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Test-Speicher im Projekt Esquire wird nach Pilotphase durch permanentes Modell ersetzt

Auch andere Kommunen zeigen Interesse an Quartierspeichern

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Wie wichtig dezentrale Energiespeicher für die Energiewende in Kommunen sein können, demonstriert ein Pilotprojekt in Groß-Umstadt. Im Neubaugebiet „Am Umstädter Bruch“ verpflichtet der Bebauungsplan alle Bauherren, eine Photovoltaikanlage zu installieren und den Solarstrom zu speichern. Hierfür wurde ein großer Batteriespeicher, ein „Quartierspeicher“, vor Ort eingerichtet, an den 25 Haushalte der Solarsiedlung angeschlossen sind.

Der mehrjährige Testbetrieb des Speichers wurde vom Forschungsprojekt „Esquire“ unter Leitung des Instituts für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) wissenschaftlich begleitet. Wie das IÖW mitteilt, soll jetzt, nach einer erfolgreichen Pilotphase, ein permanenter Stromspeicher im Quartier aufgestellt werden, der bis zu 274 Kilowattstunden speichern kann. Damit könnten die Haushalte bis zu 70 Prozent ihres Verbrauchs aus selbst erzeugtem Strom decken.

Entega errichtete bereits vor 4 Jahren Testlabor

Bereits vor vier Jahren errichtete der kommunale Energieversorger Entega einen Quartierspeicher als Testlabor in Groß-Umstadt. Seit 2017 wird er durch das Projekt Esquire mit Förderung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung begleitet und technisch erprobt. Er speichert den überschüssigen Sonnenstrom, den die Haushalte nicht sofort selbst verbrauchen, zentral vor Ort. „So müssen die privaten Solaranlagenbetreiber ihren Strom nicht selbst in einer eigenen Batterie in ihrem Haus speichern, sparen Platz und gehen kein technisches Risiko ein“, erklärt Projektleiterin Swantje Gährs vom IÖW. Im Gegensatz zum Heimspeicher passe sich ein Quartierspeicher flexibel an die Verbräuche der Anwohner an und biete jederzeit und saisonal unabhängig die passende Speicherkapazität.

Speicher soll 10 bis 12 Jahre in Betrieb sein

In Zusammenarbeit mit den Partnern Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO und dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT) wurde auch untersucht, wie weitere Anwendungen des Speichers neben dieser Nutzung vor Ort aussehen können. So sei es etwa möglich, mit dem überschüssigem Strom Elektrofahrzeuge zu laden. Die Erfahrungen aus Forschung und Praxis flossen in das Geschäftsmodell für einen neuen Batteriespeicher ein, den Entega für das Quartier beschafft hat und der im Juli 2020 installiert werden soll.

„Der Speicher ist ein neues Produkt, das wir gemeinsam mit verschiedenen Speicherherstellern konfektioniert haben und der in Groß-Umstadt erstmals zum Einsatz kommt. Wir rechnen damit, dass er zehn bis zwölf Jahre in Betrieb sein kann“, so der Leiter des Bereichs Forschung und Entwicklung bei Entega, Bernhard Fenn. Der Strom, den die Solarsiedlung nicht selbst vor Ort benötige, werde künftig auf dem Strommarkt angeboten.

Thema Netzentgelte, Steuern, Abgaben und Umlagen als Hemmnis wahrgenommen

Die Projektpartner stellten ihre Forschungsergebnisse interessierten Kommunen und kommunalen Energieversorgern bereits in einem Workshop vor. Bei den über 40 Teilnehmenden aus ganz Deutschland habe sich großes Interesse an Quartierspeichern als Baustein der Energiewende vor Ort gezeigt. Besonders ausführlich diskutiert wurden Fragen der Umsetzung und Erweiterung eines Quartierspeichers sowie zu den rechtlichen Rahmenbedingungen. Das Thema Netzentgelte, Steuern, Abgaben und Umlagen werde wegen der unterschiedlichen, einzelfallabhängigen Regeln als größtes Hemmnis bei der Umsetzung von Quartierspeichern wahrgenommen.

„Die aktuellen Regelungen im Energiewirtschaftsgesetz verhindern, dass das ökonomische und ökologische Potenzial von Quartierspeichern ausgeschöpft wird, welches sich ergibt, wenn erhöhter Eigenverbrauch vor Ort mit einer Netzentlastung einhergehen. Der Gesetzgeber sollte hier noch nachbessern“, meint Energieexpertin Gährs vom IÖW.

Das Projekt „Energiespeicherdienste für smarte Quartiere (Esquire)“ untersucht, wie solche Quartierspeicher eingeführt werden können, die zwei Bedingungen erfüllen. Die Nutzer müssen sie akzeptieren und sie müssen das Stromsystem stabilisieren. Dienstleistungen und Geschäftsmodelle, die dazu beitragen können, entwickelt das Projekt gemeinsam mit Nutzern und kommunalen Akteuren. Das Projekt wird gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) in der Fördermaßnahme „Smart Service Stadt: Dienstleistungsinnovationen für die Stadt von morgen“. Projektpartner sind das Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO und das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) mit dem Institut für Programmstrukturen und Datenorganisation. Praxispartner sind Evohaus und Entega.

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