Mit Blick auf die Mobilität der Zukunft gibt es unterschiedliche Ansätze – auch was den Antriebsstrang der Fahrzeuge angeht. Nicht zuletzt mit Blick auf die Sektorkopplung ist die Frage relevant, ob sich künftig batteriebetriebene direktelektrische Fahrzeuge durchsetzen oder ob es eine Zukunft für Fahrzeuge mit einem Verbrennungsmotor auf der Grundlage von (erneuerbarem) Gas oder synthetischen flüssigen Kraftstoffen gibt.
Setzen sich Elektrofahrzeuge durch, dann gibt es immer noch die Frage, ob sie Batterien nutzen, die an einer Ladesäule aufgeladen werden müssen, oder Brennstoffzellen, die Wasserstoff von der Tankstelle benötigen. Die Kosten für die jeweilige Infrastruktur hängen stark davon ab, wie viele Fahrzeuge versorgt werden müssen.
Studie im Auftrag von H2 Mobility erstellt
Ein Vergleich, den Experten vom Forschungszentrum Jülich angestellt haben, kommt zu dem Ergebnis, dass ab mehreren Millionen Fahrzeugen der Aufbau einer Wasserstoffinfrastruktur günstiger wäre. Zugleich machen die Wissenschaftler deutlich: „Beide Technologien sind notwendig, um die Verkehrswende erfolgreich zu meistern.“ Die Forscher verschleiern auch nicht, dass die Studie vom Gemeinschaftsunternehmen H2 Mobility beauftragt wurde.
Direkt-elektischer Prozess erreicht höchste Wirkungsgrade
Derzeit stehen beide Technologien noch am Anfang ihrer Marktentwicklung. Gerade deshalb sei es von zentraler Bedeutung, die Kosten der zukünftigen Infrastruktur frühzeitig abzuschätzen, um nicht in eine technologische Sackgasse zu geraten: „Setzen wir von Anfang an alles auf nur eine Karte, dürfte es schwierig werden, das System umzustellen, wenn sich die Rahmenbedingungen verändern“, sagt Martin Robinius vom Jülicher Institut für Energie- und Klimaforschung (IEK-3) und einer der Autoren der Studie.
Viele Experten favorisierten zurzeit die Batterie, da das elektrische Netz bereits existiert. Es müsste bloß eine gewisse Menge an weiteren Ladesäulen aufgestellt werden. Außerdem überzeugt ein vollkommen elektrischer Prozess durch einen hohen Wirkungsgrad. Das sieht beim Wasserstoff anders aus: Ein Großteil der Infrastruktur muss noch aufgebaut werden: Das sind zum einen Elektrolyseure, die den Strom aus Rekordzeiten der Windenergie nutzen, um Wasser zu spalten. Der Wasserstoff, der dabei entsteht, kann zunächst in unterirdischen Salzkavernen gelagert werden, um dann beispielsweise über ein Pipelinesystem an die Tankstellen verteilt zu werden.
Investitionen in den Infrastrukturausbau für beide Technologien bei geringen Fahrzeugbeständen „nahezu gleich“
Die Experten aus Jülich haben beide Szenarien analysiert. Ergebnis der Analyse ist, dass die Rentabilität davon abhängt, wie viele Fahrzeuge mit Batterie- oder Brennstoffzellenantrieb auf den Straßen unterwegs sind. Die Investitionen in den Infrastrukturausbau seien für beide Technologien bei geringen Fahrzeugbeständen bis zu einigen Hunderttausend „nahezu gleich“. Der Wasserstoff würde in diesem Zeitraum noch von der Industrie aus konventionellen Quellen bereitgestellt werden.
„Wir brauchen beide Infrastrukturen, und wir können sie uns auch leisten“
Danach sei mit einer Übergangsphase zu rechnen, während der die Erzeugung und Speicherung von grünem Wasserstoff mit Hilfe von Überschussstrom ausgebaut werde. Die Kosten für die dafür notwendigen Elektrolyseure trieben den Preis für den Wasserstoff in die Höhe. Gleichzeitig ermöglichten sie es, saisonale Überschüsse der erneuerbaren Energien in Form von Wasserstoff über längere Zeiten zu speichern, was mit der Batterietechnik alleine so nicht möglich ist.
„Elektroautos mit Batterie stellen in dieser Phase den kostenoptimalen Pfad dar, langfristig sind sie aber nicht optimal“, fasst Robinius das Ergebnis der Analysen zusammen. „Ab mehreren Millionen Fahrzeugen beginnt sich das Verhältnis umzukehren.“ Die Studie aus Jülich betrachtet eine Marktdurchdringung von bis zu 20 Millionen Fahrzeugen, was knapp der Hälfte des heutigen Bestands entspricht. Dann sind die Investitionen in eine Ladesäulen-Infrastruktur mit rund 51 Mrd. € höher im Vergleich zur Wasserstoff-Infrastruktur (40 Mrd. €). Die Mobilitätskosten hingegen unterschieden sich in diesem Stadium kaum. Sie liegen in beiden Fällen zwischen 4,5 und 4,6 Eurocent pro Kilometer.
H2 Mobility strebt Aufbau einer flächendeckenden Infrastruktur für die Wasserstoffmobilität in Deutschland an
Die Gesamtkosten seien in beiden Fällen deutlich geringer als Investitionen in anderen Infrastruktur-Bereichen. Die Studienautoren empfehlen daher, beide Pfade auszubauen. „Wir brauchen beide Infrastrukturen, und wir können sie uns auch leisten: Batterien und Wasserstoff schließen sich nicht gegenseitig aus. Und wir müssen so schnell wie möglich damit beginnen, sie beide aufzubauen“, sagt Institutsleiter Prof. Detlef Stolten.
Hinter dem Studien-Auftraggeber H2 Mobility stehen sechs Unternehmen sowie fünf assoziierte Partner aus der Automobil-, Gase- und Mineralölindustrie. Gemeinsames Ziel ist der Aufbau einer flächendeckenden Infrastruktur für die Wasserstoffmobilität in Deutschland.
(Quelle für Beitragsbild: BMVI)
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