Gelingt eine Sektorkopplung, die fast ausschließlich auf strombasierte Lösungen am Wärmemarkt setzt? Diese Frage stellen sich gegenwärtig viele Akteure aus dem Energiesektor. Insbesondere die Kraft-Wärme-Kopplungsbranche sieht sich als „Sackgassentechnologie“ in die Ecke gedrängt. Der Bundesverband Kraft-Wärme-Kopplung (B.KWK) setzt sich nun zur Wehr.
„Die begrenzten Möglichkeiten der Bereitstellung des Wärmepumpenstroms aus dem fluktuierenden Angebot von Sonne und Wind sowie der zu erwartende Aufbau einer großen witterungsbedingten Zusatz-Spitzenlast und der notwendige Ausbau der Stromverteilnetze werden ausgeblendet oder doch als einfach lösbare Probleme angesehen“, schreibt der Verband als Reaktion auf verschiedene Studien, die den Weg in eine weitgehend elektrifizierte Zukunft in den Sektoren Wärme und Verkehr weisen. Als Beispiele nennt der B.KWK die Studie „Sektorkopplung durch die Energiewende“ des Berliner Wissenschaftlers Volker Quaschning und die von Agora Energiewende vorgelegte Studie „Wärmewende 2030“.
Dezentrale KWK als Option wird „ohne nähere Prüfung“ verworfen
Zudem werde in den strombasierten Überlegungen zur Sektorkopplung die Alternative einer Integration von Strom- und Wärmeerzeugung in der Energiewende durch einen konsequenten Ausbau der dezentralen KWK mit der langfristigen Perspektive einer Bereitstellung des Brennstoffs Gas aus Erneuerbaren „ohne nähere Prüfung“ verworfen, kritisiert der B.KWK.
Als „naiv“ bezeichnet der Verband den Umgang mit der elektrischen Luft-Wasser-Wärmepumpe als Heiztechnologie für den Gebäudebestand. Der B.KWK verweist auf einen Kommentar zur Agora-Studie. Darin bezweifeln die Autoren Gabriele Purper und Falk Auer von der „Lokalen Agenda-Gruppe 21 Energie“ die Annahmen der Agora-Studie zu den Potenzialen von Wärmepumpen.
Effizienzverluste von Wärmepumpen bei Einbindung von Speichern und im bivalenten Betrieb
So erreichten Luft-Wärmepumpen die von Agora angenommene Jahresarbeitszahl von 3,8 bei Weitem nicht. Feldtests hätten Werte von 2,8 und 2,9 ergeben. „Damit tragen Luft-Wärmepumpen auf absehbare Zeit nicht zum Klimaschutz bei“, heißt es in dem Kommentar. Bei den erdgekoppelten Wärmepumpen stimmten die angegebenen Energieeffizienzwerte mit einer Jahresarbeitszahl von 4,2 allerdings.
Das Zwischenschalten von Wärmespeichern bei netzdienlichen drehzahlgeregelten Wärmepumpen senke die Energieeffizienz des Wärmepumpensystems um 0,1 bis 0,2 JAZ-Punkte. Effizienzeinbußen ergäben sich zudem bei bivalenten Systemen, bei denen neben der Wärmepumpe ein erdgasbetriebenes Heizsystem zum Einsatz kommt.
Anfall regenerativer „Überschussenergie“ passt nicht zum zeitlichen Profil des Wärmepumpen-Strombedarfs
Die Kritiker an einer strombasierten Wärmewende ohne KWK sehen auch ein Problem im zeitlichen Anfall erneuerbarer Energien zur Stromerzeugung und dem Strombedarf der Wärmepumpen. Der Anfall regenerativer Überschussenergie decke sich „weder vom Ort, zeitlichem Verlauf noch von der jeweiligen Menge mit dem Bedarf an Wärmepumpenstrom“. Vielmehr erzeuge die Wärmepumpe Bedarf an zusätzlicher Residualenergie in der kritischen Winterzeit. „Dieser Bedarf muss durch konventionelle Quellen bereitgestellt werden.“
Hohe Effizienz von Wärmepumpen Kernargument der Befürworter der strombasierten Sektorkopplung
Quaschning begründet in seiner Analyse die Notwendigkeit des Einsatzes von Wärmepumpen mit Effizienzgründen. Ohne ambitionierte Effizienzmaßnahmen in sämtlichen Bereichen würde sich der Strombedarf verfünffachen, nur bei Ergreifen ambitionierter Effizienzmaßnahmen lasse sich der Mehrbedarf soweit begrenzen, dass eine strombasierte Energiewende mit einem Strombedarf von 1.320 TWh zu bewältigen wäre.
Agora Energiewende sieht bis 2030 einen Bedarf von fünf bis sechs Millionen Wärmepumpen. Um dies zu erreichen, sollten Wärmepumpen nicht nur in Neubauten, sondern auch in Altbauten frühzeitig installiert werden, zum Beispiel als bivalente Wärmepumpensysteme mit fossilen Spitzenlastkesseln. „Werden die Wärmepumpen flexibel gesteuert und ersetzt man bis 2030 die alten Nachtspeicherheizungen durch effiziente Heizungen, führen die fünf bis sechs Millionen Wärmepumpen kaum zu einer Steigerung der Spitzenlast, die durch thermische Kraftwerke gedeckt werden muss.“