Der Ausbau erneuerbarer Energien könnte in Verbindung mit einer Elektrifizierung mehr als drei Viertel der energiebezogenen Emissionen reduzieren, die notwendig sind, um globale Klimaziele zu erreichen. Das geht aus der 2019er Edition von „Global Energy Transformation: A Roadmap to 2050“ hervor, die jetzt im Rahmen des Berlin Energy Transition Dialogues vorgelegt wurde.

Mehr noch: Die Internationale Agentur für Erneuerbare Energien (IRENA) stellt in ihrer Analyse fest, dass 86 Prozent des weltweiten Strombedarfs mit erneuerbaren Energien gedeckt werden können. Elektrizität würde dabei die Hälfte des globalen Energiemixes decken, heißt es. Die weltweite Stromversorgung würde sich in diesem Zeitraum mehr als verdoppeln, wobei der Großteil der Energie aus den erneuerbaren Energieträgern Photovoltaik und Wind erzeugt werden würde.

„Der Wettlauf um eine klimafreundliche Zukunft ist in eine entscheidende Phase getreten“, sagte Francesco La Camera, Generaldirektor von IRENA. „Erneuerbare Energie ist die effektivste und am schnellsten verfügbare Lösung, um den Trend steigender CO2-Emissionen umzukehren. Durch die Kombination erneuerbarer Energien mit einer verstärkten Elektrifizierung könnten 75 Prozent der nötigen energiebezogenen Emissionsminderungen erreicht werden.“ Als Haupttreiber eines erhöhten Strombedarfs nennt IRENA über 1 Milliarde Elektrofahrzeuge, die verstärkte Nutzung von Strom für Wärme und die Entstehung von erneuerbarem Wasserstoff.

IRENA misst Bioenergie entscheidende Rolle zu

Allerdings müssen die Emissionen noch weiter reduziert werden. Die Bioenergie wird laut IRENA in schwer zu elektrifizierenden Sektoren wie Schifffahrt, Luftfahrt und bestimmten industriellen Prozessen eine Rolle spielen. Der Biokraftstoffverbrauch müsse nachhaltig gesteigert werden, um diesen Bedarf zu decken.

„Die globale Energiewende geht über den Energiesektor hinaus. Sie ist auch eine volkswirtschaftliche und gesellschaftliche Wende.“

Eine schnellere Energiewende gemäß der Roadmap 2050 würde der Weltwirtschaft durch vermiedene Gesundheitskosten, Energiesubventionen und Klimaschäden in den nächsten 30 Jahren kumulativ bis zu 160 Mrd. US-Dollar (141,91 Mrd. €) einsparen. Jeder Dollar, der für die Energiewende ausgegebenen wird, zahlt sich IRENA zufolge bis zu siebenmal aus. Die Weltwirtschaft würde im Jahr 2050 um 2,5 Prozent wachsen. Allerdings könnten Klimaschäden zu erheblichen sozioökonomischen Verlusten führen, heißt es in der Analyse. „Die globale Energiewende geht über den Energiesektor hinaus. Sie ist auch eine volkswirtschaftliche und gesellschaftliche Wende“, fügt La Camera hinzu.

Politik muss „aggressivere“ Strategien und Ziele umsetzen

Die gegenwärtigen Maßnahmen reichten aber nicht aus. Zwar gäbe es schon heute Lösungen, die großflächig einsetzbar und zunehmend kosteneffizient seien. Doch die Politik hinke hinterher. Wichtig sei, aggressivere Strategien und Ziele für das Klima, die Erneuerbaren und die Energieeffizienz umzusetzen.

Erneuerbare Energien und Digitalisierung: Wichtige Meilensteine der letzten 20 Jahre (Quelle: Global Energy Transformation: A Roadmap to 2050 ‘2019 edition’, International Renewable Energy Agency IRENA)

Während die energiebedingten CO2-Emissionen in den letzten fünf Jahren im Durchschnitt um jährlich mehr als 1 Prozent gestiegen sind, müssten die Emissionen bis 2050 um 70 Prozent unter den derzeitigen Stand sinken, um die globalen Klimaziele zu erreichen. Dies erfordert einen deutlichen Anstieg der nationalen Anstrengungen und ambitioniertere Ziele für erneuerbare Energien und Klimaschutz.

„Die Welt im Jahr 2050 hängt von den Energieentscheidungen ab, die wir heute treffen.“

IRENAs Roadmap empfiehlt, dass sich nationale Politik auf langfristige kohlenstofffreie Strategien konzentrieren sollte. Sie unterstreicht auch die Notwendigkeit, systemische Innovationen stärker zu fördern und zu nutzen. Dazu gehören die Förderung intelligenterer Energiesysteme durch Digitalisierung sowie die Kopplung der verschiedenen Bereiche im Endverbrauch, insbesondere Beheizung, Kühlung und Verkehr, durch eine stärkere Elektrifizierung, dezentralisierte Energiesysteme und flexiblere Stromnetze. „Die Welt im Jahr 2050 hängt von den Energieentscheidungen ab, die wir heute treffen“, betont La Camera.