Die schwarz-gelbe Landesregierung hat nach einem Jahr im Amt noch keinen wegweisenden Plan für die Energiewende entwickelt. So lautet die kritische Zwischenbilanz des Landesverbands Erneuerbare Energien NRW (LEE NRW) zur Energiepolitik im Land. „Die Wertung von einem Jahr schwarz-gelber Energiepolitik fällt leider ernüchternd aus“, so Jan Dobertin, Geschäftsführer des LEE NRW. „Energie und Klimaschutz stehen erkennbar nicht weit oben auf der Regierungsagenda. Vor allem fehlt eine schlüssige Energiestrategie, die den Unternehmen Planungssicherheit für neue Investitionen gibt.“
Wesentliche Fragestellungen zur Energie- und Klimaschutzpolitik in NRW seien derzeit ungeklärt. Fraglich sei etwa, wie NRW zum Ziel der Bundesregierung beitragen wolle, bis zum Jahr 2030 65 Prozent Erneuerbare Energie im Stromsektor zu nutzen? Oder aber wie NRW in der Energiewende weiter Energieland und damit auch Industrieland bleiben könne? Auch gebe es noch keinen Maßnahmenplan, um die Pariser Klimaziele zu erreichen, mahnt der Landesverband.
Antworten auf diese Fragen bleibe die Landesregierung bisher schuldig. Stattdessen weise die Liste konkreter Regierungsergebnisse im Bereich Energie und Klimaschutz vorrangig neue Einschränkungen oder Stillstand aus. Hierzu verweist der LEE NRW auf die folgenden sechs Bereiche:
Windenergie:
Der neue Windenergieerlass und Entwurf zur Änderung des Landesentwicklungsplans (LEP) sorgt nach Ansicht des Landesverbands für erhebliche Verunsicherung für den weiteren Ausbau der Windkraft. Gerade der Versuch, entgegen geltendem Bundesrecht einen 1.500m Mindestabstand durchzusetzen, sorge für neue Risiken kommunaler Fehlplanungen. Der Ausbau der Windenergie werde hierdurch absehbar in den nächsten Jahren deutlich einbrechen.
Photovoltaik:
Trotz Ankündigungen sei kein wirkliches Vorankommen festzustellen, so der LEE. Im LEP und dem so genannten „Entfesselungspaket“ erfahre die Photovoltaik keine wirkliche Erleichterung. Lange zugesagte Änderungen beim Denkmalschutz ließen zudem weiter auf sich warten.
Bioenergie, Wasserkraft und Geothermie:
Zusätzliche Potenziale der Bioenergie und Wasserkraft bleiben nach Ansicht des LEE weitestgehend unberücksichtigt. Im LEP erfahre die standortgerechte Erweiterung von Biogasanlagen keine Erleichterung. Die ökologischen Anforderungen an Wasserkraftanlagen seien teilweise so hoch, dass ein wirtschaftlicher Betrieb kaum möglich sei. Im Falle der Geothermie formuliere ein Antrag der Regierungsfraktionen immerhin Prüfaufträge, wie die Technologie in NRW künftig stärker genutzt werden könne.
Gebäude und Effizienz:
Den Bundesratsantrag zur Rückstufung der Energieeinsparverordnung wertet der Landesverband als Angriff auf bundesweit gültige Energieeffizienzstandards. Zudem gebe es keinen wirksamen Einsatz für eine stärkere steuerliche Abschreibung energetischer Modernisierungsmaßnahmen an Gebäuden auf Bundesebene, obwohl dies im Koalitionsvertrag von CDU und FDP so festgeschrieben sei.
Mobilität:
Die E-Mobilität erhält zwar laut dem LEE seitens der Landesregierung einen hohen Stellenwert. Insbesondere das aufgesetzte Förderprogramm für Ladesäulen sei zu begrüßen. Aber die zwingend notwendige Verbindung mit dem Ausbau Erneuerbarer Energien im Land werde nicht vorangetrieben.
Klimaschutz:
Im Bereich Klimaschutz besteht nach Ansicht des Landesverbands keinerlei Weiterentwicklung des unter der Vorgängerregierung in einem breiten Partizipationsprozess erarbeiteten Klimaschutzplans. Dabei sei eine Fortentwicklung zu einem „Klimaschutzaudit“ im Koalitionsvertrag von CDU und FDP vereinbart worden. Hierdurch sollten Maßnahmen des Klimaschutzplans auf Effizienz und ihre Wirksamkeit überprüft werden.
Dobertin fordert die Landesregierung angesichts dieser Zwischenbilanz zu einem Umlenken auf: „Die Umstellung unserer Energieversorgung und effektiver Klimaschutz sind zentrale Herausforderungen unserer Zeit, die man jetzt angehen muss. Der Weltklimavertrag von Paris, die neuen Ziele der EU und der ambitionierte Koalitionsvertrag im Bund, mit 65 Prozent Erneuerbaren bis 2030, geben die Marschroute vor.“ NRW müsse bei klimafreundlichen Erzeugungseinheiten und Effizienztechnologien deutlich zulegen, um der vorgegebenen Marschroute zu folgen und damit zugleich seinen Status als Industrie- und Wirtschaftsstandort zu erhalten.
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