Wie lässt sich die Einspeisung von großen Photovoltaikanlagen in das deutsche Netz technisch verbessern und in netzfernen Gebieten oder bei schwachen Netzen eine zuverlässige Stromversorgung gewährleisten? Damit befasst sich das neue BINE-Projektinfo „Photovoltaik wird netzdienlich“ (13/2018), das ein Konzept zur Optimierung eines PV-Hybridkraftwerks mit integriertem Batteriespeicher und einer speziellen Steuerung vorstellt.
Das Forschungsvorhaben „Zukunftskraftwerk PV – Konzept für Wechselrichter-Regler in PV-Kraftwerken“ hat der PV-Projektentwickler Belectric gemeinsam mit GE Energy Power Conversion, dem Lehrstuhl Kraftwerkstechnik der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg (BTU), MTU Friedrichshafen, Adensis, Padcon sowie Jurchen Technology durchgeführt.
Das neu entwickelte Hybridkraftwerk soll sowohl zuverlässig Leistung ins Netz einspeisen als auch verschiedene Systemdienstleistungen erbringen. Die Anlage soll konventionelle Kapazitäten komplett ersetzen und in netzfernen Gebieten den Dieselanteil reduzieren, um dort zeitweise die komplette autonome Versorgung ganzer Regionen zu übernehmen.
Dafür optimierten die Entwickler Technik und Steuerung der Photovoltaikanlage, erweiterten sie um einen Batteriespeicher, rüsteten den PV-Wechselrichter für den dualen Betrieb mit PV und Batterie auf, integrierten Dieselgeneratoren oder Blockheizkraftwerke und entwickelten neue Planungs- und Steuerungssoftware.
Anlagen-Optimierung: Kosten senken, Performance steigern
Ziel war, mit diesen Anlagen sowohl Leistung für das Netz als auch verschiedene Netzdienstleistungen bereitstellen zu können. Außerdem wollen die Projektpartner die System- und Betriebskosten dieser Kraftwerke senken sowie deren Leistung und Langlebigkeit verbessern.
In die Entwicklungen flossen die Erfahrungen aus dem Bau und Betrieb etlicher kleinerer Hybridkraftwerke in unterschiedlichen Ländern ein, heißt es. Diese seien bisher auf externe Netzstellung und Regelreserve angewiesen, zum Beispiel mittels Dieselgenerator oder Wasserkraftwerk.
Die Forscher entwickelten ein messdatenbasiertes System, mit dem sie die Bereitstelleng von Systemdienstleistungen durch PV und Batterie sicherstellen können, ebenso den nahtlosen Wechsel der Teilkomponenten zwischen netzstellendem und netzfolgendem Betrieb.
Während PV-Kraftwerke in Europa derzeit noch in ein von konventionellen Kraftwerken geprägtes, starres Netz einspeisen, haben sie in schwachen Netzen und Inselanlagen bereits heute einen starken Einfluss auf die Systemstabilität. Durch den wachsenden Anteil erneuerbarer Energien im Netz sollen sie verstärkt netzstabilisierende und netzbildende Eigenschaften einbringen. Dafür bringen PV-Freiflächenkraftwerke gute Voraussetzungen mit, heißt es in dem Projektinfo. Die Freiflächenkraftwerke seien groß genug, um in die Anlagensteuerungs- und Überwachungs-Systeme der Energieversorger integriert zu werden.
Die Entwickler untersuchten im ersten Schritt Prinzipien und Komponenten für kleine, teils autonome, Netze in Zukunftsmärkten. Die dafür ausgelegten neuen Hybridkraftwerke müssen jederzeit Leistung bereitstellen, deshalb ergänzen Batteriespeicher die PV-Anlagen. Ein solches Hybridkraftwerk bauten die Ingenieure am Horn von Afrika auf.
Sie legten die Kombination von PV, Batterie und Dieselaggregat mit dem Ziel aus, Treibstoffverbrauch und Stromgestehungskosten möglichst niedrig zu halten. Im Tagesschnitt stammen etwa 80 Prozent der gesamten Energie den Angaben zufolge aus der erneuerbaren Quelle. Aufgrund der netzerhaltenden Betriebsweise der Batteriewechselrichter laufe das Dieselaggregat nur noch im Nachtbetrieb an. Es konnte dadurch kleiner ausgelegt werden, und seine Lebensdauer erhöht sich, heißt es. Beides helfe, Kosten zu sparen.
Wechselrichter stellt Spannung und Frequenz im Netz
Die Forscher passten auch den Wechselrichter und die Wechselrichterregelung an die im künftigen europäischen Verbundnetz zusätzlich erforderlichen Aufgaben an, klassische Netzdienstleistungen bis hin zur Momentanreserve zu übernehmen. Denn der neue Wechselrichter soll schnell reagieren und Spannung und Frequenz in einem Netz stellen können, d. h. die Bereitstellung der Netzspannung bzw. Netzfrequenz unterstützen. Die Belectric-Ingenieure erarbeiteten dafür gemeinsam mit dem Projektpartner General Electric ein Lastenheft für einen Hybrid- und netzbildungsfähigen Wechselrichter auf Basis der aktuellen Hybridkraftwerkstechnologie.
Forscher des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme (ISE) entwickelten und erprobten für diesen Zweck eine neue, netzerhaltende Wechselrichterregelung. Ausgehend von einem neuen Zentralwechselrichter für klassische PV-Großkraftwerke führten sie Laboruntersuchungen und Feldtests durch. Der Wechselrichter kann laut dem BINE-Projektinfo inzwischen die Funktion eines konventionellen Generators gut ersetzen, lediglich die Überlastfähigkeit sei auf ca. 20 bis 30 Prozent begrenzt.
Funktionsspektrum von Wechselrichter und Batteriespeicher erweitert
Darüber hinaus erweiterten die Forscher das Funktionsspektrum von Wechselrichter und Batteriespeicher, so dass nun auch die Schwarzstartfähigkeit, das vom Stromnetz unabhängige Anfahren des Kraftwerkes und anderer angeschlossener klassischer Erzeuger, gewährleistet sei.
Sie entwickelten ein System mit einem gemeinsamen Umrichter für Batterie und PV. Dieses Konzept reduziere die Maximalleistung, denn es erfordere, dass die Spannungen bei beiden Komponenten gleich sind, dadurch arbeite die PV-Anlage nicht mehr in ihrem optimalen Leistungspunkt. Damit sei das sogenannte „Maximum Power Point Tracking“ (MPPT) also nur noch beschränkt möglich. Die Erprobung in einem Testfeld belege die Wirtschaftlichkeit, und die Ergebnisse flossen in die Planung einer Anlage in Australien ein.
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