geldbeutel haushalten müssen.“

Bei Bestandssanierung 2021 noch immer Gasheizung am meisten gefragt

Wärmepumpen beziehen einen Großteil der Energie zum Heizen aus der Umwelt, etwa Luft und Grundwasser. Um die Wärme nutzbar zu machen, benötigen sie Strom für Antrieb und Pumpe. Der Strom soll aus erneuerbaren Energien kommen. Das Interesse an Wärmepumpen sei zuletzt stark gestiegen, so dass es bereits jetzt zu langen Lieferzeiten und Engpässen bei der Installation sowie bei den Netzanschlüssen kommen könne, so das Ministerium.

Die Energieexpertin Lamia Messari-Becker von der Uni Siegen sagte der dpa, Wärmepumpen funktionierten gut im Neubau. „Doch die Herausforderungen des Klimaschutzes liegen im Bestand.“ Hier seien die Gebäude, ihre energetische Qualität oder die Infrastruktur derart unterschiedlich, dass es nicht die eine Lösung geben könne. Die Bundesregierung sollte dringend vielfältige technische Wege zulassen. „Es fehlt eine echte Wärmewende. Man ist immer noch auf Strom fokussiert.“ Das sei ein fataler Fehler, man müsse mehr etwa auch auf Biogas oder Geothermie setzen.

Die IG Metall verlangte von Handwerksunternehmen bessere Arbeitsbedingungen, um die Klimaziele der Bundesregierung nicht zu gefährden. „Zwei Drittel der jungen, gut ausgebildeten Beschäftigten im Handwerk wandern in andere Branchen ab“, erklärte Vorstandsmitglied Ralf Kutzner. Allein das Elektro- und das Sanitär-Heizungs-Klima-Handwerk verliert laut IG Metall in jedem Ausbildungsjahrgang über 18.000 Fachkräfte, unter anderem an die Industrie. Eine große Halte- und Rückholkampagne sei entscheidend, um das Ziel von jährlich 500.000 Wärmepumpen erreichen zu können.

DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell sagte: „Gut ausgebildete Fachkräfte für eine Wärmepumpen-Offensive gäbe es genug. Nur haben die aufgrund schlechter Arbeitsbedingungen und Bezahlung dem Handwerk den Rücken gekehrt. Wir müssen diese Fachkräfte für die Energiewende zurückgewinnen, statt Laien in mehrwöchigen Crashkursen zu Handlangern zu machen.“ Die FDP-Politikerin Sandra Weeser, Vorsitzende des Bauausschusses im Bundestag, sagte: „Ohne zusätzliche Handwerker bleibt das Ziel 500.000 Wärmepumpen im Jahr zu installieren eine gut gemeinte Hoffnung.“

Die Wärmepumpenbranche hält die Ausbaupläne für „ambitioniert, aber machbar“. Angesichts der jüngst ausgerufenen Alarmstufe in der Gasversorgung gelte es jetzt schnellstmöglich die Voraussetzungen für einen großflächigen Wärmepumpen-Hochlauf zu schaffen, heißt es in einer gemeinsamen Stellungnahme von Bundesverband Wärmepumpe (BWP), Zentralverband der Deutschen Elektro- und Informationstechnischen Handwerke (ZVEH) und Verband der Elektro- und Digitalindustrie (ZVEI).

„Angekündigte Nutzungsgebot von 65 Prozent Erneuerbarer noch 2022 gesetzlich verankern

Es gehe um den massiven Umbruch im Wärmemarkt, jetzt in größtmöglichem Maße von Gaskesseln zu Wärmepumpen umzuschwenken. Damit unter anderem die nötigen Investitionen in Produktionskapazitäten getätigt und Schulungsangebote durch das Fachhandwerk wahrgenommen werden, ist größtmögliche Planungssicherheit notwendig. „Die Bundesregierung muss daher jetzt das angekündigte Nutzungsgebot von 65 Prozent erneuerbarer Energien noch in diesem Jahr gesetzlich verankern“, sagt Martin Sabel, Geschäftsführer des BWP. „Erst diese gesetzliche Fixierung bringt den Marktakteuren die notwendige Sicherheit sich im erforderlichen Maßstab auf Wärmepumpen auszurichten“, so Sabel.

„Die Flexibilitätspotenziale von Wärmepumpen, Speichern oder Ladesäulen sowie weiteren Erzeugern und Verbrauchern im Gebäude muss durch das Stromnetz nutzbar gemacht werden“, sagt Gunther Kegel, ZVEI-Präsident. Ein Steuerbare-Verbrauchseinrichtungen-Gesetz muss endlich kommen. „Erst mit einem solchen Gesetz erhalten die Netzbetreiber die Rechts- und Planungssicherheit für die Flexibilitätsnutzung.“

Nicht nur beim jetzt veranstalteten Gipfel, auch beim beabsichtigten Branchendialog gelte es zielorientiert Hemmnisse für den Ausbau von Wärmepumpen zu beseitigen, heißt es von Seiten des Bundesverbands Erneuerbare Energie (BEE). „Wir brauchen vor allem eine gemeinsame Kraftanstrengung für den starken Zuwachs an geschulten Fachkräften, um schnell genug ausbauen zu können“, sagt BEE-Präsidentin Simone Peter. In erster Linie müsse nun rasch die Ankündigung für das Gebäudeenergiegesetz umgesetzt werden, dass ab 2024 bei jeder neuen Heizung mindestens 65 Prozent erneuerbare Wärme eingesetzt werden soll. Zudem sollte eine Abkehr von der Stromgutschriftmethode bei den Primärenergiefaktoren für Fernwärme erfolgen und eine gesetzliche Verankerung der Ausbauziele für Erneuerbare Wärme. Der Koalitionsvertrag weist ein Ziel von 50 Prozent erneuerbarer Energien an der Wärmeversorgung im Jahr 2030 aus. Das Ziel sollte im Gebäudeenergiegesetz (GEG) gesetzlich festgeschrieben und um weitere Langfristziele für 2040 und 2045 ergänzt werden. (ContextCrew / dpa)

Kontext zum Thema Wärmewende:

„Worauf warten wir?“: Verschleppte Wärmewende und die Konsequenzen

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